142 kleine Sterne leuchten im Kühlergrill. Viele kleine Punkte im Scheinwerfer. Und größere in den Rückleuchten. Dieser Benz soll auch nachts von weitem als solcher erkannt werden. Dazu verströmt der neue, vollelektrische Mercedes-Benz CLA EQ aus allen Poren Luxus und Design. Alles wichtig, um ab Sommer möglichst viele solvente Kunden zu ködern. Was aber die Techniker mehr interessieren wird, ist der Verbrauch: 12,2 kWh auf 100 Kilometer sind eine Ansage. Der neue CLA kann nicht nur schön, er kann auch effizient und sparsam.
Im Vergleich zum Vorgänger gleichen Namens (aber noch ausschließlich mit Verbrennermotoren betrieben) wächst der neue CLA um sechs Zentimeter, der Radstand um drei Zentimeter. Heißt: mehr Platz für vorne und hinten auf insgesamt 4,7 Meter Länge. In der Höhe wächst der CLA nur um 2,5 Zentimeter und kaschiert den Zuwachs geschickt durch bogenförmige Linien oberhalb der Schweller. Die Karosserie sackt vorne etwas ab, wirkt keilförmig, wie bei einem Sprung nach vorne, und sieht damit dynamisch aus. Powerdome auf der Motorhaube zeugen weiter von Kraft und Leistung.

Der niedrige cW-Wert von 0,21 sorgt zusammen mit den neuen sparsamen Elektromotoren für einen niedrigen Stromverbrauch – und große Reichweiten: Fast 800 Kilometer sollen mit dem großen, 85 kWh fassenden Akku darstellbar sein. Fotos: Mercedes-Benz
Zum AMG-Paket – auch das gibt es für den Stromer – zählen unter anderem Abrisskante an der Heckklappe, breitere Stoßfänger, Räder bis 19 Zoll und eine optische Auspuffblende (kein Witz). „Der Raum am unteren Heck darf nicht leer sein. Gewohnheitsbedingt erwarten Kunden immer noch eine Art Auspuff“, erklärt Slavche Tanevski, Teamleiter Exterior Design bei Mercedes-Benz. Und das auch immer noch bei einem Elektroauto von Mercedes: Die Kundschaft ist halt immer noch sehr konservativ.
Schon die Sitze sehen dynamisch aus
Im Innenraum geht es mit reduziertem Design sportlich weiter: durchgehendes Display über die gesamte Front, darunter Fächer für Handy und Schlüssel, sonst wenige Schalter und Tasten. Die Sitze mit integrierten Kopfstützen sehen dynamisch aus und sind bequem. Kunden haben die Wahl zwischen verschiedenen Interior-Materialien wie: Papier (!), Holz, Carbon und Aluminium. Vor allem Holz wirkt im CLA edel.
Außen stehen neun verschiedene Lacke zur Wahl, darunter zwei exklusiv für den CLA. Die Botschaft von Mercedes soll sein: Der neue CLA wird eine sportlich-elegante und luxuriöse Limousine der Mittelklasse, als Voll- und Teilzeitstromer. In den Kofferraum passen 405 Liter und in den Frunk unter der Fronthaube 101 Liter – genug Platz für mehr als nur ein Ladekabel.

Im Innenraum geht es sportlich zu. Das Display zieht sich über die gesamte Front, darunter gibt es in und unter der breiten Mittelkonsole jede Menge Fächer für Handy und Schlüssel. Die Zahl der Schalter und Tasten ist auf ein Minimum reduziert.
Doch die windschnittige Limousine kann mehr als nur schön aussehen. Unter dem edlen Blech wird es interessant. Denn Mercedes gibt für den CLA250+ einen Durchschnittsverbrauch von 12,2 kW auf 100 Kilometer nach WLTP an. Das ist für eine Limousine von 4,73 Meter Länge und einem Leergewicht von 2.055 Kilogramm außergewöhnlich: Selbst die sparsamste Version des Model 3 von Tesla genehmigt sich im Drittelmix 13,2 kWh/100 km.
200 kW starker Elektromotor an der Hinterachse
Wie haben die Schwaben das geschafft? Zum einen durch eine auf Effizienz und Windschlüpfrigkeit getrimmte Karosserie – selbst der Unterboden ist speziell verkleidet. Das fließende Coupé-Format fliegt dadurch mit einem cw-Wert von 0,21 durch den Wind.
Für einen geringen Stromverbrauch sorgt zudem der neu entwickelte und besonders effiziente Elektromotor mit der Typenbezeichnung eATS2.0. Die permanenterregte Synchronmaschine (PSM) mit Dauermagneten leistet im Peak mindestens 200 kW und arbeitet dank einer engen Hairpin-Wicklung im Stator und V-Anordnung der Dauermagnete im Rotor besonders effizient. Je nach Motorvariante unterstützt eine 80-kW-PSM-E-Maschine an der Vorderachse und ein schnell geschalteter Allradantrieb. Das System kann innerhalb von 0,2 Sekunden den Vortrieb der Vorderachse zuschalten. Im Vergleich zum Vorgänger-Allradsystem reduziert das die Verluste um 90 Prozent.

Der Frunk unter der Fronthaube des CLA fasst 101 Liter – viel mehr als bei jedem Tesla-Modell. Da passt nicht nur ein Ladekabel rein.
Mit besonderen Leichtlaufreifen spart Mercedes nochmals rund zehn Prozent Energie ein. Je nach Fahrzustand schaltet das Getriebe automatisch in den zweiten Gang. Ja, richtig gelesen, das Automatikgetriebe setzt auf zwei Gänge. Bei normaler Beschleunigung springt der zweite Gang bei rund 70 km/h über, bei hohen Geschwindigkeiten ab 110 km/h liegt immer der zweite Gang an. „Das reduziert die Drehzahl und verringert weiter den Verbrauch“, sagt Oliver Zolke, Projektleiter Entwicklung MMA-Architektur bei Mercedes-Benz. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 210 km/h, von 0 auf 100 km/h geht es in 6,7 Sekunden.
Akkus mit 58 und 85 kWh Speicherkapazität
Mit einer besseren Vernetzung und feinerer Regelung der Fahr- und Bremssysteme untereinander arbeitet der E-Motor nun länger als Rekuperationsbremse und kann Energie bis 200 kW in den Akku speisen. „Die Rekuperation regelt fein bis nah ans ABS-Regelsystem und wird damit zur Hauptverzögerungsbremse. Fast alle Bremsmanöver im Alltag nutzt der CLA zur Stromgewinnung, nahezu 98 Prozent“, sagt Zolke. Selbst bei einer gefühlten Vollbremsung kommt der CLA mit dem Rekuperationssystem zum Stehen.
Bei diesem One-Box-Bremssystem ist das Pedal von der Bremse entkoppelt. Bei jedem Bremsvorgang errechnet das System die maximale Rekuperation und den minimalen Einsatz der Reibbremse. Dafür stehen vier Rekuperationsstufen zur Wahl. Dazu stattet Mercedes die Leistungselektronik mit einem Siliziumkarbid-(SiC)-Wechselrichter aus, der besonders effizient Energie nutzt. „Unser Fokus lag von Anfang an bei der Entwicklung auf Effizienz“, sagt Oliver Zolke.

Mit einer Länge von 4,70 Metern und einem Radstand von 2,75 Metern ist der Mercedes CLA EQ eine stattliche Erscheinung. Später wird es auch eine Kombi-Version der Limousine geben – Shooting Brake genannt.
Fehlt noch der passende Akku für eine lange Reichweite. Mercedes setzt auf NMC-Akkus mit 192 prismatischen Zellen. Je nach Modell variiert Mercedes die Größe der Zelle und die Zellchemie. Die Basisversion setzt auf preiswerte Lithium-Eisenphosphat (LFP)-Zellen mit 58 kWh netto. Bei der leistungsstärkeren Version setzen die Schwaben auf Nickel-Mangan-Cobalt (NMC)-Zellen mit einer Silizium-haltigen Anode und 85 kWh netto. Die Energiedichte liegt bei den LFP-Akkus bei 450 Wh/l und bei den NMC-Akkus bei 680 Wh/l – eine Steigerung von 30 Prozent zu vorher.
Bis zu 792 Kilometer mit einer Akkuladung
Was das bringt? Beim CLA250+ reicht die Energie mit dem NMC-Akku für 792 Kilometer Reichweite im WLTP-Zyklus. Das ist in der Klasse ein Rekordwert. Dabei liegt der Wirkungsgrad von Akku zum Rad auf der Langstrecke bei 93 Prozent. Dank 800-Volt-Technologie und Siliziumkarbid (SiC)-Wechselrichter wird aber auch Schnellladen mit 320 kW im Peak möglich. Zehn Minuten an einem Schnelllader ziehen dann 36 kWh Energie für 300 Kilometer Reichweite. Bemerkenswert.

Ob man den Mercedes CLA mit zweifarbiger Innenausstattung ordert, muss jeder selbst entscheiden. Platz gibt es jedenfalls reichlich.
Der in der Basisausstattung voraussichtlich rund 55.000 Euro teure CLA wird nicht der einzige Elektro-Benz mit dieser Technik werden. Auf der neuen Mercedes-Benz-MMA-Architektur kommen noch ein Shooting Break genannter Edel-Kombi, ein siebensitziges SUV und ein fünfsitziges SUV-Coupé auf den Markt. Und auch Plug-in-Hybride mit einem Vierzylinder-Verbrenner und einer Systemleistung von 100, 120 und 140 kW bietet Mercedes bald an. Die bieten zwar einen ähnlichen Kühlergrill, aber ohne leuchtende Sterne.
Warum eigentlich 142 Sterne? Es sind die kleinsten noch darstellbaren grafischen Mercedes-Sterne, die beleuchtet werden können und symmetrisch auf dem Frontgrill passen. Auch das ist Effizienz made by Mercedes.