Der Nachwuchs von Opel-Chef Hochgeschurtz hat schon mal den Finger gehoben. Im nächsten Jahr, wenn der Rocks-e auch in größeren Stückzahlen verfügbar ist und die Prürfungen für den Führerschein der Klasse AM (für leichte vierrädrige Kraftfahrzeuge der Klasse L6e nach Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe f der Verordnung Nr. 168/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2013 über die Genehmigung und Marktüberwachung von zwei- oder dreirädrigen und vierrädrigen Fahrzeugen) hoffentlich bestanden sind, hätte er gerne ein solches Fahrzeug vor die Türe gestellt.

Der Fahrer in Diensten von Opel sieht das „Ding“ schon etwas kritischer. Ob er so etwas kaufen würde? Ganz sicher nicht. Das habe doch mit einem Auto überhaupt nichts zu tun. Und wer erst einmal in einem Auto gesessen habe. werde sich so etwas wie den Rocks-e nicht freiwillig antun – Elektroantrieb und günstiger Preis hin oder her.

Minicar zum Preis eines guten E-Bikes

Ob man den kleinen Opel ins Herz schließt oder nicht, hängt also ganz von der persönlichen Mobilitäts-Historie ab: Wer vorher überwiegend zu Fuß, mit dem Fahrrad oder dem Öffentlichen Nahverkehr ans Ziel kam, wird sich freuen, auf das vollelektrische Playmobil umsteigen und fortan geschützt von Unterwettern und potenziell virentragenden Mitreisenden mobil sein zu können. Und das zu einem Preis, der nicht weit entfernt ist von dem, was heutzutage für ein gut ausgestattetes E-Bike verlangt wird – der neue kleine Opel kostet in der Basisversion lediglich 7990 Euro. In den farbenfrohen und voll vernetzten Versionen Klub und TeKno werden 800 Euro mehr fällig.

Zurück in die Zukunft?
Der Rocks-e ist einer der Beiträge Opels zur Demokratisierung der Elektromobilität. Manchen dürfte das Mini-Fahrzeug auf den ersten Blick aber wie eine Lachnummer vorkommen - und Erinnerungen an "Leukoplast-Bomber" aus den 1950er Jahren wecken.
Zurück in die Zukunft?
Der Rocks-e ist einer der Beiträge Opels zur Demokratisierung der Elektromobilität. Manchen dürfte das Mini-Fahrzeug auf den ersten Blick aber wie eine Lachnummer vorkommen – und Erinnerungen an „Leukoplast-Bomber“ aus den 1950er Jahren wecken.

Andere hingegen mit längerer Automobil-Historie werden in dem vierrädrigen, 2,41 Meter langen und auf eine Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h beschränkten Zweisitzer, mit dem Opel ab Jahresende seine Produktfamilie nach unten abrunden will, eher als Spielzeug betrachten – oder als für das von Umweltschützern angedrohte Verzichtsmobil.

Bei 45 km/h ist Schluss

Insofern löst die erste Sitzprobe im ersten Microcar von Opel, das es über die Konzeptphase hinaus in die Serie schafft, beim Autor eher zwiespältige Gefühle aus. Dabei hat der schon einschlägige Test-Erfahrungen mit dem ebenfalls zweisitzigen, 2,34 Meter langen Renault Twizy sammeln können, im Stadtverkehr, mit einer 12,6 kW (16 PS) starken Version für eine Spitzengeschwindigkeit von 75 km/h sogar auf der Autobahn.

In Erinnerung bleib ein winzig kleiner Wendekreis, das sichere Gefühl, für das Wägelchen überall und jederzeit einen Parkplatz zu finden – und eine kräftige Erkältung. Denn der Twizy wurde damals von Renault zum spätsommerlichen Test ohne Steckscheiben ausgeliefert. Und eine Heizung gab es nur für die Frontscheibe, nicht aber für den Fahrer.

Platz für zwei Menschen und ihr Bordgepäck
 Einen speziellen Kofferraum hat der opel Rocks-e nicht. Ersatzweise gibt es reichlich Ablageflächen - vor dem Beifahrer. Foto: Opel
Platz für zwei Menschen und ihr Bordgepäck
Einen speziellen Kofferraum hat der opel Rocks-e nicht. Ersatzweise gibt es reichlich Ablageflächen – vor dem Beifahrer. Foto: Opel

Insofern ist der Opel Rocks-e – oder der Ami, wie der kleine, in Marokko gefertigte Stromer bei der Konzernschwester Citroen heißt, schon ein echter Fortschritt. Scheiben ringsum sind ebenso serienmäßig wie eine Heizung. Und die Insassen sitzen nicht wie im Twizy hintereinander auf einer kaum gepolsterten Bank, sondern bebeneinander – auf kaum gepolsterten Sitzen mit harten Kopfstützen im Nacken. Und während der Preis des Twizy von ursprünglich 6990 Euro für die Version 45 km/h aus kaum nachvollziehbaren Gründen auf 11.450 Euro geschnellt ist (die Version 80 von 7.990 Euro, wobei die halbhohen, fensterlosen Flügeltüren noch einmal mit 590 Euro berechnet werden), wird der Citroen Ami in Frankreich bereits für 6.990 Euro angeboten. Selbst mit allerlei Schnickschnack in der Version Vibe sind es nicht mehr als 8.449 Euro.

Citroën Ami überlässt Opel Rocks-e den deutschen Markt

Viel teuer dürfte der baugleiche Opel Rocks-e in Deutschland nicht kommen – eigentlich. Aber entgegen der ursprünglichen Planung wird der Ami hierzulande nun doch nicht angeboten: Die Strategen in der Stellantis-Zentrale in Paris haben Frankreich, Italien und Spanien, wohl auch Belgien zu Ami-Ländern erklärt – dafür kriegt Opel in Deutschland freie Hand, den Rocks-e exklusiv zu vermarkten. Das gibt den Vermarktern von Opel ein wenig Spielraum bei der Preisgestaltung. Aber „in jedem Fall“ werde der Preis vierstellig bleiben, versichert Produktmanager Keanu Eftekhari. Genaueres will man demnächst bekannt geben.

Ladekabel im Türrahmen 
Der Akku des Opel Rocks-e lässt sich über Nacht porblemlos an jeder Haushaltssteckdose aufladen. Auf eine Kabelaufwicklung wie bei Bodenstaubsaugern musste aus Gewichtsgründen (leider) verzichtet werden. Fotos: Opel
Ladekabel im Türrahmen
Der Akku des Opel Rocks-e lässt sich über Nacht porblemlos an jeder Haushaltssteckdose aufladen. Auf eine Kabelaufwicklung wie bei Bodenstaubsaugern musste aus Gewichtsgründen (leider) verzichtet werden. Fotos: Opel

Technisch sind die aus nicht einmal 250 Teilen gefertigten Citroen Ami und Opel Rocks-e absolut ideutsch: Beide verfügen über den gleichen Antrieb und die gleichen Skurillitäten wie die Türen, die sich in unterschiedliche Richtung öffnen – mal nach vorn, mal nach hinten. Denn die mit eingefärbtem Kunststoff beplankten Türen sind baugleich, was Produktionskosten spart. Ebenso wie die Schlaufen als Zuziehhilfe – na ja, beim Porsche 911 RS kosteten die damals kräftig Aufpreis. Das Ladekabel ist wie bei einem Bodenstaubsauger verbaut. Ein Aufrollmechanismus wurde weniger aus Kosten- als aus Gewichtsgründen gespart: Das Leergewicht eines Fahrzeugs der Fliegengewichts-Klasse 6Le darf ohne Akku maximal 425 Kilogramm auf die Waage stemmen – die Basisversion des Opel Rocks-e kommt aber schon auf 415 Kilogramm.

Maximal 75 Kilometer Reichweite

Wohl aus dem Grund gibt es auch weder Radio, Lautsprecher noch Navigationssystem – die hat der Fahrer in Gestalt seines Smartphones gefälligst selbst mitzubringen. Dafür gibt es reichlich Kopf- und Knieraum, vor dem Beifahrerplatz auch genügend Stauraum für Gepäck oder Einkäufe. Auch deshalb, weil – na klar, aus Gewichtsgründen – an Dämmstoffen und Verkleidungsmaterialien kräftig gespart wurde. Lenkstange und Pedalerie liegen deshalb weitgehend frei, was Arbeiten daran deutlich erleichtern dürfte.

Große Reisen wird der Rocks-e ohnehin nicht machen. Der Akku unter dem Beifahrersitz speichert maximal 5,5 Kilowattstunden (kWh). Zum Vergleich: Die im Opel Corsa-e ist 50 kWh groß. Entsprechend gering ist die Reichweite: Spätestens nach 75 Kilometern muss der Elektrowürfel an eine Haushaltssteckdose, wo er per Schukostecker mit einer Ladeleistung von maximal 2 kW Strom ziehen kann. Alternativ und gegen Aufpreis wird es auch einen Adapter geben, um auch öffentliche Ladesäulen über einen Typ2-/Mennekes-Stecker anzapfen zu können. Die Ladeleistung wird dadurch allerdings nicht größer.

Perfekte Alternative zum Auto in der Stadt

Fazit: Die Sitzprobe in Rüsselsheim lässt den Autor ziemlich ratlos zurück. Ist das noch ein echter Opel? Logos mit dem ikonischen Opel-Blitz finden sich reichlich am Rocks-e. Auch für den neuen Opel „Vizor“ haben die Designer Am Blitz-Logo Und vor allem: Sieht so das perfekte Vehikel für die verkehrsberuhigte Stadt von morgen aus?

Wie wir inzwischen wissen, ist das Auto heutiger Mach- und Bauart in der Stdt weitgehend fehl am Platz. Sinn macht es nur auf längeren Distanzen und in dünn besiedelten Gebieten. In der Stadt hingegen nimmt es zu viel Platz ein – 65 Quadratmeter selbst bei Tempo 30 und einer Besetzung mit 1,4 Personen, hat ein schlauer Kopf ausgerechnet. Der Parkraum, den ein konvnetionelles Auto benötigt, ist da noch gar nicht eingerechnet.

Und auch in punkto Energieeffizienz schneidet es schlecht ab: Es ist das Verkehrsmittel mit dem höchsten Primärenergieverbrauch und Treibhauspotenzial. Selbst die Umstellung auf einen batterielektrischen Antrieb ändert daran wenig, wie die jüngsten Zahlen des Bundesumweltamtes belegen.

Klappfenster und gegenläufig öffnende Türen 
Aus der Not zum Sparen haben die Entwickler des Minicar eine stylishe Tugend gemacht. Statt Lack gibt es eingefärbte Kunststoffplanken, die an einer Gitterrohrkonstruktion befestigt sind. Das erleichtert auch Reparaturen und ist mithin nachhaltig.
Klappfenster und gegenläufig öffnende Türen
Aus der Not zum Sparen haben die Entwickler des Minicar eine stylishe Tugend gemacht. Statt Lack gibt es eingefärbte Kunststoffplanken, die an einer Gitterrohrkonstruktion befestigt sind. Das erleichtert auch Reparaturen und ist mithin nachhaltig.

Insofern könnte ein Leichtkraftfahrzeug vom Typ Rocks-e eine Verkehrslösung für den Tag sein, an dem sich die Großstädte entscheiden, die (weitgehend) autofreie City zu realisieren, um Radfahrern und Fußgängern wieder mehr Raum zu geben. Für eine Belegung mit 1,4 Personen und ein wenig Handgepäck, für Fahrten allein im Stadtgebiet ist der Elektro-Würfel das ideale Zweit- oder Drittfahrzeug. Und auf dem Land dürften sich speziell die Vertreter der Grandparents-for-Future-Bewegung freuen, endlich eine klimagerechte und ressourcenschonende Alternative zu den Leichtautos mit Zweizylinder-Dieselmaschine zu bekommen, mit denen viele Kleinserienhersteller Mobilität im Alter versprechen. Auch für Pizza- und Pflegedienste kann der neue Opel interessant sein – zeigt es doch eine Möglichkeit auf, sich auch fürderhin in autofreien Innenstädten zu bewegen. Opel sollte das möglichst bald mit dem neuen Berliner Senat klären – in der Hauptstadt zeichnet sich ein riesiger Markt für den Rocks-e ab.

Bestellbar ist der elektrische Zauberwürfel übrigens schon jetzt im Opel-Store im Internet. In der Version TeKno wird er schon ab Mitte Dezember ausgeliefert, auf die beiden anderen Varianten muss man noch bis Ende März warten. Bis dahin sollte auch entschieden sein, ob SUM-Käufern in den Genuss einer Innovationsprämie kommen: Die noch amtierende Bundesregierung hatte einen Zuschuss zu Leichtfahreugen in Höhe von 500 Euro geplant.

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2 Kommentare

  1. Herwig

    Das größte Problem dieser Fahrzeugklasse ist die höchstzlässige Geschwindigkeit! So werden sie im Stadtverkehr verläßlich zum Ärgernis und Risikofaktor („provozieren“ Überholmanöver)!
    Und auch die Insassen haben wohl ständig ein mulmiges GefühlWenn Tempo 60 erlaubt wäre, könnten sie problemlos mit den Großen mithalten und die Situation wäre entspannt.
    Ich denke, das ist (bei den Interessenten) das schärfste Argument GEGEN solche Fahrzeuge!

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    • Franz W. Rother

      Im Stadtverkehr wird in absehbarer Zukunft Tempo 30 Höchstgeschwindigkeit sein. Das sollte bedacht werden

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