Nissan will, muss zurück in die Erfolgsspur. Mit Sportwagen wie dem 350 Z, dem SUV Qashqai und vor allem dem Leaf – dem ersten in Serie gefertigten Elektroauto – mischten die Japaner die Autoszene einst auf, speziell in Europa. Nur um dann zur Jahrhundertwende ins automobile Niemandsland abzustürzen. Im vergangenen Jahr wurden in Europa nur noch 307.000 Autos der Marke abgesetzt – nach knapp 580.000 Einheiten in 2017.

Bei kaum einem anderen Auto wird das so offensichtlich wie beim Micra, der in den frühen 1980ern zum Zweitwagenliebling vieler Frauen wurde und von dem Nissan 2004 noch rund 165.000 Exemplare in Europa absetzen konnte. Doch nach einigen Designirrungen und Globalisierungsversuchen verschwand der Kleinwagen 2022 nach fünf Generationen sang- und klanglos von der Bildfläche. Anfang 2026 kommt er nun zurück – als Batterieauto im hübschen Gewand und mit technischer Unterstützung des französischen Kooperationspartners Renault: Technisch ist der Micra VI ein Renault 5 im schmucken Nissan-Design.

Das Runde muss ins Eckige 
Große runde LED-Leuchten vorne wie hinten sollten für einen hohen Wiedererkennungswert im nächtlichen Stadtverkehr sorgen.
Das Runde muss ins Eckige
Große runde LED-Leuchten vorne wie hinten sollten für einen hohen Wiedererkennungswert im nächtlichen Stadtverkehr sorgen.

Ausgestellte Kotflügelbacken, Fondtüren, die sich kaum als solche erkennen lassen, markige Leuchten vorne wie hinten sowie stämmige Räder im 18-Zoll-Format: Das alles kennzeichnet nicht allein den elektrischen Renault 5, sondern auch den Nissan Micra. Mit groß aufgerissenen Scheinwerferaugen düst das neue Elektromobil in die betont urbane Welt hinaus, ohne nicht mit einer Vielzahl von sogenannten „Easter Eggs“ (versteckten Design-Späße wie einer Fujiama-Darstellung in der Türverkleidung) auf die Heimat der Marke hinweisen zu wollen und sich so von seinem Plattformgeber zu differenzieren. „Das Design der sechsten Generation des Nissan Micra feiert all jene Werte, die das Modell so beliebt gemacht haben. Das Äußere wirkt auf den ersten Blick kühn und verspielt, verleiht dem Fahrzeug aber eine solide Präsenz auf der Straße“, sagt Giovanny Arroba, Vizepräsident von Nissan Design Europe.

Renault liefert Plattform und Antrieb

Ist die Optik der Karosserie allenfalls an der R5 angelehnt, sieht das im Innenraum und bei der Technik ganz anders aus. Plattform und Antrieb des 3,97 Meter langen Micra sind mit dem des Renault 5 absolut identisch. So hat der Kunde die Wahl, ob der 90 kW (122 PS) starke Elektroantrieb in Kombination mit einem 40 kWh großen Batteriepaket für eine Reichweite von 310 Kilometern reicht – oder es eine stärkere Version sein soll. Alternativ gibt es einen 52-kWh-Akku in Kombination mit einem 110 kW starken Elektromotor an der Vorderachse, der im über 1,5 Tonnen schweren Kleinwagen echten Fahrspaß verbreitet.

Perfekt für Linksverkehre 
Die Silhouette des Micra ist identisch mit dem Renault 5, die Platzierung der Ladebuchse vorne links auch.  Ebenso wie die Ladeleistung, die an der mit Wechselstrom betriebenen Wallbox 11 kW, am mit Gleichstrom betriebenen HighPower-Charger 100 kW beträgt.
Perfekt für Linksverkehre
Die Silhouette des Micra ist identisch mit dem Renault 5, die Platzierung der Ladebuchse vorne links auch. Ebenso wie die Ladeleistung, die an der mit Wechselstrom betriebenen Wallbox 11 kW, am mit Gleichstrom betriebenen HighPower-Charger 100 kW beträgt.

Ein maximales Drehmoment von 245 Nm klingt wenig imposant. Der Antrieb sorgt allerdings für eine muntere Beschleunigung. In engen Kurven scharren die Vorderräder sogar auf dem rauen Asphalt. Die Reichweite, die Nissan mit knapp über 400 Kilometer angibt, dürfte sich in der kalten Jahreszeit auf etwa 350 Kilometer reduzieren. Und dann wird es mit einer maximalen Ladeleistung von 100 kW (sogar nur 80 kWh beim kleinen 40-kWh-Batteriepaket) schon einmal zäh auf längeren Strecken. Da ist es nur schwacher Trost, dass die Konkurrenz von MG, Stellantis oder Mini nicht schneller den Strom aus dem Netz zieht. Aber konzipiert ist der Micra – wie das Schwestermodell – eher für den Regionalverkehr. Da reicht auch die Höchstgeschwindigkeit von 150 km/h auf der Autobahn völlig aus.

Basispreis um die 27.000 Euro

Die 18-Zöller sehen nicht nur gut aus und lassen den Franko-Japaner, der zusammen mit dem R5 und dem Renault Megane E-Tech im nordfranzösischen Douai vom Band läuft, auch ohne entsprechende Motorleistung wirklich sportlich wirken. Zudem unterstützen sie das gute Fahrverhalten. Mit dem schweren Akkupaket zwischen den Achsen geht es Dank der AMPR-Small-Plattform betont straff zu, während die Lenkung sich so direkt präsentiert, wie man es in dieser Klasse sonst zumeist nur von einem Mini kennt.

Vive la France 
Im Innenraum haben sich die Nissan-Designer nicht viel Mühe gegeben, den Micro vom R5 zu differenzieren. Ein paar Farbakzente und leicht modifizierte Oberflächen mussten genügen. Was kein Nachteil sein muss. Fotos: Nissan
Vive la France
Im Innenraum haben sich die Nissan-Designer nicht viel Mühe gegeben, den Micro vom R5 zu differenzieren. Ein paar Farbakzente und leicht modifizierte Oberflächen mussten genügen. Was kein Nachteil sein muss. Fotos: Nissan

Über den Knopf am Steuer lassen sich mit Unterstützung der beiden bis zehn Zoll großen Instrumente die verschiedene Fahrmodi wechseln, die sich durchaus spürbar unterscheiden. Gefallen können bei flotter Fahrt die niedrigen Wankbewegungen und eine Bremse, die nicht allein durch die veränderte Rekuperation hält, was sie verspricht. Das Platzangebot vorne ist gut. Hinten können allerdings kaum mehr als Kleinkinder oder der trendige Modepudel Platz nehmen, während der Kofferraum üppiger dimensioniert ist.

Verkaufsstart ist Ende des Jahres und auch wenn sich Nissan hier noch bedeckt hält: Auch der Preis dürfte sehr nahe an dem des Renault liegt. nicht über denen des Zwillingsbruders liegen. In Großbritannien startet der Verkehr des Elektro-Zwergs am 1. September. Dort werden für die Basisversion 22.995 Pfund, umgerechnet also 26.500 Euro aufgerufen. Die Top-Ausstattung „Evolve“ mit großem Akku und stärkerem Motor kostet 29.865 Pfund, das wären 34.375 Euro. Auf der Insel sind die Preise damit identisch mit denen von Renault. Was bedeutet das für Deutschland? Hier betragen die Preise für den R5 aktuell 27.900 Euro („Evolution Urban Range“) bzw. 35.900 Euro für das Topmodell „Roland Garros“. Das dürften gute Orientierungspunkte sein.

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