Die Elektroautos, die es bisher aus dem Hause Mercedes gab, waren alle keine Volltreffer. Der Crossover Mercedes EQC wurde längst wieder eingestellt, die Zwittermodelle EQA und EQB begeistern die Sternenjünger bisher nicht annähernd so wie die benzingetriebenen Schwestermodelle. Und auch die Vorzeigemodelle EQE und EQS tun sich – egal ob Limousine oder SUV – deutlich schwerer als erwartet, Käufer zu gewinnen.

Kein Wunder, dass es Mercedes-CEO Ola Källenius kaum erwarten kann, einen zur flotten Testrunde im neuen Mercedes CLA einzuladen. Auf dem streng gesicherten Testgelände in Immendingen ist es noch ein stark getarnter Prototyp. Doch trotz Klebe- und Mattenornat außen wie innen handelt es sich um ein Fahrzeug, das demonstrieren soll, dass Mercedes endlich in der Elektromobilität angekommen ist.

"Ein Juwel" 
Mercedes-Chef Ola Källenius vor dem noch schwer getarnten Vorserienmodell des Mercedes CLA, der Mitte 2025 in den Handel kommt.
„Ein Juwel“
Mercedes-Chef Ola Källenius vor dem noch schwer getarnten Vorserienmodell des Mercedes CLA, der Mitte 2025 in den Handel kommt.

Und der neue CLA ist nur das erste Blatt in einem schmucken Sternen-Quartett, das wenig variable Plattformen, mäßige Ladetechnik und den geringen Nobelcharme der bisherigen Mercedes-Stromer vergessen machen soll. Denn nach dem Mercedes CLA mit einer Länge von rund 4,75 Metern sollen auf Basis der neuen, hochflexiblen MMA-Plattform (Mercedes Modular Architecture) schon bald die Schwestermodelle GLA, GLB und ein CLA Shooting Brake folgen.

800-Volt-Architektur für schnelles Laden

Design sowie Proportionen des vollelektrischen CLA sind weitgehend identisch mit denen der IAA-Studie von 2023. Ebenso wie die technischen Rahmendaten, erfahren wir. Versprochen sind eine Version mit Heckantrieb, und stärkere mit Allrad-Power, ein Normverbrauch von maximal zwölf Kilowattstunden auf 100 Kilometern sowie eine Reichweite von bis zu 750 Kilometern bis zum nächsten Ladestopp.

Und weil sich der Erfolg eines Elektroautos inzwischen auch an der Ladeleistung entscheidet, hat Mercedes dem CLA auch endlich eine 800-Volt-Architektur gegönnt, die das Akkupaket im Boden des neuen CLA schnell befüllt. Zielgröße sind 400 Kilometer Reichweite in 15 Minuten – detailliertere Werte lässt der Mercedes-Chef noch nicht raus. Nur so viel: „Alles, was wir letzten Herbst bei der Premiere der Studie in München versprochen haben, werden wir einhalten oder sogar noch überbieten“, sagt Källenius trocken.

Rundgelutscht
Mit der Concept CLA Class gab Mercedes-Benz auf der Autoausstellung im Herbst 2023 einen Ausblick auf das neue Auto. Das Serienmodell soll dem Konzeptfahrzeug sehr nahe kommen - nur dass es jetzt auch noch eine benzingetriebene Version geben soll.
Rundgelutscht
Mit der Concept CLA Class gab Mercedes-Benz auf der Autoausstellung im Herbst 2023 einen Ausblick auf das neue Auto. Das Serienmodell soll dem Konzeptfahrzeug sehr nahe kommen – nur dass es jetzt auch noch eine benzingetriebene Version geben soll.

Trotzdem halten Ola Källenius und sein Chefentwickler Axel Heix die Zeit noch nicht reif für einen kompletten Umstieg auf den Elektroantrieb. Viele Länder, argumentieren sie, fordern Verbrenner und das dürfte sich erst einmal kaum ändern. So ist der Mercedes CLA auf Wunsch ab 2026 auch noch mit einem mit einem Vierzylinder-Benziner zu bekommen. Der wird dann jedoch die Vorderachse antreiben, da die Anpassungen der Plattform sonst zu groß gewesen wären. Dieselmotoren wurden jedoch gestrichen, Handschalter sind ohnehin passé. Und der neue Turbo-Benziner wurde zwar hausintern entwickelt, produziert wird er beim chinesischen Kooperationspartner Geely. Da dürfte es manchen Mercedes-Fans eiskalt den Rücken herunterlaufen.

Verkaufsstart im Sommer 2025

Unser Fahrt über die Mercedes-Teststrecke unternehmen wir natürlich mit der Elektro-Version. Und der Mercedes-Chef auf dem Fahrersitz scheint die Fahrfreude am neuen Mittelklassemodell nicht nur zu spielen, als er Kurven schneidet und gleich noch ein paar flotte Runden nachlegt. Die Sitze sind bequem, das Platzangebot vorne wie hinten mehr als ordentlich und serienmäßig gibt es nach Tesla-Vorbild ein großes Panoramadach, das ohne eine mechanische Verschattung auskommen muss.

Mehr als nur ein Auto
Andreas Biehl ist bei Mercedes-Benz für User Interaction Concepts verantwortlich, also neue Kundenerlebnisse im Auto. Was der CLA da zu bieten haben wird, erläuterte er uns im Interview auf der CES in Las Vegas. Fotos: Mercedes-Benz

Wie bei der CLA-Studie ist auch das Serienmodell, das Mitte 2025 auf den Markt rollt, mit einem riesigen Bildschirmpaket ausgestattet, das sich quer über das ganze Armaturenbrett zieht. Nur bei den Basisversionen blicken die Beifahrer auf eine Dekorfläche. Alle anderen bekommen ein durchgehendes Display, auf dem ein zusammen mit Google entwickeltes Navigationssystem gestochen scharfe Bilder und genaueste Fahrzeugdaten zeigt. Das neue Betriebssystem MB.OS lässt mit zahllosen Apps und Chat-GPT sogar die großen Brüder E- und S-Klasse alt aussehen – zumindest solange, bis die Technik auch bei ihnen Einzug hält.

CLA will mit Qualität, nicht mit dem Preis punkten

Platz gibt es im neuen Hoffnungsträger nicht allein für die Insassen, sondern auch für das Gepäck. Das üppige Platzangebot dürfte nicht nur das Model 3 von Tesla, sondern auch die Mercedes C-Klasse unter Druck setzen, die bei gleicher Länge um die gleichen Kunden buhlt. Der Kaufpreis wird also beim neuen Mercedes CLA ein zentrales Thema sein, auch wenn Källenius schon mal ankündigt, dass Mercedes sich am Preisdumping mancher Konkurrenten nicht beteiligen werde. Was wohl heißen soll, dass der CLA teurer wird als das Tesla Model 3, das aktuell schon für 39.990 Euro zu bekommen ist und als Allradler mit einer Reichweite von 702 Kilometern weniger als 50.000 Euro kostet.

Daher kommt der Größe und hohen Wertigkeit des Innenraums im neuen CLA eine immense Bedeutung zu. Källenius spricht von einem Juwel, als er kurz die Tarnmatten über dem Armaturenträger anhebt und uns einen Blick auf die Displays, Bedienelemente und edlen Oberflächen werfen lässt. Man sieht es ihm an: Er ist mehr als zufrieden mit dem, was seine Designer und Ingenieure da geschaffen haben. Jetzt muss nur noch der Kunde Appetit auf das neue Modell kriegen.

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