Elektro-Schwerlaster und Busse, die ihren Strom aus Batterien beziehen, haben entweder eine geringe Reichweite oder zu wenig Zuladungskapazität. Elektrifizierte Autobahnen mit Oberleitungen, wie sie als Test bereits in Hessen, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg existieren, könnten die Lösung des Reichweitenproblems sein. Doch die Investition in ein flächendeckendes Leitungsnetz wäre hoch.

Das israelische Unternehmen ElectReon bietet eine andere Lösung an. Es hat eine Technik entwickelt, die es rollenden Elektrofahrzeugen ermöglicht, berührungslos Strom abzuzapfen, um die Batterien aufzuladen. In Karlsruhe geht in Kürze die erste Teststrecke dieser Art in Betrieb – Corona-bedingt mit einiger Verspätung. Die Teststrecke ist für Busse gedacht, die zwischen dem Schulungszentrum des Karlsruher Stromversorgers EnBW am Rheinhafen und dem Hauptbahnhof der Stadt pendeln.

Stromern ohne Ladestation 
In Karlsruhe geht nach zweijähriger Planung in Kürze die erste Teststrecke in Betrieb. ElectReon arbeitet hier eng mit dem Energieversorger EnBW zusammen, einem der Treiber der Elektromobilität in Deutschland. Foto: ElectReon
Stromern ohne Ladestation
In Karlsruhe geht nach zweijähriger Planung in Kürze die erste Teststrecke in Betrieb. ElectReon arbeitet hier eng mit dem Energieversorger EnBW zusammen, einem der Treiber der Elektromobilität in Deutschland. Foto: ElectReon

Auf einem 100 Meter langen Teilstück, das später auf 400 Meter erweitert werden soll, wurden im vergangenen Frühjahr Induktionsspulen in den Straßenbelag eingelassen und die Straße im Anschluss wieder mit Asphalt bedeckt. Danach folgte der Einbau der Ladetechnik im Bus. Mittlerweile liegen auch alle notwendigen Genehmigungen und Abnahmen vor, so dass in Kürze die Inbetriebnahme erfolgen kann, erfuhr EDISON vom Projektbetreiber.

Ziel ist eine Ladeleistung von 125 kW

Die Spulen unter dem Asphalt sind nur aktiv, wenn der Bus drüber hinweg rollt. Das soll nicht nur Energie sparen. Es soll auch verhindern, dass sich im Winter Wildtiere scharenweise auf der Straße niederlassen. Denn die Spulen wärmen den Asphalt auf, wenn das elektromagnetische Feld längere Zeit aufrechterhalten wird.

Die Ladeleistung liegt derzeit bei 45 Kilowatt. Ziel ist die Erhöhung auf 125 Kilowatt, die dann auch bei Autobahngeschwindigkeit – zumindest bei Tempo 100 – übertragen werden sollen. Wenn das System im großen Stil genutzt wird, würden vor allem Autobahnen damit ausgestattet, allerdings nur abschnittweise. Auf einige 100 Meter langen Strecken dort würden die Bordbatterien nachgeladen. So könnten Lkw und Fernbusse hunderte Kilometer fahren, ohne Ladestopps einlegen zu müssen. Das spart den Busunternehmer und Spediteuren einiges an Personalkosten. Und die Geduld der Passagiere würde nicht auf eine harte Probe gestellt, wenn der Reisebus alle 200 Kilometer einen Ladestation ansteuern müsste.

Spulen unterm Asphalt 
In Tel Aviv hat ElectReon zwischen Universität und Bahnhof eine 600 Meter lange Teststrecke für das Induktive Laden erbaut. Seit einem Jahr fahren hier Elektrobusse des chinesischen Herstellers Higer, die aus der Fahrbahn Strom zapfen. Foto: ElectReon
Spulen unterm Asphalt
In Tel Aviv hat ElectReon zwischen Universität und Bahnhof eine 600 Meter lange Teststrecke für das Induktive Laden erbaut. Seit einem Jahr fahren hier Elektrobusse des chinesischen Herstellers Higer, die aus der Fahrbahn Strom zapfen. Foto: ElectReon

Die erste Teststrecke hat ElectReon in Israel gebaut, die zweite in Schweden zwischen Flughafen und Stadtzentrum von Visby auf der Insel Gotland . Auf der dortigen 1600 Kilometer langen „Smart Road Gotland“ gelang es , während der Fahrt 45 Kilowatt auf die Batterie eines 40-Tonnen-Sattelschleppers zu übertragen. In Italien ist auf der Autostrada 35 zwischen Brescia und Mailand eine 1000 Meter lange Teststrecke in Planung, die Schwerlaster mit Strom versorgen soll.

Bei Solmove rollen E-Autos über Solarmodule

Mit 1,6 Kilometern noch etwas länger werden soll die Strecke, die derzeit in Detroit, der Autostadt der USA, gebaut wird. Sie soll 2023 auf dem Gelände eines alten Bahnhofs in Betrieb gehen, den der Autohersteller Ford 2018 gekauft hat, um dort einen Forschungscampus für Elektromobilität zu bauen. Die Batterieladestraße ist eines der Projekte, die dort realisiert werden.

Aber auch in Deutschland wird an der induktiven Ladetechnik gearbeitet. Im Projekt „InductInfra“ arbeiten Forscher der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen daran, das mobile Laden von Fahrzeugbatterien zu optimieren. Denn noch geht einiges an Energie verloren – idealerweise wird Strom vom elektromagnetischen Feld, das eine Spule aussendet, auf eine zweite Spule übertragen. Und das auch nur über möglichst kurze Strecken. Beim ElectReon-System sind allerdings einige Zentimeter zu überbrücken.

Auch das Berliner Unternehmen Solmove hat eine elektrische Straße im Visier. Diese soll aus Solarmodulen bestehen, die Sonnenlicht in Strom umwandeln und stationäre Batterien aufladen, die für die Straßenbeleuchtung genutzt werden. Integriert sind Spulen, die wie beim ElectReon-Konzept die Batterien von darüber rollenden Elektroautos laden.

Vor vier Jahren hatte Solmove nördlich von Köln bereits einen 78 Meter langen Solar-Radweg gebaut. Der Versuch dort endete jedoch desaströs: Schon kurz nach der Eröffnung gab es Probleme mit der Technik. Als Anschlussdosen durchschmorten, sperrte die Stadt Erfstadt den Radweg – seitdem ist es still geworden um das Projekt.

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