Forscher der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) haben in einer Studie das Potenzial des bidirektionalen Ladens untersucht. Laut den Berechnungen könnten Elektroautos, die elektrische Energie zurück in das
öffentliche Stromnetz speisen, rund 135.000 Vier-Personen-Haushalte für einen Monat mit Strom zu versorgen. Noch rechnen sich laut den Wissenschaftlern die Ausgaben für den Nutzer nicht. Mit zunehmender Marktdurchdringung könnte das E-Auto aber durchaus eine neue Verdienstmöglichkeit werden. In Kooperation mit dem Autohersteller Audi arbeitet an der Hochschule nun das Institut für innovative Mobilität an der technischen Umsetzung der Idee.
Technische und regulatorische Barrieren
Für die Berechnungen gehen die Forscher von bis zu zehn Millionen
Elektroautos auf Deutschlands Straßen bis 2030 aus. Dabei legen
sie eine durchschnittlichen Fahrzeugnutzung von einer Stunde pro
Tag zu Grunde. Demnach könnten in den restlichen 23 Stunden
zehn Prozent der verfügbaren Batteriekapazität für Netzspeicherdienste verwendet werden. Derzeit sei eine großflächige Umsetzung aufgrund technischer und regulatorischer Barrieren noch nicht möglich, so die Wissenschaftler. Einerseits müssten zunächst einmal alle Elektrofahrzeuge sowie Ladestationen das bidirektionale Laden beherrschen. Derzeit sind dazu aber nur Autos in der Lage, die über den in Japan gängigen CHAdeMO-Anschluss verfügen – aktuell sind das nur der Nissan Leaf und der Plug-in-Hybrid Mitsubishi Outlander PHEV. Zusammen mit dem Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation testet Nissan im Projekt -„rEzEPT“ derzeit die Möglichkeiten „intelligente rückspeisefähige Elektrofahrzeuge zur Eigenstrommaximierung und Primärregelleistungsmarkt-Teilnahme“, im Klartext: die Möglichkeiten, Elektroautos zur Stabilisierung der Stromnetze einzusetzen.
Das Problem ist nur: Die meisten Stromer in Europa, auch solche aus Japan wie der neue Honda-e, nutzen zum Schnellladen von Gleichstrom inzwischen den CCS (Combined Charging System)-Combo-Stecker. Und der ist akutell nicht für das bidirektionale Laden – die Wiedereinspeisung des in der Batterie gespeicherten Stroms ins Netz – ausgelegt. Bei der Charin-.Initiative rechnet man damit frühestens im Jahr 2025.
Denn mit der Technik allein ist es nicht getan. Auch müsste erst noch die Gesetzgebung angepasste werden, um E-Autos als mobile Stromspeicher anzuerkennen und ihnen die Einspeisung von Strom ins Netz zu erlauben: . Die aktuelle Konsequenz für den Fahrzeugbesitzer, so Studienautor Dominik Storch, wäre unter Umständen eine mögliche Doppelbesteuerung der bezogenen und abgeführten Energie.
Mit zunehmender Marktdurchdringung der E-Fahrzeuge, so die Analyse, werden sich auch die Investitionen in die Infrastruktur reduzieren. So sei es perspektivisch realistisch, dass Besitzer mit ihrem eigenen Auto Geld
verdienen. Die Einnahmen seien je nach Vertragsform unterschiedlich, ein jährlicher Gewinn im unteren bis mittleren dreistelligen Euro-Bereich ist gemäß Storchs Berechnungen machbar.
Lernfähige Batteriesystem
An der technischen Realisierung des bidirektionalen Ladens arbeiten Forscher der THI in Kooperation mit der Audi AG. Die am Institut für Innovative Mobilität erforschten lernfähigen Batteriesysteme könnten Energie aus dem Netz aufnehmen sowie einspeisen ohne die derzeit notwendige teure Lade-Infrastruktur, so die Forscher. Lernfähige Batteriesysteme verbinden die Datenauswertung durch Algorithmen der Künstlichen Intelligenz mit einer hochflexiblen Topologie in der Hardware, heißt es. Durch diese Flexibilität seien die Batteriesysteme in der Lage, sich den äußeren Rahmenbedingungen anzupassen. Sie akzeptieren fast
alle Spannungsniveaus und können sowohl mit Gleich- wie auch mit Wechsel- oder Drehstrom betrieben werden. Die Forschungsstelle für Energiewirtschaft untersucht mit Projektpartnern um Konsortialführer BMW im Projekt „Bidirektionales Lademanagement – BDL“ ebenfalls die Flexibilität des Energiesystems.