Ein Meilenstein auf dem Weg zu einem revolutionären Verkehrsmittel ist geschafft. In den Werkstätten des Instituts für Strukturmechanik und Leichtbau (SLA) der RWTH Aachen ist es erstmals gelungen, den kompletten Aufbau eines Busses von seinem Fahrgestell automatisch zu lösen und an den „Haken“ einer Seilbahn zu hängen – und wieder zurück. Ein Feldtest mit einer echten Seilbahn des österreichischen Herstellers Doppelmayr musste wegen der Corona-Pandemie noch zurückgestellt werden, soll in diesem Jahr aber noch durchgeführt werden.

upBUS heißt das originelle System, das aus einer Seilbahn für die Langstrecke und autonom fahrenden Bussen für die letzte Meile besteht. Die Eifelgemeinde Simmerath hat bereits Überlegungen angestellt, das neue Transportsystem als Schnellverbindung nach Aachen zu nutzen.

Wenn es dazu kommt können Fahrgäste, die ein bestimmtes Ziel in einer der beiden Städte ansteuern wollen, per App oder auf anderem Weg einen Bus bestellen. Der kommt dann pünktlich angerollt und befördert den Fahrgast und andere, die in der Nähe wohnen und grob die gleichen Ziele haben, zur Seilbahnstation. Hier wird der Fahrgastraum vom Fahrgestell getrennt und an die Seilbahn angekuppelt. Die transportiert ihn dann mit einer Geschwindigkeit von bis zu 30 Kilometern pro Stunde zum Zielort. Dort wird die Kabine wieder ausgeklinkt und mit einem Fahrgestell verbunden. Das geschieht, ohne die Bahn anzuhalten. Denn die Geschwindigkeiten von Bus und „Haken“ werden synchronisiert. Zuletzt bringt der Bus einen Fahrgast nach dem anderen zu deren individuellen Zielen.

Der komplette Antrieb steckt im Fahrgestell

Das Fahrgestell enthält die gesamte Technik, also Elektromotoren, Batterien, Lenkung und Bremsen sowie die Leittechnik, die das Gefährt fahrerlos zu den Bestimmungsorten bringt. Während der Standzeiten in den Seilbahnstationen werden die Akkus aufgeladen.

UpBUS Aachen
Gondelbahn auf Rädern
Spätestens 2023 will das Entwickler-Team ihr innovatives upBUS-System im Probebetrieb sehen. Foto: RWTH Aachen

So könne der Nahverkehr der Zukunft in Städten aussehen, meinen Professor Kai-Uwe Schröder und sein wissenschaftlicher Mitarbeiter Tobias Meinert vom SLA. „Seilbahnen sind das mit Abstand sicherste Verkehrsmittel“, schwärmt Schröder. Zudem seien die Investitionskosten weitaus geringer als die für Straßen- oder U-Bahnen und man könne das System flott erweitern. „Tragmasten sind schnell aufgestellt.“ Der upBUS kann im 30-Sekunden Takt verkehren. Pro Richtung und Stunde könnte er im Seilbahnmodus bis zu 6000 Passagiere transportieren.

Kopplung mit Weltraum-Technik

Um das System zu realisieren sind keine neuen Techniken nötig. Autonom fahrende Elektrobusse sind bereits vereinzelt in Betrieb. Und Hersteller wie Leitner in Italien und Doppelmayr haben bereits Horizontalseilbahnen für den innerstädtischen Verkehr gebaut. Die bolivianische Hauptstadt La Paz etwa wird bereits von zehn Linien erschlossen.

iBoss-Kupplung
Bauteile der iBoss-Kupplung
Entwickelt wurde das System ursprünglich für die Verbindung mehrerer Kleinsatelliten zu einer Traglast, um den Flug ins All an der Spitze einer Rakete preiswerter zu machen.

Was zunächst noch fehlte, war die Kupplung zwischen Seilbahn und Fahrgastraum. Hier kam iBoss ins Spiel – ein System, das eigentlich für die Raumfahrt gedacht ist. iBoss ist eine suppentellergroße Kupplung, die Daten, elektrische Energie, Wärme und Lasten zwischen zwei Objekten überträgt. Entwickelt wurde sie von mehreren deutschen Forschungsinstituten, zu denen auch das ILS gehört.

iBoss soll Kleinsatelliten, die jeweils eine einzige Aufgabe haben – meist geht es um die Erdbeobachtung –, miteinander verbinden, sodass sie gemeinsam so viel leisten wie tonnenschwere Satelliten, aber einfacher und billiger zu transportieren sind. Und noch einen Vorteil hat das System: Wenn einer der Kleinsatelliten ausfällt, kann er abgekoppelt und durch einen neuen ersetzt werden.

Jetzt könnte iBoss auch eine irdische Karriere machen.

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