Der Auftritt beim kurzen Ladestopp an der Raststätte Holzkirchen ist schon spektakulär geht. Nicht allein durch seine hellblaue Lackierung sorgt der rund fünf Meter lange Viertürer für jede Menge Aufsehen. An der Front und an den beiden Flanken gibt es kommunikationsfreudige LED-Flächen mit jeweils 2.752 beziehungsweise 1.314 LEDs. Andere Hersteller haben das in der Erprobung, doch der HiPhi Z bietet es als erstes Serienmodell, wenn er zusammen mit dem Power-SUV HiPhi X im Spätsommer auch in Europa auf den Markt kommt.
Technische Daten
Antriebsleistung: 494 kW / 662 PS, max. Drehmoment 850 Nm;
Batteriekapazität: 120 kWh, Normverbrauch 17,7 kWh/100 km;
Reichweite: 650 km;
Max. Ladegeschwindigkeit DC: 135 kW;
Basispreis: 105.000 Euro (Fünfsitzer), 107.000 (viersitzer).
Im Heimatland China sorgen die beiden Elektrofahrzeuge von Human Horizons schon seit längerer Zeit für viel Aufsehen – und nicht nur durch ihr Design. Die E-Autos kommen auch gut an: Im angelaufenen Vormonat Mai 2023 war Human Horizons mit einem Verkaufsanteil von 24 Prozent die Nummer eins im elektrischen Premiumsegment – vor Traditionsmarken wie Porsche, BMW, Mercedes oder Audi. Dabei wurde die Marke HiPhi gerade erst einmal 2017 gegründet. Von Ding Lei, dem früheren CEO von General Motors China, der inzwischen eine ganze Reihe ehemaliger GM-Manager in seinen Führungskreis geholt hat, darunter den heutigen Präsidenten Ken Wie. Produziert werden die Autos unter anderem in einer ehemaligen Fabrik von Kia in Yangcheng.
Das beste Pferd im Stall und absolutes Aushängeschild ist der HiPhi Z, ein viertüriges Powercoupé, der gegen einen Porsche Taycan, Tesla Model S oder einen Audi e-tron GT nun ab Spätsommer auch in Europa antritt. Das Design der Viertürers ist schlicht spektakulär und so überrascht es nicht, dass die Ladestopp an der Autobahn A8 zum großen Fotoshooting der ersten Sommerurlauber aus Nordrhein-Westfalen wird. Nebenan lädt ein Porsche Taycan 4S Strom nach – und dessen Besitzer kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Schau-Stück von über fünf Metern Länge
Der HiPhi Z bietet wie schon die seriennahe Konzeptstudie scharfe Formen, ein heiß geschnittenes Blechkleid und jede Menge Hightech auf einer Länge von 5,04 Metern. Eine echte Schau sind die gegenläufig öffnenden Türen mit ihren Lichtinseln, die mit der Umgebung kommunizieren. Der Gegner von Porsche Taycan und Audi e-tron GT rollt auf stattlichen 22-Zöllern und verfügt über einen mehrstufig ausfahrenden Heckspoiler, der sich ab Tempo 80 schrittweise aus dem Heckdeckel entfaltet. Auf Wunsch gibt es statt der analogen Außenspiegel digitale Kameras und kleine Bildschirme vorne links und rechts in der Armaturentafel. Der Testwagen hat noch die normalen Spiegel außen – innen blickt der Fahrer jedoch auf einen digitalen Innenspiegel und lässt sich von 23 Boxen betören.
Im Gegensatz zu so manchem Konkurrenten will der Tesla-Wettbewerber nicht nur mit seiner elektrischen Reichweite von 650 Kilometern glänzen, sondern auch der Fahrerassistenzstufe drei, die mittelfristig auf Level 4 erhöht werden kann. Dafür sind in dem chinesischen Luxusmodell nicht nur ein Dutzend Kameras, sondern auch zahlreiche Lidar- und Radarsensoren verbaut, die Kollisionen verhindern, indem die Umgebung in Echtzeit abgetastet wird.
„Grenzen des Möglichen erweitern“
„Wir bei Human Horizons streben nach ständiger Innovation und wollen die Grenzen des Möglichen erweitern. Für diese neue Fahrzeugreihe haben wir uns von Konzepten von Raum und Zeit inspirieren lassen und Parallelen zwischen Wissenschaft, Kunst, menschlicher Vorstellungskraft und sensorischer Erfahrung gezogen, um etwas wirklich Besonderes zu schaffen“, erläutert Ding Lei, Gründer von Human Horizons. „Als Flaggschiff repräsentiert der HiPhi Z alles, was wir als Marke sein wollen. Und das Auto ist für Menschen gebaut, die wie wir von dem Wunsch angetrieben werden, zu entdecken und zu kreieren.“
Der Innenraum des luxuriösen Viersitzers zeigt sich kaum weniger imposant als das Äußere. Auch hier spielen Lichtinstallationen eine große Rolle, während die meisten Funktionen über einen zentralen Bildschirm, der sich über ein Gelenk in alle Richtungen bewegen lässt, das Lenkrad oder per Sprachbefehl gesteuert werden. Dazu gibt es wie bei Nio mit seinem Nomi den sogenannten HiPhi Bot, einen digitalen Assistenten mit künstlicher Intelligenz, der ebenfalls per Sprache bedient werden kann und an Bord alle Wünsche erfüllt. Die elektrischen Komfortsitze mit handschuhweichem Leder sind bequem, klimatisiert und sehen vorne wie hinten klasse aus.
Preise beginnen bei 105.000 Euro
Durch das Akkupaket im Unterboden ist die Sitzposition jedoch recht hoch, was insbesondere Personen über 1,85 Meter stören kann. Der Radstand von 3,15 Metern sorgt für üppige Platzverhältnisse gerade im Fond. Der Laderaum ist mit 316 Litern hinter der elektrischen Heckklappe eher überschaubar; lässt sich durch Umklappen der Rücksitze jedoch auf 684 Liter erweitern. Der Kunde kann beim ab 105.000 Euro teuren HiPhi Z wählen, ob er ihn als Vier- oder Fünfsitzer fahren will. Gekauft wird übrigens online oder per App, während die Verträge mit dem geplanten Servicenetz nach Mark Stanton erst in den kommenden Wochen unterschrieben werden.
Wahlweise gibt es Heck- oder Allradantrieb und einen stattliches Akkupaket mit 120 kWh, das nach WLTP-Zyklus knapp über 550 Kilometer bis zum nächsten Ladestopp realisieren soll. Unser Testwagen mit Frankfurter Zulassung ist als Allradler mit 494 kW / 672 PS unterwegs. Das maximale Drehmoment von 820 Nm schiebt die nahezu lautlose Elektroflunder heftig an und so fliegen auf dem 7,9 Zoll großen Head-Up-Display nur so die Ziffern vorbei. Etwas überraschend ist dann allerdings bei knapp über 205 km/h Schluss mit der Beschleunigung.
Bei Tempo 205 ist Schluss
„Mehr stresst den Akku nur und ist allein in einem Land wie Deutschland ein Thema“, erläutert CTO Mark Stanton, der jahrzehntelang für Ford und JaguarLandRover gearbeitet hat. Aus dem Stand geht es in 3,8 Sekunden auf Tempo 100 und am Steuer fehlt etwas die Rückmeldung. Die Lenkung wirkt gerade für ein Sportcoupé, das gegen Etron GT und Taycan antritt, etwas gefühllos. Gefallen kann hingegen das Fahrwerk mit elektronischen Dämpfern und Luftfederung, das nicht zuletzt vom niedrigen Schwerpunkt und der entsprechenden Silhouette profitiert.
Dank Allradlenkung lässt sich der stattliche 5,04 Meter lange Digital-GT auch auf dem Parkplatz problemlos bewegen. In den beiden Fahrprogrammen Economy und Comfort ist der HiPhi Z bis zu einer Geschwindigkeit von 120 km/h allein über die Hinterachse unterwegs; während er im Sport- oder Individualmodus und flotter Gangart unmerklich auf Allradfahrbetrieb umstellt. Positiv macht sich das ausgewogene Gewichtsverhältnis bemerkbar, das bei 50,2:49,8 liegt. Nicht allein optisch sehenswert die Räder, auf denen vorne 255/45 R22 und hinten 285/40 R22 aufgezogen sind.
Alles in allem ist der HiPhi Z ein verlockendes Angebot. Und bei dem Luxus-Stromer wird es nicht bleiben. In China feiert mit dem Mittelklasse-SUV HiPhi Y Mitte Juli bereits das erste Volumenmodell seine Premiere. „Unser Y startet Mitte kommenden Monats in China und kommt dann Anfang 2024 auch nach Europa“, erläutert Human-Horizons-CTO Mark Stanton. Das europäische Hauptquartier wird gerade in München aufgebaut, ebenso wie der erste HiPhi-Store am Münchner Flughafen. Früher residiert dort Wettbewerber Audi. Spätestens zur Eröffnung der IAA Mitte September soll es da losgehen.