Es gibt eine neue, geglättete „Front Zone“ in Wagenfarbe, die den Abstand zum Zeitalter der Verbrenner und zur Schwestermarke Volvo deutlich vergrößert, die aber auch schon die Designsprache des kommenden Polestar 3 wiederspiegelt. Es gibt 20-Zoll-Räder in einem neuen Felgendesign. Doch die wichtigsten Neuerungen, die Polestar zum Modelljahr 2024, fünf Jahre nach dem Verkaufsstart, seiner Elektro-Limousine spendiert, verbergen sich unter dem Blech.
Statt der vorderen werden beim Polestar 2 Single Drive nun die hinteren Räder von einem neuen entwickelten Elektromotor mit einer Leistung von 220 kW oder 300 PS angetrieben. Das ist ein Leistungsplus von 50 kW oder über 70 PS, das obendrein mit einem Erhöhung des maximalen Drehmoments vopn 330 auf 490 Newtonmeter daherkommt. Tempo 100 soll dadurch mit dem Modell in 1,2 Sekunden schneller erreicht werden als bisher.
Noch schneller ist der Polestar 2 in der allradgetriebenen Dual-Motor-Variante, deren Antriebsleistung von 300 auf 310 kW oder 421 PS ansteigt: Tempo 100 ist damit in 4,5 Sekunden zu erreichen, wenn das Fahrpedal kräftig durchgedrückt wird. Mit dem optionalen, 6.500 Euro teuren Performance-Paket sogar noch 0,4 Sekunden schneller. Wie bei Polestar üblich, ist bei 160 km/h ohnehin Schluss.
Bis zu 635 Kilometer mit einer Akkuladung
Wichtiger aber noch: Neben der Performance haben die Polestar-Ingenieure unter Leitung des deutschen Technikchefs Jörg Brandscheid auch die Effizienz des Antriebsstrangs nochmals gesteigert. So wird jetzt bei der Allradversion der Frontmotor automatisch abgekoppelt, wenn seine Antriebsleistung nicht benötigt wird. Das senkt den Verbrauch und bringt Reichweite. Zumal der Polestar 2 Long Range nun ein etwas größeres Batteriepaket mit eine Kapazität von 82 kWh erhält.
Dank der höheren Effizienz des Antriebs und des um fünf Kilowattstunden größeren Speichervolumens des Akkus steigt die Reichweite des Polestar 2 in der heckgetriebenen Long Range-Version auf bis zu 635 Kilometer – gemessen nach der Verbrauchsnorm WLTP. Das ist gegenüber dem aktuellen Modell ein Zuwachs um satte 84 Kilometer. Bei der stärksten Version mit Allradantrieb, großem Akku und Performance-Kit beträgt das Reichweiten-Plus sogar über 100 Kilometer: Erst nach 592 Kilometern muss künftig eine Ladesäule aufgesucht werden. Beim Einstiegsmodell wurde die Batteriekapazität von 69 kWh zwar nicht verändert. Trotzdem wurde auch hier der Aktionsradius des Fahrzeugs um 40 Kilometer auf 519 Kilometer vergrößert. Chapeau, damit bewegt man sich auf einem Level mit dem Tesla Model 3.
Preise steigen zum Teil kräftig
Eine neue Zellchemie erlaubt es den Ingenieuren auch, die Ladeleistung des Polestar 2 zu verbessern. Die großen Akkus nehmen am Schnelllader den Strom nun statt mit 150 mit bis zu 205 kW Leistung auf – mehr geht bei einer 400-Volt-Architektur kaum. Beim Einstiegsmodell sind nun 135 statt wie bisher 115 kW der Spitzenwert. Das verspricht deutlich kürzere Ladezeiten als bisher. Technikchef Brandscheid verspricht für die Long-Range-Modelle Ladezeiten von maximal 33 Minuten am Schnelllader.
Aber natürlich schlagen sich die technischen Verbesserungen und optischen Auffrischungen – sowie der wachsende Anteil von Komponenten aus einer klimaneutralen Produktion – auch im Preis wieder: Das Einstiegsmodell steht in Deutschland nun mit 50.775 Euro inklusive Mehrwertsteuer in der Preisliste – vorher waren es 47.295 Euro. Für die Version Long Range Dual Motor werden nun wenigstens 58.775 Euro aufgerufen, inklusive Performance-Paket sogar 65.275 Euro – knapp 4.000 Euro mehr als bisher.
Wieder kürzere Lieferzeiten
Preissenkungen wie bei Tesla sind also bei Polestar derzeit kein Thema. „Wir verfolgen unseren eigenen Plan, unsere eigene Strategie. Und an der halten wir fest“, sagte Willem Baudewijns, der Geschäftführer von Polestar in Deutschland und den Niederlanden, im Gespräch mit EDISON.
Ausgeliefert wird der Polestar 2 des Modelljahrs 2024 in der Long-Range-Version übrigens ab September, in der Version Standard Range ab November. Und wie kürzlich von Polestar-COO Dennis Nobelius zu erfahren war, werden sich die Lieferzeiten im Vergleich zum Vorjahr deutlich verkürzen – in diesem Jahr werde niemand mehr bis zu 18 Monat auf sein neues Auto warten müssen. „Das ist der Vorteil, wenn man einem große Eco System angehört“ – gemeint war die chinesische Geely Group, der auch Volvo angehört. Und in der wird bereits über ein weiteres Werk für Polestar nachgedacht: Laut Nobelius sind die Pläne für ein Werk in Europa immer noch aktuell.
Polestar 2 bleibt Einstiegsmodell
Pläne für ein Modell unterhalb des Polestar 2 hingegen schloss er auf absehbare Zeit aus: „Wir verstehen uns als Premiummarke. Andere Marken sind besser geeignet, Budget Cars zu produzieren.“ Die Produktion von möglichst klimaneutralen Autos werde noch eine ganze Weile einen Aufpreis verlangen. Das würden preissensible Kleinwagenkäufer wahrscheinlich nicht akzeptieren.