Fiesta? Ist Geschichte. Der Mondeo? Schon länger. Und der Focus recht bald. Meistverkauftes Modell von Ford in Europa ist derzeit der Puma – ein sportliches, 4,21 Meter langes SUV mit coupéhafter Dachlinie, das im Grunde auf dem seligen Fiesta basiert. Knapp 150.000 Exemplare davon wurden im vergangenen Jahr in Europa verkauft, in Deutschland belegte der Puma mit 18.383 Einheiten Platz 3 in der Ford-Verkaufsstatistik – hinter Focus und Kuga. Die Elektroautos Mustang Mach-E, Explorer und Capri waren dagegen mit zusammen rund 5000 Neuzulassungen nur Exoten.

In diesem Jahr hat die größte Kleinkatze der Welt gute Aussichten, ihre Spitzenposition in Europa zu festigen und bei uns in der Rangliste zumindest eine Treppenstufe weiter aufzusteigen. Denn in diesen Tagen beginnt ganz offiziell der Verkauf der vollelektrischen Version – bislang war das Modell nur leicht elektrifiziert erhältlich. Und das zu Preisen zwischen 28.900 und 40.600 Euro bei Antriebleistungen von 92 kW (125 PS) und 117 kW (160 PS).

Raubkatze mit freundlichem Gesicht 
Das prägnante Tagfahrlicht  soll mit den drei Strichen an die scharfen Krallen des nordamerikanischen Puma erinnern. Auch die Frontmaske und der Lufteinlass darunter unterscheiden den Stromer vom benzingetriebenen Schwestermodell. Fotos: Ford
Raubkatze mit freundlichem Gesicht
Das prägnante Tagfahrlicht soll mit den drei Strichen an die scharfen Krallen des nordamerikanischen Puma erinnern. Auch die Frontmaske und der Lufteinlass darunter unterscheiden den Stromer vom benzingetriebenen Schwestermodell. Fotos: Ford

Der Puma Gen-E kostet mit 36.900 Euro in der Basisversion und 39.400 Euro in der Premium-Ausführung auf den ersten Blick zwar ein paar Euro mehr. Aber mit der staatlichen Förderung von Elektroautos – die nach jüngsten Meldungen auch hierzulande bald wieder aufleben soll – sowie den geringeren Betriebskosten relativiert sich der Mehrpreis schnell. Zudem kommt der Stromer mit kräftigeren Muskeln und schärferen Krallen daher als seine Artgenossen, die noch fossilen Kraftstoff zum Frühstück schlürfen: Als Gen-E bringt der Ford Puma immerhin 123,5 kW oder 168 PS sowie ein maxinales Drehmoment von 290 Newtonmeter auf die Vorräder. Der Sprint aus dem Stand auf Tempo 100 gelingt damit in exakt acht Sekunden – seine Geschwister brauchen dafür bis zu zwei Sekunden mehr.

Geht ab wie Schmitz‘ Katze

Von seinem Temperament her ist der Gen-E Sanguiker – er liebt die Bewegung, hat ordentlich Ausdauer und zeigt in kritischen Situationen Beherrschung. Das zeigt sich schon auf den ersten Kilometern unserer Testfahrt rund um Barcelona. Der Elektro-Puma geht dabei nicht ganz so ungestüm zur Sache wie etwa der Abarth 600e Scorpinissima, dem wir erst ein paar Tage zuvor die Sporen gegeben hatten. Aber auch er weiß Fahrfreude zu wecken, mit einem kraftvollen Antritt und einem leichten Knurren: Auf Wunsch spielt Ford im Fahrmodus „Sport“ synthetische Verbrenner-Geräusche über die Laufsprecher in den Innenraum. Im Unterschied zum Abarth bleibt die Außenwelt davon allerdings verschont.

Weiße Weste 
Der Puma-Schriftzug auf der Heckklappe ist beim Gen-E in weißen Lettern gesetzt statt in Schwarz wie bei den Verbrennern.
Weiße Weste
Der Puma-Schriftzug auf der Heckklappe ist beim Gen-E in weißen Lettern gesetzt statt in Schwarz wie bei den Verbrennern.

Vor allem auf den kurvenreichen Landstraßen in den Bergen des Garraf weiß der Puma zu glänzen, zeigt der kompakte Stromer, was die Fahrwerksingenieure von Ford bei allen Sparmaßnahmen in der Entwicklungsabteilung immer noch zu leisten vermögen. Ganz wie sein Namensgeber schleicht sich der Sport-SUV mit Eleganz und Präzision an seine „Beute“ heran – an vorausfahrende Baulaster oder sogar einen bräsigen Ferrari Roma. Um beide dann auf der nächsten Geraden ohne Gegenverkehr mit einem kurzen Tritt aufs Fahrpedal zu überholen. Buckel in der Fahrbahn bringen ihn dabei nicht aus der Ruhe und lassen ihn auch bei höheren Geschwindigkeiten nicht abheben.

Sparsamer Frontantrieb

Der geht ab wie Schmitz‘ Katze, würde man in Köln sagen. Wobei der elektrische Puma nicht in der Domstadt seine Heimat hat, sondern aus Kostengründen im rumänischen Craiova. Dort wird er von Ford Otosan zusammen mit dem E-Tourneo/E-Transit Courier aufgezogen – mit den Transportern teilt sich unser Sportler erstaunlicherweise die Plattform. Auch den von Ford in Halewood produzierten Elektromotor (der in ähnlicher Form an der Hinterachse des Mustang Mach-E sitzt) sowie den bei SK Energy in Ungarn produzierten Akku, der 43 Kilowattstunden (kWh) Strom speichern kann.

Perfekt für den Linksverkehr 
Die Ladeklappe hinten links ist nicht optimal für Elektroautos auf dem Kontinent. Weder in der Garage noch beim Laden am Straßenrand. Aber hier sitzt beim Benziner der Tankstutzen. Und eine neue Öffnung wollte man in die Karosserie nicht schneiden.
Perfekt für den Linksverkehr
Die Ladeklappe hinten links ist nicht optimal für Elektroautos auf dem Kontinent. Weder in der Garage noch beim Laden am Straßenrand. Aber hier sitzt beim Benziner der Tankstutzen. Und eine neue Öffnung wollte man in die Karosserie nicht schneiden.

Das klingt erst einmal nicht nach besonders viel – ein Opel Corsa Electric führt inzwischen immerhin 50 kWh Strom mit sich. Aber der Puma geht – auch hier ganz Raubkatze – sehr sparsam mit der zur Verfügung stehenden Energie um. Ford nennt einen Normverbrauch zwischen 13,1 und 14,5 kWh auf 100 Kilometern – unsere sportliche Testrunde endete mit einem Schnitt von 15 kWh. Reichweiten von über 300 Kilometer sollten sich damit immerhin darstellen lassen.

Vorbereitet auf bidirektionales Laden

Die Ladeleistungen sind hingegen Durchschnitt: Am Schnelllader fließt Gleichstrom mit maximal 100 kW, an der mit Wechselstrom betriebenen Ladesäule mit maximal 11 kW. Immerhin beherrscht der Puma bereits Plug&Charge (was dem Besitzer das Mitführen einer Ladekarte erspart) und der Akku lässt sich für den Ladevorgang über das Navigationssystem oder über die Ford-App für den nächsten Ladevorgang vorkonditionieren. Und der Stromer ist, wie uns Jörg Hofmeister als der für das Ladethema verantwortliche Ford-Manager nicht ohne Stolz verrät, bereits für das bidirektionale Laden vorbereitet. Zumindest da ist der Puma Gen-E auf der Höhe der Zeit.

Simply clever 
Die Ford-Ingenieure und -Designer haben eine Möglichkeit gefunden, trotz des beengten Bauraums nicht eine Wanne für Ladekabel und Verbandskasten unterzubringen. Und das auch noch samt Abdeckung. Chapeau!
Simply clever
Die Ford-Ingenieure und -Designer haben eine Möglichkeit gefunden, trotz des beengten Bauraums nicht eine Wanne für Ladekabel und Verbandskasten unterzubringen. Und das auch noch samt Abdeckung. Chapeau!

Und womit kann der Puma sonst glänzen? Mit einigen pfiffigen Lösungen, für die man bei Skoda einst den „Simply Clever“-Slogan erfunden hat. Obwohl unter der kurzen Fronthaube aufgrund des Antriebs und zahlreicher Hilfsaggregate eigentlich nicht viel Platz ist, haben es pfiffige Köpfe geschafft, dort eine 43 Liter fassende Plastikwanne einzufügen, die groß genug ist für die Aufnahme von Ladekabel, Warndreieck und Erste-Hilfe-Tasche. Einen solchen „Frunk“ hat der Skoda Elroq beispielsweise nicht zu bieten.

Plastikwanne mit Wasserablauf im Gepäckabteil

Und im Heckabteil haben die Ford-Designer den Wegfall der Auspuffanlage dazu genutzt, um eine Gigabox zu installieren: Eine weitere, hier 145 Liter fassende Plastikwanne mit Wasserablauf, in dem sich nicht nur zwei Bordkoffer oder ein Kinderwagen versenken lassen, sondern beispielsweise auch eine komplette Tauchausrüstung, Skihelme oder Reitstifel. Je nachdem, was man in seiner Freizeit gerne treibt. Und in der Etage darüber ist dann immer noch ausreichend Platz für das Reisegepäck.

Feiner Unterschied
Trotz viel Hartplastik im Umfeld dürften sich Fahrer und Beifahrer im Puma gut aufgehoben fühlen. Der Gen-E hat eine andere Mittelkonsole als die Verbrenner-Version, bei der in der Mitte noch der Schaltknüppel oder der Automatik-Wahlhebel sitzt.
Feiner Unterschied
Trotz viel Hartplastik im Umfeld dürften sich Fahrer und Beifahrer im Puma gut aufgehoben fühlen. Der Gen-E hat eine andere Mittelkonsole als die Verbrenner-Version, bei der in der Mitte noch der Schaltknüppel oder der Automatik-Wahlhebel sitzt.

Ja, der Ford Puma Gen-E hat trotz seines sportlichen Charakters auch ganz praktische Qualitäten. Das zeigt sich auch im Innenraum. Es gibt dort zwar kein Geheimfach hinter dem Zentraldisplay wie in Ford Explorer und Capri. Und leider auch kein Head-up-Display. Dafür aber eine kraftvolle B&O-Soundbar, ein Ladefeld fürs Smartphone sowie diverse Ablagemöglichkeiten für Kleinkram. Und wer sich nicht von den zahlreichen Assistenzsystemen an Bord nicht bevormunden lassen will, kann diese schnell und einfach abschalten. Den nervigen Tempowarner etwa durch längeres Drücken eines Knopfes auf der Lenkrad-Spange.

Wärmepumpe nicht lieferbar

Etwas unglücklich platziert ist allerdings der Schalter für den Wechsel der Fahrmodi unter dem 12,8 Zoll großen Zentralmonitor – den muss man erst einmal finden.Und wenn wir schon bei der Wunschliste sind: Die Armauflage der Mittelkonsole hätten wir gerne etwas weiter vorne gesehen – gerne auch unter Verzicht auf einen der beiden Cupholder. Eine Wärmepumpe – derzeit nicht lieferbar – könnte gerne die Reichweite im Winter vergrößern. Und etwas weniger Hartplastik auf Armaturenträger und an den Türverkleidungen hätte den Wohlfühlcharakter in der ersten Sitzreihe noch ein wenig mehr erhöht. Die in der zweiten Reihe werden sich bei flotten Kurvenfahrten Handgriffe an der Wagendecke wünschen. Und ab einer gewissen Größe auch etwas mehr Luft über dem Scheitel – die coupéhafte Dachlinie fordert Tribut.

Blaue Stunde 
Der Puma Gen-E ist in sechs Farben lieferbar. Wir favorisieren "Electric Yellow", aber auch "Digital Aqua Blue" steht dem Stromer gut.
Blaue Stunde
Der Puma Gen-E ist in sechs Farben lieferbar. Wir favorisieren „Electric Yellow“, aber auch „Digital Aqua Blue“ steht dem Stromer gut.

Aber das ist Meckern auf hohem Niveau. Das tadellose Fahr-, Lenk- und Bremsverhalten dürfte für die meisten wichtiger sein. Und der Fahrspaß, den die Katze unterwegs bereitet. Bei Ford erwarten sie, dass auf den Gen-E künftig bis zu 15 Prozent aller Puma-Verkäufe entfallen. Die Chancen dafür stehen gut. Und vielleicht beflügelt das auch den Absatz der übrigen Elektroautos von Ford. Die Beschäftigten im „Cologne Electric Vehicle Center“, wo Explorer und Capri vom Band laufen, würden es sicher begrüßen.

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