Man mag darüber streiten, ob in diesem Fahrzeugsegment jeder Kunde wirklich einen gesteigerten Wert auf die technischen Daten und das Fahrverhalten geht. Gerade wer sich für einen Mini entscheidet, kauft erst einmal die Marke, das Modell und das spezielle Design. Und knuffig, cool und trendig sieht auch die vierte Generation des Dreitürers aus, die intern unter der Codebezeichnung J01 bei Spotlight Automotive Limited in einem Joint Venture mit Great Wall Motor entwickelt wurde. Wie schon beim Vorgänger hat der Kunde die Wahl zwischen einem Elektroantrieb oder einem Benziner – die Antriebswende ist bei der BMW-Tochter noch nicht so ganz vollzogen.
Eines vorweg: Der Elektroantrieb passt exzellent zum neuen Mini Cooper. Sorgen bereiten nur die Instrumente – und eine gähnend niedrige Geschwindigkeit an der Schnellladestation. Überzeugend präsentiert sich hingegen die Sitzposition, der nunmehr auch elektrisch verstellbaren Stühle, die guten Seitenhalt bieten. Im engen Fond kann und muss zum Glück kaum jemand sitzen. Besser werden die Rückenlehnen dort gleich umgeklappt, um den mickrigen, gerade einmal 200 Liter fassenden Laderaum zu erweitern.
Dafür macht der Mini Cooper auf der Piste eine Menge Spaß. Ein Tritt aufs Gaspedal – und es geht trotz 1,7 Tonnen Leergewicht munter los. Der Schub des chinesischen Briten aus dem Stand ist stattlich. Bei Regen und nasser Fahrbahn kommen die vorderen Pneus zwar schnell an ihre Haftungsgrenze. Und doch strahlt der Pilot hinter dem Steuer nach den ersten Kurvenkombinationen. Weil eines stimmt: der Fahrspaß.
Agiles Fahrwerk, präzise Lenkung
In der City sieht es nicht anders aus. Der 160 kW starke Elektromotor an der Vorderachse mit munteren 330 Nm Drehmoment ist keine Leistungsbestie – wirklich nicht. Doch muss so viel Leistung überhaupt in einem solchen Kleinwagen sein? Eher nicht. Anbremsen, einlenken, einfach aus der Kurve herausbeschleunigen und mit dem Lenker justieren, wo es hingehen soll: Darauf kommt es im Stadtverkehr und bei Fahrten über die Landstraße vor allem an.
Als der Regen nachlässt und die Fahrbahn trocken wird, greifen nicht nur die Vorderräder deutlich besser, sondern auch das Heck zeigt sich im Grenzbereich weitaus stabiler als man es vom agilen Vorgänger kannte. Das bessere Handling im Grenzbereich, die präzise Lenkung und weitere von den Ingenieuren mühsam herausgearbeiteten Finessen beim Fahrwerk dürften den meisten – überwiegend weiblichen – Kunden allerdings egal sein.
Schwächen im Innenraum
Und dank eines niedrigen Schwerpunkts und eines insgesamt sehr stimmigen Fahrverhalten dürfte der mindestens 36.900 Euro teure Mini Cooper SE in jeder Kundenhand punkten. Ob aber alle Insassen das feine und gestochen scharfe, aber allzu überfrachtete Rundinstrument in der Mitte der Armaturentafel lieben werden? Kann sein. Sie werden sich eher noch daran stören, dass Instrumente hinter dem Lenkrad fehlen, das ausfahrbare Head-Up-Display arg billig wirkt – und Ledersitze selbst für Geld und gute Worte nicht mehr zu bekommen sind.
Mini, bisher gerade bei den teuren Versionen besonders erfolgreich mit Sportsitzen aus strapazierfähigem Leder, das mit zunehmendem Alter eher noch edler wurde, bevormundet seinen Kunden neuerdings und behauptet, dass Rinderleder nicht mehr en vogue sei. Dabei ist nach unseren Beobachtungen das Gegenteil der Fall. Nicht nur in vielen Foren gibt es hängende Mundwinkel ob der neuen Ausstattungen. Auch Mini-Händler berichten, dass die Kunden den Wegfall der edlen Tierhäute nicht nachvollziehen können.
Maximal 95 kW an der Ladesäule
Neben den umfangreichen Touchfunktionen und den verschiedenen Fahrprogrammen mit hinterlegten Bildschirminszenierungen lassen sich zentrale Bedienfunktionen über das Lenkrad, eine Schalterleiste unter dem kreisrunden Touchdisplay oder per Sprache steuern. gesteuert werden. Zahlreiche Funktionen wie Navigation, Telefonie und Entertainment können mit einem Sprachassistenten bedient werden.
So gut der 3,86 Meter lange und bis zu 170 km/h schnelle Mini Cooper SE auf der Straße überzeugt, so enttäuschend sieht es an der Ladesäule aus. Die Basisversion des Mini Cooper E lädt mit müden 75 kW. Und auch der stärkere Cooper SE ist mit einem maximalem Ladetempo von 95 Kilowatt langsamer als nahezu alle Wettbewerber in Europa – selbst wenn diese schon Jahre auf dem Markt sind.
400 Kilometer Reichweite? Eher illusorisch
Dass das Akkupaket im Unterboden trotzdem von 10 bis 80 Prozent in einer halben Stunde erstarkt, dafür ist allein der nur 54 kWh kleine Akku verantwortlich, zu dem es keine größere Alternative geht. Von den in Aussicht gestellten 400 Kilometern Reichweite war bei den Testfahrten nichts zu spüren, denn mit vollem Akku zeigte der Bordcomputer hier gerade einmal 228 km an. Trotz Regen und 15 Grad Außentemperatur ein allzu kleiner Wert. Das ist selbst für einen coolen Flitzer zu wenig.
Umso mehr gilt das für das 135 kW starke Einstiegsmodell. Zum Preis von 32.900 Euro gibt es hier lediglich eine 40-kWh-Batterie, die schon auf dem Papier nur 305 km Reichweite verspricht. Im Alltagsverkehr dürften es kaum mehr als 200 Kilometer werden, wenn der Mini nicht ausschließlich im Stadtverkehr bewegt werden. Für den ersten Vergleich mit dem neuen Renault 5 Electric und dem Alpine A290 hat der Mini Cooper SE da nicht die besten Karten.