Die Zahl der Elekroautos wächst rasant, fast alle Hersteller haben elektrische Modelle im Programm. Parallel wächst das Ladenetz. Laut Bundesnetzagentur konnten Elektroautos im Januar 2023 an rund 70.000 Normal- und über 13.000 Schnellladepunkte in Deutschland Strom bunkern – Tendenz steigend. Gleichzeitig wachsen die Ladenetze, die ihren Nutzern europaweit Zugang zu Ladestationen über eine Karte oder App bieten. Das Netz des zum VW-Konzern gehörenden Ladedienstes Elli ist in den letzten vier Monaten um 25 Prozent auf 500.000 Ladepunkte gewachsen. Netzpionier Tesla betreibt mittlerweile weltweit 45.000 sogenannte Supercharger und öffnet sich nun sukzessive auch für Modelle anderer Marken.

Doch trotz der Forderung von Politik und Verbrauchern nach einheitlichen Preisen sehen sich die E-Autofahrer mit einem Dschungel an Tarifen konfrontiert. Ohne die richtige App auf dem Smartphone oder die passende Karte im Handschuhfach wird das Laden zur Kostenfalle. Vor allem an den öffentlichen Schnellladern.

Einheitliche Preise? Davon können Fahrer von E-Autos jedenfalls nur träumen. Manche Stromanbieter und Ladekartengesellschaften rechnen nur den geladenen Strom ab, andere verlangen Zuschläge, pro Vorgang oder auch pro Zeit. Free2move E-Solutions, der Ladetarif für die Stellantis-Marken wie Opel, Jeep, Citroen oder Peugeot, vereinigt gleich beide Prinzipien: Hier bezahlen Kunden 0,90 Euro für jeden Ladevorgang extra, zusätzlich zu den betreiberabhängigen Gebühren. Das erschwert den Kunden, die Kosten abzuschätzen.

VW-Ladenetz Elli: Offen für andere Marken

Besser klappt das mit den Haustarifen etlicher Hersteller. Sie ermöglichen den Käufern ihrer Autos, europaweit zu einheitlichen Tarifen zu laden. Das bedeutet zwar nicht, dass die Kilowattstunde in Deutschland gleich viel kostet wie in Österreich oder Frankreich. Aber zumindest innerhalb der Landesgrenzen müssen sich die Autofahrer keine Sorgen machen, irgendwo in die Kostenfalle zu laufen.

Wer einen Audi, Cupra oder VW fährt, kann entweder bei den jeweiligen Marken einen Ladetarif abschließen – oder bei Elli, dem konzerneigenen Anbieter von Ladelösungen und Stromtarifen. Ob Besitzer eines VW den Volkswagen-Tarif We Charge oder einen der drei Drive-Tarife von Elli bucht: Die Preise sind gleich. Und während die meisten Herstellertarife ausschließlich für Fahrzeuge der eigenen Marken gelten, sind die Elli-Tarife auch für konzernfremde Fahrzeuge buchbar. Beispielsweise ür Fahrer einer Stellantis-Marke, denen die Preise bei Free2Move zu teuer sind. Oder für die Besitzer von Autos chinesischer Hersteller. Denn ob MG, Nio, Build Your Dream oder Great Wall Motor – keine dieser Marken bietet eigene Stromtarife an.

Teure Blockiergebühr

Doch welcher Tarif, welche Ladeapp empfiehlt sich für wen? Ein Blick in die Tabellen hilft weiter. Sie listet alle herstellergebundenen Ladedienste mit ihren Tarifen mit einheitlichen Preisen auf. Dazu die Preise der wichtigsten „freien“ Ladedienste von EnBW, Maingau und Shell. Doch wie teuer der Betrieb eines Elektroautos wird, hängt auch und ganz entscheidend vom Fahrprofil ab.

Um die Tarifangebote der Ladedienste besser beurteilen und miteinander vergleichen zu können, haben wir drei Fahrerprofile angelegt. In der einen finden sich Wenigfahrer mit einer Jahresfahrleistung von 10.000 Kilometern im Jahr wieder. Die Zielgruppe, so unsere Annahme, lädt das Elektroauto meist zuhause oder am Arbeitsplatz. Auf Reisen mit dem Stromer werden 1000 kWh im Jahr (für rund 4500 km Strecke) an öffentlichen Ladepunkten aufgenommen, davon 400 kWh an Wechselstrom (AC) und 600 kWh an mit Gleichstrom (DC) betriebenen Schnellladestationen – zur Hälfte bei Ionity.

Öffentliches Laden treibt die Betriebskosten

Pendler und Außendienstler legen in unserer Rechnung im Jahresschnitt rund 25.000 Kilometer und laden ihr Elektroauto unterwegs häufiger an öffentlichen Ladeplätzen. Dort fließen in Summe 3500 kWh im Jahr in den Akku für 16.000 Kilometer, davon 1000 kWh an AC- und 2500 kWh an DC-Stationen, ein Drittel bei Ionity.

Vorsicht bei der Grundgebühr

Vielfahrer mit einer angenommenen Jahresfahrleistung von 40.000 km – unsere dritte Zielgruppe – legt noch einmal ein anderes Ladeverhalten an den Tag. Die Kalkulation beruht hier auf einer Stromaufnahme unterwegs von 7000 kWh/Jahr (für 30 000 km), davon 1000 kWh an AC- und 6000 kWh an DC-Stationen, von denen die Hälfte von Ionity betrieben wird. Zugrunde gelegt wurde in allen Fällen ein Durchschnittsverbrauch des Elektroautos von 22 kWh/100 km.

Außerdem werben fast alle Hersteller damit, dass Käufer ihrer Fahrzeuge keine Grundgebühr für die Ladedienste bezahlen müssen. Doch das gilt oft nur für ein Jahr und häufig nicht in allen Tarifen und für alle Modelle. So erlässt Hyundai Käufern des neuen Ioniq 6 die Gebühr für den Ionity-Premium-Tarif. Wer sich für einen Kona oder einen Ioniq 5 entscheidet, muss dafür 13 Euro pro Monat oder 156 Euro im Jahr bezahlen. Bei Mercedes entfällt im ersten Jahr die Grundgebühr des mittleren Tarifs nur für Käufer von Plug-in-Hybriden, während Besitzer eines E-Autos im L-Tarif zwar die Grundgebühr, nicht aber die Ionity-Option bezahlen müssen. Bei Porsche beträgt die Befreiuung von der Grundgebühr sogar drei Jahre. Danach wird eine Jahresgebühr von 179 Euro fällig.

Grundsätzlich aber ist es eine gute Idee, sich die vom Hersteller aufgelegten Ladetarife genauer anzuschauen. Vor allem bei hohen Fahrleistungen und vielen Stopps an Ionity-Stationen rechnen sich die Zusatzpakete. An anderen Stationen kann das schnelle Laden dann allerdings immer noch bis zu 79 Cent kosten, wie etwa bei Genesis oder Hyundai. Viel günstiger sind da Mercedes und BMW: Sie verlangen für die kWh am DC-Lader nur 55 Cent. Bei Porsche beträgt der Preis sogar nur 33 Cent/kWh.

Spezialtarif für Maingau-Kunden

Komplizierter wird’s bei Fahrten mit dem Elektroauto ins Ausland. Mercedes, BMW und andere haben einheitliche Preise für ihre Ladedienste pro Land. Hyundai oder Kia hingegen verweisen auf die Kosten der jeweiligen Stromanbieter, sodass man die Kosten für jeden Ladepunkt einzeln checken muss. Wer sichergehen will, lädt im Ausland mit den Karten von EnBW und Maingau. Letztere haben zudem einen speziellen Kundentarif. Wer Hausstrom oder Gas über Maingau bezieht, spart im Inland nur fünf, im Ausland aber bis zu 30 Cent pro KWh. Das lohnt sich beispielsweise in der Schweiz, wo die Kilowattstunde am Schnellader bis zu 98 Cent kostet. Maingau-Kunden mit Haustarif bezahlen bei den Eidgenossen dagegen nur 49 Cent.

Überhaupt empfiehlt es sich, für alle Fälle mindestens zwei, besser drei Ladeapps auf dem Smartphone zu haben. Denn nichts ist ärgerlicher, als mit leerem Akku am einzig freien Ladepunkt im Umkreis zu stehen – und dann funkioniert die App nicht. Auch ein, zwei Karten sollten immer im Auto liegen, denn manch ältere Säulen lassen sich noch nicht per App freischalten – oder sie liegen in einem Funkloch. Alles schon passiert.

Zu welchen Kosten dies im Jahr führt, zeigen die nachfolgenden Tabellen. Stand der Erhebung war der 1. Juni 2023. Seitdem haben einige Ladedienste ihre Tarife angepasst – der sogenannte Hochpreisanbieter Ionity hat kürzlich die Preise für das Ad-hoc-Laden an seinen Highpower-Chargern um zehn Cent gesenkt. Und auch Plugsurfing hat die Konditionen in der Zwischenzeit wie folgt überarbeitet: Die Kilowattstunde Wechselstrom kostet nur noch 57 Cent, Gleichstrom 74 Cent. Und das schnelle Laden bei Ionity ist nun im Preis inbegriffen. Verteuert hat sich für Kunden von Plugsurfing dagegen die Nutzung des EnBW-Netzes. Die Kilowattstunde Wechselstrom kostet hier nun 79 Cent, Gleichstrom sogar 96 Eurocent.
   

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4 Kommentare

  1. Peters

    Nicht zu vergessen ist ja die Tatsache, daß jede Kwh noch mal zusätzlich mit Geldern aus der TGH Quote bezuschusst wird. Hier werden leider keine öffentlichen Angaben dazu gemacht. Das ist in meinen Augen eine große Mauschelei. Ich kann nur jedem E Autofahrer die Ladefuchs App oder die
    Chargeprice App empfehlen, da sind die Karten der verschieden Unternehmen
    mit den entsprechenden Ladepreisen hinterlegt.

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  2. Sven Hupfeld

    Ich verstehe die Tabelle bei EnBw nicht: wer hat den Blödsinn verzapft oder kann ich nicht rechnen bzw hab ich einen Denkfehler…

    L Tarif:

    Jahresgebühr:

    215,88€ nicht 215€…..Falsch gerundet.

    AC 1000 kw sind 500€ warum 445€ in der Tabelle?
    AC gibt es selten oder garnicht von EnBw. Also 50cent macht 500€

    3000kwh×0,39€ sind bei mir 1170€ statt 1335€

    6000kwh×0,39€ sind 2340€…..ich würde doch nicht die Hälfte bei Oonity laden für 0.79€

    Da komme ich auf Kosten von 0,44€….statt 0.62€….

    Kann mir das jemand erklären?

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  3. Christian R

    Warum wird diese schöne Tabelle nicht für supercharger gemacht. Hat man in Deutschland Angst vorm Preisvergleich?

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    • Franz W. Rother

      Definitiv nicht. Aber die Supercharger-Stationen öffnen sich erst seit kurzem für Elektroautos anderer Marken. Zum Zeitpunkt der Erhebung war das Netz für viele Elektromobilisten nicht relevant. Bei einer Neuauflage aber werden wir das Tesla-Angebot sicher integrieren.

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