Beim Auto ist die Antriebswende schon weit fortgeschritten – bei Motorrädern hinkt sie noch weit hinterher. Harley-Davidson etwa hat mit der LiveWire One sowie der S2 Del Mar zwar zwei Elektro-Motorräder im Lieferprogramm. Aber mit einer Reichweite von maximal 167 Kilometern bei einem Preis von knapp 25.000 Euro oder 138 Kilometer für 18.490 Euro sind beide Maschinen für die meisten Hardcore-Biker keine Alternativen zu einer benzingetriebenen „Sportster“ oder einem „Street Bob“. Das kalifornische Startup Zero, Vorreiter der Elektromobilität auf zwei Rädern, hat zwar inzwischen eine ganze Reihe auch sehr sportlicher E-Motorräder im Lieferprogramm. Aber mehr als 288 Kilometer schafft keines der neun Modelle. Und die Preise sind ebenfalls recht hoch.
Preiswerter würde sicher auch nicht das „Hydrocycle“, an dem Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU) aus Chemnitz zusammen mit der Technischen Universität Prag sowie den Spezialisten von 1to1design und der Wärmetauscher Sachsen (WätaS) GmbH arbeitet. Aber das deutsch-tschechische Konsortium will demonstrieren, dass die Brennstoffzelle durchaus eine interessante Energiequelle für ein elektrisch angetriebenes Motorrad sein könnte. Mit größerer Reichweite als ein Batterie-Stromer – ein Kilogramm Wasserstoff ist immerhin für 100 Kilometer Reichweite gut. Und mit kürzeren Fahrpausen zur Energieaufnahme: Keine fünf Minuten dauert es, einen Motorradtank mit flüssigem Wasserstoff zu füllen. Ein fahrfähiger Demonstrator soll das schon im kommenden Jahr unter Beweis stellen.
Mit technischen Daten des „Hydrocycle“ halten sich die Partner in dem Wasserstoff-Projekt wohlweislich noch zurück. Und bislang existieren von dem Elektro-Motorrad nur Computerzeichnungen. Immerhin verfügt die CVUT, die Technische Universität von Prag, bereits über Erfahrungen im Bau von Motorrädern mit alternativen Antrieben, die sie auch schon in Rennserien eingesetzt hat. Und die mittelständische, auf Wärmetauscher spezialisierte WätaS aus Olbernhau im Erzgebirge – ganz nahe der Grenze zu Tschechien – hat eine kompakte PEM-Brennstoffzelle für Mobilitätsanwendungen entwickelt, die mit 1 kW Leistung im Motorrad zur Anwendung kommen soll. Wobei die Integration der Brennstoffzelle in den Rahmen eines Motorrads sicherlich noch eine große Herausforderung ist.
„Inspiration für die Zukunft“
Aber der Ehrgeiz des Konsortiums zielt nicht darauf, ein serienreifes Brennstoffzellen-Motorrad zu entwickeln, sondern eine „Inspiration für die Mobilität der Zukunft“ und das bevorstehende Wasserstoffzeitalter zu schaffen. „Die EU-Vorgaben“, heißt es in einer Pressemitteilung des IWU, „sehen ab 2030 für Wasserstoff aus erneuerbaren Energien auch im Verkehrssektor eine tragende Rolle vor, damit die Union 2050 klimaneutral wird.“ Zudem gibt es einen Fördertopf der EU sowie des Landes Sachsen für die Finanzierung von grenzüberschreitenden Verbundprojekten im Bereich der nachhaltigen Mobilität – da passt das Hydrocycle perfekt rein.
Und wer weiß: Vielleicht lassen sich die Ergebnisse aus dem Projekt ja später an einen der großen Motorradhersteller verkaufen: BMW und der indische Zweiradhersteller TVS – dem unter anderem die Motorradmarke Norton gehört – arbeiten an einem elektrischen Motorroller mit Wasserstoff-Brennstoffzelle. Und der chinesische Tech-Konzern Xiaomi wollte mit dem Segway Apex H2 eigentlich schon im vergangenen Jahr ein 60 kW Elektromotorrad mit Brennstoffzelle auf den Markt bringen. Die Zukunft lässt aber auch hier noch auf sich warten.