Damit kommen wir zum nächsten Thema, ihren Swap-Stations, diesen Wechselstationen, in denen der NIO-Fahrer vollautomatisch in nur gut drei Minuten eine vollgeladene Batterie eintauschen kann. Wie steht es denn aktuell mit der Kapazität dieser Wechselstationen?

Jede Station hat einen Vorrat von 13 Batterien, damit wären 312 Wechselvorgänge pro Tag möglich. Und das ist in diesem Fall nur die Kapazität einer einzigen Batterie-Swap-Station.

Was kostet so eine Swap-Station? Eine Wasserstoff-Tankstelle verlangt je nach Ausführung zwischen ein bis zwei Millionen Euro, und so ein paar Ladesäulen für Elektroautos kosten je nach Ausführung von 5000 bis 50.000 Euro.

Wir liegen in etwa dazwischen, kann ich ihnen sagen. Und wir arbeiten seit der Einführung unserer ersten Swap-Stations ständig an der Kostenoptimierung. Weil wir hier ja schließlich die Investoren sind.

Batterie-Wechselstation 
In derzeit fünf, schon bald drei Minuten wird der leere Akku des Elektroautos gegen einen frischen getauscht. Auf Wunsch und für die Fernfahrt auch gegen eine Batterie mit einem größeren Fassungsvermögen.
Batterie-Wechselstation
In derzeit fünf, schon bald drei Minuten wird der leere Akku des Elektroautos gegen einen frischen getauscht. Auf Wunsch und für die Fernfahrt auch gegen eine Batterie mit einem größeren Fassungsvermögen.

Da muss am Ende ja auch Geld für NIO übrigbleiben, oder?

Nein, sehen wir nicht unbedingt als ein Business-Case, mit dem man vorrangig Geld verdienen muss. Das ist bei NIO sekundär. Die Batterie Swap-Ladelösung und unseren anderen Ladeeangebote vom Homecharger bis zur Supercharger-Station dienen eigentlich nur dazu, unseren Usern bei der Nutzung mehr Spaß und mehr Komfort zu geben. Trotzdem haben wir seit April 2020 das Tempo des Ausbaus unseres Charging-Networks stark beschleunigt.

Wie viele Swap-Stationen betreibt NIO inzwischen?

Aktuell sind es in China 915 Stationen. Davon stehen allein 241 an unseren Autobahnen. An denen haben wir übrigens auch 785 Supercharger-Stationen installiert. So, und weltweit wollen wir bis zum Ende dieses Jahres bereits 1300 Wechselstationen haben.

Läuft das bei uns in Deutschland auch in einer Kooperation mit Shell?

Das ist eine weltweite Kooperation, und die wird sich nicht nur auf Shell beschränken. In China zum Beispiel arbeiten wir mit Sinopec zusammen, das Unternehmen ist zehnmal größer als Shell. Das ist weltweit der größte Ölkonzern, die haben im letzten Jahr mit NIO ingesamt 162 Supercharger-Stationen und Swap-Stations errichtet.

Wo wird es denn die ersten Swap-Stations bei uns in Deutschland geben?

Dazu kann ich ihnen nur sagen, dass unser Team bereits an mehreren Geschäftsstandorten arbeitet. Wir werden das zeitnah kommunizieren.

Wir vermuten mal, die Philosophie dabei ist ähnlich wie in Norwegen. Dass man schlicht die großen Städte und die Hauptrouten bedienen muss, richtig?

Wir werden uns auch hier an den Bedürfnissen unserer User orientieren. Im Deutschland könnte man Swap-Stationen in Hamburg, Frankfurt und Berlin errichten. Ja, von der Infrastruktur her können Sie sich das ähnlich wie in Norwegen vorstellen. Und klar, wir haben schon längst unsere Analysen über die Hauptreiserouten der Deutschen gemacht.

„Wir können die im Außenformat standardisierten Batterien vollautomatisch in drei Minuten wechseln.“

Wie haben Sie das eigentlich im Riesenland China strukturiert?

Wir haben drei horizontale Adern, die China von West nach Ost verbinden, definiert, dazu fünf vertikale Adern, die den Norden mit dem Süden verbinden. Und dann haben wir mit der Landeskarte quasi wie ein Verkehrsminister gearbeitet. Zusätzlich haben wir fünf der großen Metropolen-Gebiete für Swap-Stations fixiert — die um Shanghai, Peking, Shenzhen, Guangzhou und Chengdu. Unser Fokus war, die richtigen Reiserouten zu finden. In München könnte das die Verbindung zum Gardasee sein, in Hamburg auch Routen in die nordischen Länder. In China funktioniert das jedenfalls bestens.

Sind die Preise für den Batteriewechsel an den Swap-Stations bei uns dann ähnlich wie in Norwegen? Also zum Beispiel Einzel-Ladepreise zwischen 51 und 67 Euro für 75- und 100-kWh-Akkus sowie Monatsraten zwischen 146 und 209 Euro?

Im Prinzip ja, aber es wird von Land zu Land einige Anpassungen geben. Sie können aber davon ausgehen, dass das ebenso attraktive Preise sein werden.

Das Thema der Batterie-Wechselstationen gab es ja früher schon mal, ist dann aber dramatisch gescheitert.

Ja, ich erinnere mich. Better Place von Agassi zwischen 2007 bis 2013. Das war erstens zu früh, damals war die Elektrifizierung der Branche einfach nicht soweit. Zweitens war Better Place kein Autobauer, sondern von anderen Autoherstellern abhängig. Und damals, Sie erinnern sich, war nur Renault halbwegs interessiert. NIO dagegen ist selbst ein Autobauer. Und was wir jetzt der Welt bewiesen haben, ist: Es kann funktionieren. Wir können mit unseren Autos die im Außenformat standardisierten Batterien vollautomatisch in drei Minuten wechseln.

NIO sieht also eine sichere Zukunft in den Swap-Stationen?

Ja, wir erleichtern so schließlich das Laden für unsere User. Und verbessern unsere Technologie quasi im Zeitraffer. So gehören die norwegischen Swap-Stationen bereits zur Generation zwei. Generation eins, die es es seit November 2018 gab, hatte nur eine Kapazität von fünf Batterie-Paketen. Jetzt sind es schon 13. Und wir arbeiten auch schon an Stationen, die ohne einen helfenden Betreuer auskommen. In Norwegen haben wir immer noch einen Techniker dabei, weil sich viele User mit den Stationen noch nicht auskennen. Ängstlich zum ersten Mal wechseln. Das geht zwar alles vollautomatisch, aber manch einer möchte da am liebsten noch ein bisschen selber lenken.

Zurück zu den Autos. Was kommt nach dem ET7 nach Deutschland? Die etwas kleinere Mittelklasse-Limousine ET5, die ebenfalls über 1000 Kilometer Reichweite haben soll?

Das kann ich für den europäischen Markt noch nicht exakt sagen. Klar, der ET7 kommt zuerst. Und den ET5 haben wir in China schon Ende Dezember vorgestellt – und werden in vierten Quartal dieses Jahres mit den ersten Auslieferungen für die chinesischen Kunden beginnen. Das ist dann übrigens das erste Auto aus unserer neuen, zweiten Fabrik. Und natürlich werden Sie dieses Elektroauto auch in Deutschland sehen.

Funktioniert diese AR/VR-Datenbrille des ET5 tatsächlich, mit der wir bei einer Fahrpause dann sogar Filme oder Videos in virtuellem Großformat gucken können?

Ja klar. Das gehört zum sogenannten PanoCinema, das wir als eigene Marke haben registrieren lassen. Das werden wir in China schon zum Start anbieten können. Und das wird es später auch auf den europäischen Märkten geben.

Im dritten und letzten Teil des Interviews geht es um NOMI, Tesla und Tempo.

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