Eine Fahrt durch das Wasserloch? Nein, das erlauben sie uns nicht. Auch der Testparcour mit Buckelpiste und Steilpassage bleibt dem Avenger versperrt – er ist für für die echten Geländewagen von Jeep reserviert. Für den Wrangler und den Grand Cherokee. Die werden inzwischen auch elektriziert als 4Xe angeboten, haben im Unterschied zum kleinsten Jeep aber einen Allradantrieb samt Sperrdifferential und Verteilergetriebe anzubieten, zudem deutlich mehr Leistung (280 kW) und Drehmoment (785 Nm).

Unser 4,08 Meter lange und nur 1536 Kilogramm schwere Elektro-Zwerg hingegen muss sich (vorerst) nur mit einem Frontantrieb begnügen und der ist mit einer Leistung von 115 kW und einem maximalen Drehmoment von 260 Newtonmetern eher für den Boulevard als für Offroad-Touren durch schweres Gelände ausgelegt. Bergabfahrhilfe „Hill Descent“, Fahrprogramme für Schlamm, Sand und Schnee zum Trotz. Und so Jeep-mäßig kämpferisch der mit allerlei Zubehör hochrüstbare „Rächer“ (Avenger) auch auftritt.

Wir haben das „Auto des Jahres 2023“ bei unserer Testfahrt in Spanien trotzdem auch abseits befestigter Straßen gefordert, auf felsigem Untergrund mit allerlei Geröll zwischendurch – und waren überrascht, wie tapfer sich der Kleine dort schlug. An Steilpassagen kam er zwar schnell an seine Grenze, weil die Vorderräder durchdrehten. Aber die Bodenfreiheit von bis zu 22 Zentimetern sowie die kurzen Überhänge in Kombination mit einem Rampenwinkel von 20 Grad erlaubten es schon, Pisten in angriff zu nehmen, vor dem manches Schwestermodell wohl kapitulieren würde.

Preise ab 36.600 Euro – als Stromer

Bei „Schwestermodellen“ sind weniger der Jeep Renegade und Compass genannt, sondern der Fiat 500e, der Opel Mokka Electric und der Peugeot e-308. Denn unter der Karosserie aller vier steckt mehr oder minder die gleiche modulare Plattform namens e-CMP2. Bei den beiden letztgenannten sogar der gleiche Antriebsstang und der gleiche Batteriespeicher mit brutto 54 Kilowattstunden (kWh), netto 51 kWh. Synergien werden im Stellantis-Konzern eben groß geschrieben.

Ganz schnörkellos
Wie der siebenschlitzige Kühlergrill betont auch der Armaturenträger die Horizontale. Vor allem in der Topversion Summit, bei der auch dieses Bauteil stets in "Sun Yellow" glänzt. Pfiffig: die faltbare Abdeckung des großen Stauraums in der Mittelkonsole.
Ganz schnörkellos
Wie der siebenschlitzige Kühlergrill betont auch der Armaturenträger die Horizontale. Vor allem in der Topversion Summit, bei der auch dieses Bauteil stets in „Sun Yellow“ glänzt. Pfiffig: die faltbare Abdeckung des großen Stauraums in der Mittelkonsole.

Aus dem Grund wird der Avenger auch nicht in den Vereinigten Staaten von Amerika, sondern zusammen mit dem konventionell angetriebenen Fiat 500 im polnischen Tychy. Aus Kostengründen und auch weil der City-SUV nur in Europa und Israel, in Japan und Südkorea angeboten wird. In Italien, Griechenland und Spanien übrigens noch eine Weile auch mit einem 1,2 Liter Turbo-Benziner. Zu Preisen ab 21.880 Euro in Spanien. Als Stromer werden dort in der günstigsten Ausführung 36.600 Euro fällig. In Deutschland hingegen gibt es den Jeep Avenger hingegen ausschließlich als Elektromobil, zu Basispreisen zwischen 37.000 und 43.500 Euro in der Topversion Summit: Klimawandel-„Rächer“ brauchen derzeit noch tiefe Taschen.

Rund 300 Kilometer Reichweite

Dafür hat der Fahrer – sofern er ausschließlich Grünstrom lädt – allerdings auch eine reine Weste. Und ein Elektroauto mit hoher Alltagstauglichkeit. Zumindest sofern der Aktionskreis begrenzt bleibt: Im reinen Stadtverkehr sollen zwar (theoretisch und unter idealen Bedingungen) bis zu 573 Kilometer ohne Ladepause drin. Realistischerweise wären mit unserem Testverbrauch von 17,5 kWh/100 eher Reichweiten von nicht einmal 300 Kilometern drin. Und die Ladeleistung am Gleichstrom-Schnelllader ist wie bei allen anderen Stellantis-Stromern mit 100 kW eher bescheiden. Langstrecken-Touren sollten da mit der einen oder anderen Fahrstunde mehr kalkuliert werden.

Easter-Egg in der Windschutzscheibe 
Der vollelektrische Jeep Avenger ist ein Sympathieträger. Auch durch solch kleine Details, die sich die Designer einfallen ließen.
Easter-Egg in der Windschutzscheibe
Der vollelektrische Jeep Avenger ist ein Sympathieträger. Auch durch solch kleine Details, die sich die Designer einfallen ließen.

Ansonsten aber weiß der kleine Stromer zu gefallen – die Mitglieder der Jury für das europäische „Car of the Year“ wusste er ebenso zu bezirzen wie die Jury des Women’s World Car of the Year (WWCOTY) Awards. Tatsächlich ist der Avenger ein sehr sympathischer Vertreter seiner Gattung. Er ist wendig und dank einer Armada an Assistenzsystemen sehr sicher, bietet eine Menge Komfort für ein Fahrzeug dieser Größe – und für die Personen auf den Vordersitzen obendrein reichlich Fahrspaß. Hinten geht es hingegen beengt zu. Dazu das gute Gewissen dank des Elektroantriebs – was will man mehr?

Die Resonanz auf das erste Elektroauto von Jeep fällt auch in Käuferkreisen entsprechend positiv aus: Noch vor der offiziellen Markteinführung waren in der Pariser Konzernzentrale über 20.000 Vorbestellungen für den vollelektrischen Avenger eingegangen. So kann es weitergehen.

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