Mit dem „Laubfrosch“ trat Opel 1924 erstmals so etwas wie eine grüne Welle los: Der Opel 4/12 PS, wie das Modell offiziell hieß, war das erste Auto in Deutschland, das am Fließband produziert wurde, hocheffizient und kostengünstig: Erhältlich war der Wagen ausschließlich mit grüner Lackierung, Extras ab Werk gab es praktisch keine. Und wohl um Entwicklungskosten zu sparen, hatten die Opel-Designer kurzerhand ein damals sehr populäres Auto des französischen Herstellers Citroën abgekupfert. Dem Erfolg tat das keinen Abbruch: Dank eines günstigen Preises von anfangs 4500, später nur noch 2950 Goldmark wurde der „Laubfrosch“ mit über 100.000 produzierten Einheiten zum erfolgreichsten Auto der damaligen Zeit in Deutschland – und Opel hierzulande zum ersten Großserienhersteller.

Ein ähnlicher Erfolgsbringer soll knapp 100 Jahre später der neuen Opel Mokka werden, der jetzt (22. September) in Rüsselsheim vorgestellt wurde. Und wieder hofft das deutsche Traditionsunternehmen eine grüne Welle lostreten zu können: Mit der Elektrovariante des kleinen City-SUV, den die Marketingstrategen sicher nicht ganz zufällig in der Farbe „Matcha Grün“ an den Start schieben.

Es ist nach dem Corsa-e bereits das zweite vollelektrische Modell der Hessen und das erste, das von Anfang an auch als Stromer erhältlich ist. Zu einem Basispreis von 32.990 Euro, der sich noch bis Ende kommenden Jahres durch den Umweltbonus auf 23.420 Euro verringert. Ein deutscher Facharbeiter muss dafür heute im Schnitt etwa fünf Monatslöhne aufbringen – 1924 musste er dafür laut Statistischem Bundesamt theoretisch bis zu sieben Monate lang schuften. Der „Laubfrosch 2.0“ wäre somit rein rechnerisch sogar günstiger als das Vorkriegs-Modell.

Slider image

Die erste „grüne Welle“

Mit dem Opel „Laubfrosch“ leistete Opel 1924 einen wichtigen Beitrag zur Motorisierung der deutschen Bevölkerung: Eine Fließbandfertigung erlaubt es, den Zweisitzer zu volkstümlichen Preisen anzubieten. Dafür musste der Käufer Einschränkungen bei der Farbwahl hinnehmen: Es gab den Opel aus Kostengründen nur mit grüner Lackierung. Foto: Opel

Slider image

Opel Laubfrosch 2.0

Beim Mokka-e ist die Farbpalette größer: „Matcha-Grün“ ist nur die Startfarbe für den kompakten Stromer, der im kommenden Frühjahr in den Handel kommt. Zu Preisen in der Elektroversion von 32.990 Euro – vor Umweltbonus. Geladen wird Wechselstrom mit 11 kW, Gleichstrom mit bis zu 100 kW. Foto: Opel

Slider image

Jede Menge Platz

Bis zu 1060 Liter Volumen hat der Kofferraum des Mokka-e bei umgelegter Rücksitzbank. Zusätzlicher Stauraum findet sich unter dem Ladeboden.

Slider image

Plattform-Strategie

Die Common Modular-Platform (CMP) des PSA-Konzerns spart Entwicklungskosten und ermöglicht günstige Verkaufspreise. Der Opel-Mokka-e teilt sich diese unter anderem mit dem Corsa-e, dem Peugeot 208 oder auch dem DS 3 Crossback e-tense. Foto: Opel

Slider image

Pure Panel

Zwei Breitbild-Monitore kombiniert das „Pure Panel“ genannte Cockpit im Mokka zu einem riesigen Informationsdisplay. Der Fahrer soll allerdings nicht mit Informationen erschlagen werden: Die Opel-Designer haben die Darstellungen „entschlackt“, um die volle Aufmerksamkeit auf das Verkehrsgeschehen zu lenken. Foto: Opel

Slider image

Opel-Blitz im Fadenkreis

Charakteristisch für alle Opel-Modelle ist in Zukunft die Kombinationen von vertikalen und horizontalen Linien im „Gesicht“ des Autos: Fahrzeuggrill, LED-Scheinwerfer und der neugezeichnete Opel-Blitz werden zu einem markanten Gestaltungselement verschmolzen. Foto: Opel

Und abgekupfert werden musste diesmal gar nichts. Denn seit zwei Jahren gehört Opel zum französischen PSA-Konzern. Die Ingenieure konnten deshalb wie die heutige Schwestermarke Citroën auf die Common Modular-Plattform (CMP) des Mutterkonzerns zurückgreifen und allein dadurch schon mal einen Batzen Geld sparen. Und die Gestalter haben sich mächtig ins Zeug geworfen, um zwei Jahre nach der Fusion für Opel einen neuen „Design-Kompass“ zu entwickeln, der nun am neuen Mokka erstmals angewendet wird.

„Mit dem Mokka haben wir Opel quasi neu erfunden“, umschrieb es Opel-Chef Michael Lohscheller bei der Präsentation des neuen Fahrzeugs. Am deutlichsten wird dies an der Fahrzeugfront, die Anleihen, nein, nicht beim „Laubfrosch“, sondern beim Opel Manta A von 1975 nahm: Der Opel-Vizor (zu deutsch: Visier) ist klar gegliedert und eine Art Fadenkreuz, wie Deutschland-Chef Andreas Marx im Gespräch mit EDISON vor einem matcha-grünen Mokka-e erläutert: Im Opel-Blitz trifft sich die horizontalen Linien der Kühlermaske mit der scharfen „Bügelfalte“, die sich vertikal über die Fronthaube zieht. Mit „mutig und klar“ charakterisierte Designchef Mark Adams die neue Designsprache, die demnächst auch dem Grandland X und dem Astra der nächsten Generation ein neues Gesicht geben soll.

„Pure Panel“ für die „digitale Entschlackung“

Keine Verwechslungsgefahr mit den Modellen der französischen Schwestermarken Citroën, Peugeot und DS gibt es auch im Interieur. So spektakulär wie die Front ist auch das Cockpit, auf den die Insassen des Mokka blicken: Das „Pure Panel“ verbindet zwei bis zu 12 Zoll große Displays zu einem scheinbar freischwebenden Breitbild-Monitor, auf den alle relevanten Informationen gestochen scharf projiziert werden. Adams sprach von einer „digitalen Entschlackung“ und einer klaren Abgrenzung vom Information-Overkill, den andere Hersteller in ihren Fahrzeugen bieten. Die Aufmerksamkeit des Fahrers solle auf die Straße und das Straßengeschehen gelenkt, nicht auf die neue Nachricht im Postfach oder einen neuen Tweet in den sozialen Medien.

Nichts Neues gibt es hingegen beim Antrieb. Der Mokka-e teilt die Batterie und den 100 kW (136 PS) starken Frontantrieb des Corsa-e, kommt somit mit den annähernd gleichen Fahrleistungen daher wie der kleine Bruder: Der Stromspeicher mit einer Kapazität von 50 Kilowattstunden trägt den Stromer im Alltagsbetrieb (ohne allzu große Autobahn-Anteile) bis zu 324 Kilometer weit, der Sprint auf Tempo 100 soll in neun Sekunden gelingen. Serienmäßig verfügt der Wagen über einen dreiphasigen Onboard-Lader mit 11 kW Leistung, an Schnellladesäulen wird über die CCS-Schnittstelle mit 100 kW geladen. Und natürlich hat auch der Mokka-e eine ganze Armada von Assistenzsystemen an Bord. Es gibt auf Wunsch Sitze mit Massagefunktion und eine passende Wallbox für die Garage, aber im Unterschied zu den Versionen mit Verbrennungsmotor für den Stromer keine Anhängerkupplung: Der Bauraum dafür war angeblich nicht vorhanden.

Auf einen Mokka
…mit Opel-Chef Michael Lohscheller

Nun denn. Dem Verkaufserfolg des Mokka-e, der im Frühjahr 2021 zu den Händlern rollt, dürfte dies keinen Abbruch tun. Lohscheller rechnet für den in Frankreich produzierten Mokka mit einem Elektroanteil von wenigstens 30 Prozent – ähnlich wie derzeit schon beim Corsa-e. Und was ihm – ebenso wie Konzernchef Carlos Tavares in Paris – wichtig ist: Auch an der Elektroversion werde das Unternehmen ordentlich Geld verdienen. VW-Chef Herbert Diess hatte kürzlich einräumen müssen, mit jedem verkauften e-Up und e-Golf einen „negativen Deckungsbeitrag“ von bis zu 5000 Euro zu erzielen. Lohscheller: „Das könnten wir uns nie erlauben.“ Das Unternehmen habe in den zwei zurückliegenden Geschäftsjahren einen Gewinn von rund zwei Milliarden Euro eingefahren und auch im ersten Halbjahr 2020 trotz Corona mit 111 Millionen Euro zum Konzernergebnis beigetragen. Lohscheller: „So soll es weiter gehen.“ Auf dass aus der grünen Welle keine rote Flut wird.

Artikel teilen

Kommentar absenden

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert