Bis zum komplett neuen Sprinter, der dann ausschließlich mit Elektroantrieb angeboten wird, dauert es noch mehr als zwei Jahre. Bis dahin dürften sich viele Interessenten aber mit der Modellpflege anfreunden können, die den Transporter nicht nur in vielen Details verbessert, sondern auch den vollelektrischen eSprinter technisch auf ein neues Niveau hebt.

Bisher bot die frontgetriebene Elektroversion mit zwei kleinen Akkupaketen mit 35 und 47 kWh Kapazität und einem Normverbrauch von 38 kWh/100 km nur einen überschaubaren Alltagsnutzen. Das sieht bei der heckgetriebenen Neuauflage völlig anders aus. Hier hat der Kunde ganz nach Einsatzmöglichkeiten die Wahl zwischen drei Akkupaketen auf Lithium-Eisenphosphat (LFP)-Basis, die zwischen 56 kWh und 114 kWh Strom speichern können.

Länge läuft 
Wer mit dem eSprinter lange Strecken zurücklegen will, muss die teure Langversion wählen: Nur hier passt der 113 kWh große LFP-Akku zwischen die Achsen. Fotos: Mercedes-Benz Vans
Länge läuft
Wer mit dem eSprinter lange Strecken zurücklegen will, muss die teure Langversion wählen: Nur hier passt der 113 kWh große LFP-Akku zwischen die Achsen. Fotos: Mercedes-Benz Vans

„Die meisten Kunden werden sich wohl für das mittlere Akkupaket mit 81 kWh entscheiden“, vermutet Andreas Zygan, der für die Technik der Mercedes Vans verantwortlich ist. Wer den elektrischen Sprinter auf langen Strecken einsetzen und auch im Winter keine böse Reichweitenenttäuschung erleben will, entscheidet sich gleich für das große Akkupaket mit 113 kWh, mit dem ohne Nachladen mehr als 440 Kilometer drin sein soll.

Produktion in Deutschland und in USA

Der Mercedes Sprinter ist seit langem ein weltweiter Bestseller: Über vier Millionen Einheiten des Transporters wurden seit der Markteinführung 1995 bereits abgesetzt, seit 2020 in wachsender Zahl auch mit Elektroantrieb. Künftig soll er sich vor allem in USA noch stärker bemerkbar machen. Hier waren die Preise ebenso wie die Einfuhrschwellen bislang hoch, so dass anfangs die Transporter aus steuerlichen Gründen sogar vor der Verschiffung zerlegt und als Teilsätze in die USA exportiert wurden. Das hat sich mit der neuen Produktionsstätte in Charleston/South Carolina komplett geändert, in dem im vergangenen Jahr bereits rund 50.000 Transporter gebaut wurden – unter anderem für den Lieferdienst von Amazon. Durch die lokale Fertigung versprechen sich die Verantwortlichen einen stattlichen Anstieg der nordamerikanischen Nachfrage nach den „Cargo-Vans“.

Eile mit Weile 
Mit einer maximalen Ladeleistung von 115 kW ist der Mercedes eSprinter für Einsätze im Fernverkehr nur bedingt tauglich.
Eile mit Weile
Mit einer maximalen Ladeleistung von 115 kW ist der Mercedes eSprinter für Einsätze im Fernverkehr nur bedingt tauglich.

Der US-Kunde bekommt anders als in Europa jedoch nur den geschlossenen Kastenwagen mit großem Akkupaket – zu Preisen, die nennenswert unter denen in Europa liegen. Die europäischen Modelle kommen mit zwei Längen und zwei Aufbauformen aus Ludwigsfelde und dem Stammwerk in Düsseldorf.  „Mit dem neuen eSprinter heben wir das Segment des elektrischen Large Vans auf ein neues Niveau“, sagt Mathias Geisen, Leiter Mercedes-Vans. „Der Dreiklang aus Effizienz, Reichweite und Ladevolumen bei gleichzeitiger TCO-Optimierung macht den neuen eSprinter zum vielseitigsten Mercedes-Benz eVan aller Zeiten.“

Komplett neuer Antrieb

Um die eigenen Kosten in den Griff zu bekommen und die Nachteile der teuren Fertigung im Hochlohnland Deutschland zu minimieren, strafft Mercedes sein Angebot. Der neue eSprinter besteht aus einem einheitlichen Vorbau, der alle Hochvolt-Komponenten beinhaltet und daher mit allen Fahrzeugvarianten kombiniert werden kann – unabhängig von Radstand und Batteriegröße. Im Unterboden befinden sich zwischen den Achsen die erwähnten Hochvoltbatterie, während im Heckmodul die elektrisch angetriebene Hinterachse verbaut ist.

Der 130 Kilogramm schwere Permanentmagnet-Synchronmotor wird zwei Leistungsstufen mit einer Spitzenleistung von 100 kW oder 136 PS sowie mit 150 kW (204 PS) angeboten, die beide bis zu 400 Newtonmeter Drehmoment aufbringen. Ein Allradantrieb wird für den eSprinter nicht angeboten – den gibt es nur in Kombination mit einem weiterhin angebotenen Dieselantrieb.

Eingeschränkte Nutzlast
In der Langversion mit großem Akku und 150 kW starkem Motor darf der eSprinter wegen des hohen Gewichts des Energiespeichers maximal 1097 Kilogramm Nutzlast transportieren. Das Ladevolumen ist mit 14 Kubikmetern reichlich.
Eingeschränkte Nutzlast
In der Langversion mit großem Akku und 150 kW starkem Motor darf der eSprinter wegen des hohen Gewichts des Energiespeichers maximal 1097 Kilogramm Nutzlast transportieren. Das Ladevolumen ist mit 14 Kubikmetern reichlich.

Das Ladevolumen des neuen Elektro-Sprinters liegt bei 14 Kubikmetern, das zulässige Gesamtgewicht beträgt bei der Langversion mit der großen E-Maschine bis zu 4,25 Tonnen – bei einer Zuladung von maximal 1097 Kilogramm. Beim kurzen Radstand beträgt die Gesamtmasse weiterhin 3,5 Tonnen, die maximale Zuladung liegt hier zwischen 777 und 1541 Kilogramm. Zusätzlich gehen noch einmal bis zu 1,5 Tonnen an den Haken – bei 4,25 Tonnen Gesamtgewicht sind es „nur“ 750 Kilo Anhängelast.

Bis zu 530 Kilometer ohne Ladepause

Mit der Reichweite von rund 440 Kilometern bis zum nächsten Ladestopp, sollen auch eingefleischte Dieselfans zur Antriebswende motiviert werden. Im reinen Citybetrieb sind sogar bis zu 530 Kilometer ohne Ladepause drin. Insbesondere Kurier- oder Paketdienste mit einer eigenen Stromerzeugung – etwa mit PV-Anlage – oder einem niedrigen Strompreis wie in den USA dürften da die Argumente für einen Verbrenner ausgehen. Für echte Langstreckeneinsätze mit hohem Autobahnanteil eignet sich der eSprinter dagegen nur eingeschränkt.

Auch weil die maximale Ladeleistung des eSprinter lediglich 115 kW beträgt – der 200 kW starke E-Movano Electric von Opel (420 Kilometer Reichweite) bietet hier immerhin bis zu 150 kW auf. Aufenthalte am mit Gleichstrom betriebenen Schnelllader ziehen sich entsprechend lange hin: Eine Schnellladung (10-80%) der 113 kWh großen Sprinter-Batterie soll rund 42 Minuten dauern. Ist der 56-kWh-Akku an Bord, soll es bereits nach 28 Minuten weitergehen.

"Hey Mercedes"
Erstmals bei einem Mercedes-Transporter fährt beim neuen Sprinter das MBUX-Infotainment auf einem 10,25-Zoll-Zentraldisplay mit. Damit lassen sich Navigation sowie zahlreiche weitere Einstellungen jetzt auch per Sprache steuern.
„Hey Mercedes“
Erstmals bei einem Mercedes-Transporter fährt beim neuen Sprinter das MBUX-Infotainment auf einem 10,25-Zoll-Zentraldisplay mit. Damit lassen sich Navigation sowie zahlreiche weitere Einstellungen jetzt auch per Sprache steuern.

Überzeugen kann die Elektroversion im Alltagsbetrieb allemal. Der flüsterleise Elektromotor gefällt nicht nur in der City mit seinem strammen Anzug, sondern auch bei flotter Landstraßenfahrt und auf der Autobahn. Da sich das Batteriepaket im Unterboden versteckt, ist der Laderaum nicht eingeschränkt. Im Tageseinsatz kann der Fahrer über einen Taster neben dem Starter zwischen den vier Rekuperationsstufen D-, D, D+, D++ wechseln. Wer lieber der Technik die Arbeit überlässt, ist im Automatikmodus unterwegs, in dem sich der Lademeister automatisch der Verkehrssituation anpasst. Der Eco-Assistent zeigt im Instrumentendisplay an, wann der Fahrer den Fuß vom Pedal nehmen sollte. Weitere Unterstützung bei der Ladeplanung bietet das Bediensystem MB-UX, das die Ladestopps flexibel an Routenführung und Fahrweise anpasst.

In USA über 15.000 Euro billiger

Bleibt der Preis und der ist für das Elektromodell zugegeben happig. Der neue Mercedes eSprinter startet in der Länge A2 mit 100 kW-Antrieb und 56-kWh-Batterie bei 59.990 Euro (netto). Viele Kunden dürften sich für die Version mit langem Radstand (A3) und dem großen Akkupaket entscheiden, was den Basispreis hierzulande gleich um 27.150 auf 87.140 Euro treibt.

Da sieht es in den USA deutlich günstiger aus: Die gleiche Variante ist hier bereits für 71.886 Dollar zu haben. Viele Kunden aus dem Transportgewerbe in Deutschland dürften sich aber ohnehin für das Leasingmodell entscheiden. Hier geht es für den eSprinter bei Monatsraten von 690 Euro los – bei einer Vertragslaufzeit von 48 Monaten und maximal 20.000 Kilometern im Jahr.

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2 Kommentare

  1. Michael

    Charleston befindet sich in South Carolina 🙂

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    • Franz W. Rother

      Danke für den Hinweis. Ist korrigiert.

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