400 Kilometer mit einer Akkuladung, vielleicht irgendwann sogar 600 Kilometer ohne einen Ladestopp? Bloß nicht. Ein Elektroauto sei in erster Linie für die Stadt gedacht. Ein großer Akku für Langstreckentouren mache es nur schwer, verschlinge in der Herstellung jede Menge Energie und wertvolle Ressourcen. Damit sei die Klimabilanz des Stromers unter dem Strich schlechter als die eines Autos mit einem sparsamen Verbrennungsmotor.
Mit dieser Argumentation arbeitet Mazda Motors in der öffentlichen Debatte über die ideale Größe des Stromspeichers im Elektromobil gewissermaßen gegen den Strom. Während selbst ein Kleinwagen wie der Renault Zoe inzwischen mit einem Aktionsradius von bis zu 390 Kilometern aufwartet und Volkswagen seinen elektrischen Kleinwagen gerade ein Batterie-Upgrade spendiert, das es dem VW e-Up und seinen Geschwistern Skoda Citigo-iv und Seat Mii Electric ermöglicht, bis zu 260 Kilometer weit zu rollen, wird der vollelektrische Mazda MX-30 spätestens nach 200 Kilometern an die Ladesäule müssen.
Ab 2021 mit Wankelmotor als „Range Extender“
Bei einem Workshop verteidigte die verantwortliche Programm-Managerin Tomiko Takeuchi die Entscheidung der Konzernzentrale, den Akku des MX-30 auf 35,5 Kilowattstunden (kWh) zu begrenzen. Die durchschnittlichen Fahrleistungen in Japan wie in Europa lägen deutlich unter 100 Kilometern am Tag. Und je größer der Akku, desto größer und schwerer sei der „ökologische Rucksack“, den das Elektroauto mit sich herumschleppe. Wer partout mit dem Auto Langstrecke fahren wolle, müsse sich ein wenig gedulden: Ab Ende 2021 werde man den Mazda MX-30 auch mit einem Wankelmotor bestellen können, der als Generator arbeitet und dem Elektromotor frischen Strom zuführt, wenn der Energiegehalt der Batterie erschöpft ist.
Technische Details zu den Leistungswerten des Wankelmotors blieb Takeuchi gleichwohl schuldig: An der Technik, werde noch gearbeitet, weder über Spritverbräuche des Hilfsmotors noch über das Gesamtgewicht des Fahrzeugs könne sie derzeit etwas sagen. Schade, denn die Fakten wären wichtig, um die Ökobilanz des Elektroautos mit Reichweitenverlängerer (Range Extender, REX) bewerten zu können. BMW verfolgte beim BMW i3 einst ein ähnliches Konzept, hat die REX-Variante aber eingestellt – und dem Stromer dafür in der zweiten Entwicklungsstufe eine größere Batterie spendiert. Möglicherweise wird Mazda auch diesen Weg einschlagen: Äußerungen von Managern aus der Europazentrale von Mazda lassen darauf schließen, dass auch sie lieber einen größeren Akku an Bord des MX-30 gesehen hätten. Immerhin lässt sich das Akkupaket durch Lösen von 20 Schrauben und einiger Steckverbindungen vergleichsweise leicht aus Unterboden entnehmen.
In Europa CCS stat CHAdeMo
Bereits durchgesetzt haben die Europa–Manager, dass der MX-30 hierzulande Gleichstrom statt über einen Chademo-Anschluss über einen Combo-Stecker (CCS) ziehen wird, mit einer Ladeleistung von 50 Kilowatt (kW). Bei einem Akku dieser Größe ist das völlig ausreichend. Das gilt allerdings nicht für die Ladeleistung an der mit Wechselstrom gespeisten Wallbox: Hier fließen pro Stunde maximal 6,6 kW – nach heutigem Stand. Möglicherweise wird die europäische Version aber gegen Aufpreis auch mit einem größeren Onboard-Lader geordert werden können. Im Motorraum des MX-30 sollte dafür noch Platz vorhanden sein.
Denn das erste Elektromobil nutzt in wesentlichen Teilen die Karosserie des Mazda CX30, in der schon heute ein Hybridantrieb samt Allradtechnik leicht Platz findet. Die Verwandtschaft ist allerdings erst auf den zweiten Blick zu erkennen. Denn die Designer haben sich große Mühe gegeben, aus dem eher nutzwertigen Kompakt-SUV einen lifestyligen Sportler zu machen. So verfügt der MX-30 nicht nur über ein coupehaftes Heck, sondern über vier Türen, die sich gegenläufig öffnen und eine B-Säule überflüssig machen – auch in dem Punkt scheint der BMW i3 Pate gestanden zu haben.
„Freestyle“-Türen nach dem Vorbild des BMW i3
Warum keine ordentlichen Türen, die sich unabhängig voneinander öffnen und schließen lassen? Warum der Aufwand für die konstruktiv aufwändigen „Freestyle-Türen“? Mazda-Managerin Takeuchi holt kurz Luft und wird dann ganz poetisch: „Ein Auto sollte nicht nur ein Transportmittel sein. Es sollte die Kreativität der Menschen und den Wunsch fördern, an sich selbst zu wachsen. Zum Beispiel kann man im Laufe eines Tages einen Park besuchen, die Türen öffnen und einfach die Aussicht genießen. Die Geräusche des Windes und der Vögel beruhigen und man fängt an, sich wieder selbst zu fühlen.“ Auch eine Mahlzeit mit Freunden im Auto bei weit geöffneten Türen kann sich die Ingenieurin vorstellen. Das Interieur, das teilweise mit Kork, teilweise mit Kunstleder ausgeschlagen ist, sollte es verkraften.
Ob das Konzept ankommt, wird sich erweisen, wenn der MX-30 im Sommer kommenden Jahres auf den Markt kommt – als erstes und auf längere Sicht auch einziges Elektroauto der Marke, die seit Sommer 2017 in einer Geschäfts- und Kapital-Allianz mit Toyota verbunden ist. Mazda Deutschland hat für 2020 einen Absatz von 2500 Fahrzeugen eingeplant – das sollte zu schaffen sein, auch wenn der MX30 mit einem Preis von 33.990 Euro in der Version First Edition für ein Elektroauto dieser Kategorie und mit der eingeschränkten Reichweite kein Sonderangebot ist. Wir lassen uns überraschen. Vielleicht setzt sich ja auch hierzulande noch die Überzeugung durch, dass ein reines Elektroauto auf der Langstrecke fehl am Platz ist.
Wer’s nicht will, kann es auch meist nicht: Schon im September 2017 gab es die Meldung, dass Mazda erst 2035(!) alle Modelle elektrisch angetrieben anbieten will, und vorher eher in homöopathischen Dosen, vgl. https://www.autoexpress.co.uk/mazda/100819/mazda-to-electrify-entire-range-by-2035
Jetzt kommen sie mit einem Auto, dass 25% mehr Reichweite hat als ein Nissan Leaf von 2010.
Wenn Mazda die Strategie nicht deutlich ändert, werden ihre schönen Verbrenner irgendwann mit der Marke aussterben…