Bei Nissan wissen sie, wie viele Deutschen ticken. Mit dem Slogan „Tankt Benzin, fährt elektrisch“, werben die Japaner derzeit für den neuen Nissan Qashqai e-Power. „Erleben Sie ein beeindruckendes elektrisches Fahrgefühl – ganz ohne Laden an der Ladesäule.“ Die Botschaft: Mit einem Hybridauto kann man sich an den Elektroantrieb herantasten – ohne sich Gedanken machen zu müssen, wo am Ende der Fahrt der Akku wieder aufgeladen werden kann. Mit einer ähnlichen Spin konnte Toyota im abgelaufenen Jahr viele Neukunden für seine Hybridautos gewinnen, die, so die Werbebotschaft, „die Vorteile der Elektromobilität mit der Unkompliziertheit der klassischen Tank-Infrastruktur“ vereinen.

Etwas Gutes für die Umwelt tun, ohne Gewohnheiten verändern zu müssen – so etwas zieht in Deutschland. Fahrzeuge mit Hybridantrieb waren 2024 hierzulande ein Verkaufsschlager. Über 850.000 Teilzeitstromer wurden in den ersten elf Monaten des Jahres neu zugelassen, das Gros davon (684.923) entfiel auf Fahrzeuge ohne Stecker. Aber auch Plug-in-Hybride – bei denen der verbaute Akku extern wieder aufgeladen werden kann – erlebten im abgelaufenen eine Renaissance.

Gefragte Kombination aus Hosenträger und Gürtel

Dabei war die Antriebstechnik, bei der eine Verbrennungsmaschine und ein Elektroantrieb gemeinsame Sache machen, eigentlich schon totgesagt: Eine „Kombination aus Hosenträger und Gürtel“, urteilte vor vier Jahren ein von manchen Medien zum „Autopapst“ gekürter Hochschulprofessor aus dem Ruhrgebiet, brauche man nicht. So kann man sich täuschen.

Was macht den Reiz des Hybridantriebs aus? Eines Autos, das mit einem Verbrennungsmotor immer noch in der fossilen Phase der Automobilgeschichte verhaftet ist und mit einer Elektromaschine die Fühler in die neue Zeit ausstreckt? Wir haben in den letzten Wochen drei dieser „Zwitterwesen“ getestet – den bereits erwähnten Nissan Qashqai e-Power sowie zwei nagelneue Plug-in Hybridautos von Kia und Mazda.

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Nissan Qashqai 1,5 VC e-Power FWD

Antrieb: Elektromotor mit 140 kW (190 PS ) Leistung;
1,5-Liter-Dreizylinder-Turbobenziner mit 116 kW (158 PS) als Stromgenerator;
Batterie-Kapazität: 1,8 kWh;
Verbrauch 100 km (WLTP): 5,1 Liter;
Fahrzeuggewicht: 1665 Kilogramm;
Länge/Breite (m. Spiegel)/Höhe (mm): 4425/2064/1625
Grundpreis: 42.850 Euro.

Bei allen drei handelt es sich um „Sport Utiliy Vehicles“ (SUVs) – die Fahrzeuggattung erfreut sich derzeit ebenfalls großer Beliebtheit. Auch wenn sie schon allein aufgrund von Größe und Gewicht das Bemühen konterkarieren, die vom Autoverkehr verursachten CO2-Emissionen deutlich zu reduzieren. Nachdem der Dieselmotor seit dem Skandal um manipulierte Abgaswerte praktisch geächtet ist, sind Hybridantriebe die günstigste Möglichkeit, derart große Fahrzeuge halbwegs klimaverträglich zu bewegen. Zumindest auf dem Papier.

Nissan fährt komplett elektrisch

Technisch ist der bereits erwähnte Nissan Qashqai e-Power sicherlich das interessanteste Fahrzeug – auch wenn er bei uns kein E im Kennzeichen tragen darf und deshalb keinerlei steuerliche Vorteile genießt. Dabei fährt er eigentlich komplett elektrisch: Angetrieben werden die Vorderräder von einem 140 kW starken Elektromotor mit einem maximalen Drehmoment von 330 Newtonmeter. Im Unterschied zu einem Batterieauto bezieht der Motor seine Antriebsenergie allerdings nicht direkt aus einem Hochvolt-Akku, sondern von einem Generator, der von einem Dreizylinder-Benziner mit variabler Verdichtung betrieben wird. Da der Benzinmotor ausschließlich für die Stromerzeugung genutzt wird, kann er niedertourig in seinem optimalen Drehzahlbereich laufen.

Ganz ohne Stecker
Der Nissan Qashqai e-Power hat keine Möglichkeit, seinen Akku an einer Ladestation aufzufüllen. Dafür ist der Generator an Bord da, der mit einem Dreizylinder-Benziner betrieben wird.
Ganz ohne Stecker
Der Nissan Qashqai e-Power hat keine Möglichkeit, seinen Akku an einer Ladestation aufzufüllen. Dafür ist der Generator an Bord da, der mit einem Dreizylinder-Benziner betrieben wird.

Das sorgt nicht nur für eine große Laufruhe, sondern auch für einen vergleichsweise sparsamen Betrieb: Während die lediglich leicht hybridisierte Ausführung des Nissan Qashqai mit einer Antriebsleistung von 116 kW (158 PS) im Schnitt sieben (Norm-)Liter Super auf 100 Kilometer verbraucht, kommt der Nissan in der e-Power-Version mit etwa fünf Litern aus. Und das nicht nur in der Theorie: Der Bestwert während des Alltagstests betrug 4,3 Liter/100 km. Nach längeren Autobahnfahrten wies der Bordcomputer auch schon einmal Werte von über sieben Litern auf – das sind in etwa die Durchschnittswerte, die „Spritmonitor“ für den mildhybriden Qashqai ausweist. Für den e-Power sind dort Durchschnittsverbräuche von 5,75 und 6,25 Liter/100 km aufgeführt – das spricht für eine Einsparung von ein bis zwei Litern durch das aufwendigere Antriebskonzept.

Ob das den Mehrpreis von 2700 Euro rechtfertigt, muss jeder selbst entscheiden. Was die Ausstattung und das Platzangebot anbetrifft, aber auch das Tankvolumen, sind die beiden Antriebsvarianten des jüngst überarbeiteten Nissan-Bestsellers gleich. Für die e-Power-Version sprechen eigentlich neben dem etwas geringeren Spritverbrauch nur der niedrigere Geräuschpegel und die – wegen des höheren Drehmoments – besseren Sprinteigenschaften. Dafür wird der Vorwärtsdrang auf der Autobahn schon bei 170 km/h gestoppt – die mildhybride Version kommt mit Schaltgetriebe immerhin über die Schwelle von 200 km/h.

Kia Sorento rückt an den EV9 heran

Ein Hybridauto mit wiederaufladbarem Akku hat Nissan derzeit nicht im Programm. Wer einen Plug-in-Hybrid im SUV-Gewand sucht, muss da auf andere Marken ausweichen. Kia aus Korea hat da mit dem Niro, Sportage und Sorento gleich drei Modelle in unterschiedlichen Dimensionen im Programm. Der Sorento ist da mit einer Länge von 4,81 Metern der Größte und einem Einstiegspreis von 53.690 Euro für die fünfsitzige Hybrid-Version (ohne Stecker) auch der Teuerste. Als Plug-in-Hybrid kostet der allradgetriebene Geländewagen mit fünf Sitzen wenigstens 59.640 Euro. Für unseren citrus-grünen Testwagen in der Top-Ausführung Platinum mit sechs Sitzen hätten und Panorama-Glasdach hätten wir 71.410 Euro aufbringen müssen – da wären wir wohl um eine Finanzierung nicht herumgekommen.

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Kia Sorento 1.6 T-GDI PHEV AWD

Antrieb: 1,6-Liter-Vierzylinder-Turbo-Benziner mit 132 kW (180 PS), Elektromotor mit 67 kW (91 PS) Leistung;
Systemleistung: 185 kW (252 PS);
Batteriekapazität: 13,8 kWh; Ladeleistung: 3,3 kW;
Elektrische Reichweite: 55 Km;
Verbrauch 100 km (WLTP): 1,6 Liter Super + 18,4 kWh;
Fahrzeuggewicht: 2015 Kilogramm;
Länge/Breite (m.Spiegel)/Höhe (mm): 4810/2170/1700
Basispreis: 68.140 Euro.

Der Gegenwert ist – verglichen mit dem Nissan Qashqai – allerdings beachtlich. Und das nicht nur auf dem Papier. Das Platzangebot des Familien- und Frauenautos von 2021 ist enorm, der Fahrkomfort mindestens eine Stufe höher anzusetzen – erst recht nach dem jüngsten Facelift, das die vierte Modellgeneration optisch näher an den vollelektrischen Kia EV9 heranrückte. Auch Armaturenbrett und Zentralkonsole erhielten im Zuge der Familienzusammenführung ein neues Design und größere Displays. Zudem wurden noch komfortablere Sitze montiert, die Heerschar der Assistenzsysteme vergrößert und das Fahrwerk überarbeitet, um das Fahrzeug noch komfortabler und agiler zu machen – davon profitiert vor allem der Plug-in-Hybrid, die mit einem Gewicht von über zwei Tonnen schwerste, aber auch stärkste Modellvariante.

Laden mit maximal 3,3 kW

Es reist sich wahrlich fürstlich in dem Kia Sorento. Was Knie- und Kopffreiheit, auch Kofferraumvolumen anbetrifft, herrscht gefühlt Gleichstand mit dem Kia EV9. Gewünscht hätten wir uns allerdings einen größeren Aktionsradius im Elektro-Modus: mehr als 50 Kilometer waren nur im Stadtverkehr möglich. Schon nach kurzen Abstechern in die Nachbarstadt musste der große Brummer an die Steckdose, wo er aufgrund einer mäßigen Ladeleistung von 3,3 kW dann auch länger verweilte als man es von einigen Wettbewerbern inzwischen gewohnt ist. Und als Unterstützung für den Verbrenner stand der Elektromotor bei Fahrten über Landstraße und Autobahn leider auch nur kurze Zeit zur Verfügung.

Das kann dauern 
205 Minuten dauert es, um den 13,8 kWh großen Akku des Kia Sorento mit maximal 3,3 kW an der heimischen Wallbox von 15 auf 95 Prozent zu befüllen. Eine Schnellladefunktion ist nicht vorgesehen.
Das kann dauern
205 Minuten dauert es, um den 13,8 kWh großen Akku des Kia Sorento mit maximal 3,3 kW an der heimischen Wallbox von 15 auf 95 Prozent zu befüllen. Eine Schnellladefunktion ist nicht vorgesehen.

Die Umschaltung auf den Sportmodus (in dem der dann doch sehr rauh klingende Vierzylinder-Motor im Nebenjob den Akku befüllt) haben wir uns nach dem Blick auf die Verbrauchsanzeige im Bordcomputer auch verkniffen. : Nachdem der Akku aufgrund eines durchschnittlichen Stromverbrauchs von 27,2 kWh/100 Kilometer geleert war, stieg der Spritkonsum auf einen Mittelwert von 7,8 Liter Super. Da wurde dann fast doppelt so viel Benzin verbrannt wie bei vollem Akku. Bei einem cW-Wert, der dem einer Küchenzeile nahe kommen dürfte, sind solche Werte allerdings kein Wunder.

Ein Sparwunder ist der Kia Sorento 1.6 T-GDI also nicht. Lohnt sich da der Aufpreis von 6000 Euro zur Hybridversion? Wohl eher, sagen sich die meisten Käufer des Modells – in der Verkaufsstatistik liegt die Version mit Stecker deutlich hinter der Version ohne Steckdose. Und auch noch hinter der Dieselversion. Wir würden ohnehin zum EV9 greifen – mit einem Preis von „nur“ 61.990 Euro mit 76,1 kWh-Akku und von 64.990 Euro für die Version mit einem 100 kWh großen Stromspeicher ist der Batterie-SUV vom ersten Kilometer an das wirtschaftlichere und auch insgesamt bessere Angebot. Das gilt auch für die Allradversion des EV9, die lediglich 850 Euro teurer ist als der teilzeitstromernde Sorento in Topausstattung.

CX80 PHEV: Mazdas neues Flaggschiff

Und wenn die Reichweitenangst doch größer ist als in den aktuellen Stand der Ladeinfrastruktur? Dann gäbe es für den Großfamilien immer noch den CX-80 PHEV – das aktuelle, serienmäßig siebensitzige Flaggschiff der Mazda-Modellpalette. Mit einer Länge von knapp fünf Metern noch einen Tick größer als der Kia Sorento, mit einem Basispreis von 55.350 Euro aber auch deutlich günstigere Alternativangebot. Die elektrische Reichweite ist aufgrund des leicht größeren Akkus und trotz des deutlich höheren Leergewichts immerhin um einige Kilometer größer, mit 61 Kilometer allerdings auch nicht üppig – da hätten wir uns deutlich mehr gewünscht.

Immerhin fallen die Aufenthalte an der Ladesäulen aufgrund einer maximalen Ladeleistung von 7,2 kW spürbar kürzer aus als mit dem Kia. Der angedeutete CCS-Anschluss hinter der Ladeklappe lässt zudem die Vermutung aufkommen, dass Mazda daran denkt, dem Akku in Zukunft noch höhere Ladeleistungen zuzumuten – andere Hersteller, insbesondere solche aus Deutschland, sind diesen Schritt schon gegangen.

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Mazda CX-80 e-Skyactiv PHEV AWD

Antrieb: 2,5 Liter-Vierzylinder-Saugmotor mit 141 kW (192 PS), Elektromotor mit 129 kW (175 PS) Leistung;
Systemleistung: 241 kW (327 PS) und 500 Nm Drehmoment;
Batteriekapazität: 17,8 kWh; max. Ladeleistung: 7,2 kW;
Elektrische Reichweite: 61 Kilometer.
Verbrauch 100 km (WLTP): 1,6 Liter Super + 23,9 kWh Strom
Fahrzeuggewicht: 2240 Kilogramm;
Länge/Breite (m. Spiegel)/Höhe (mm): 4995/2134/1710;
Grundpreis: 65.900 Euro.

Mit einer Antriebsleistung von 241 kW oder 327 PS ist der Mazda auch mehr als stattlich motorisiert. Hauptantrieb ist ein Vierzylinder-Benzindirekteinspritzer mit 2,5 Litern Hubraum und 192 PS (141 kW) Leistung, zu dem sich ein mit 129 kW recht kräftiger Elektromotor gesellt. Das Duo sorgt nicht nur für einen kräftigen Antrieb und eine Beschleunigung auf Tempo 100 in 6,8 Sekunden – der Kia braucht für die Beschleunigung exakt zwei Sekunden länger. Es lässt sich damit auch ganz entspannt reisen – auch dann noch, wenn der Akku in den Reserve-Modus geschaltet hat und den Benziner nicht mehr unterstützt. Der Geräuschlevel bleibt jedenfalls auch dank der achtstufigen Automatik bis zur Höchstgeschwindigkeit von 195 km/h angenehm niedrig.

Luft nach oben 
Der Mazda CX-80 ist gegen Aufpreis mit einem großen Panorama-Glasdach erhältlich. Wünschenswert wäre auch ein Variante des Plug-in Hybrid mit einem größeren Akku für eine elektrische Reichweite von wenigstens 100 Kilometer. Fotos: Rother
Luft nach oben
Der Mazda CX-80 ist gegen Aufpreis mit einem großen Panorama-Glasdach erhältlich. Wünschenswert wäre auch ein Variante des Plug-in Hybrid mit einem größeren Akku für eine elektrische Reichweite von wenigstens 100 Kilometer. Fotos: Rother

Mazda hat den neuen CX-80 im Premiumsegment positioniert – unter anderem gegen den Kia Sorento, aber auch gegen den (deutlich teureren) Volvo CX90 PHEV. Insbesondere in den USA, wo SUVs mit drei Sitzreihen gerade schwer angesagt haben, dürfte das Modell großen Anklang finden. Zumal es bis zu 2,5 Tonnen an den Haken nehmen kann. Eine vollelektrische Alternative bietet Mazda derzeit leider noch nicht an. Wer sich mit dem Teilzeitstromer nicht anfreunden kann, kann lediglich auf eine – deutlich teurere – Variante mit Dieselmotor umschwenken.

Alles in allem aber stellt sich uns nach der Begegnung mit den drei Plug-in-Hybriden die Frage: Macht ein solches Antriebskonzept wirklich noch Sinn? Reichweitenangst braucht heute wirklich niemand mehr haben, der sich für ein vollelektrisches Fahrzeug entscheidet. Im SUV-Segment gibt es inzwischen nicht nur mit dem Kia EV9, sondern auch mit dem NIO EL6 und dem BYD Tang vollalltagstaugliche Elektroautos mit reichlich Platzangebot, großen Reichweiten und ordentliche Anhängelasten zu vergleichbaren Preisen: Hosenträger brauchen wir nicht mehr – ein Gürtel tut’s auch.

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