Skoda ist ein Autohersteller, der in seiner inzwischen 125-jährigen Geschichte immer wieder mit pffifigen Ideen auffiel. Mit einem Regenschirm, den man in eine Aussparung in der Türverkleidung schieben kann. Mit einer Verschlussklappe für den Scheibenwischbehälter, die ein Überlaufen des Waschwassers beim Einfüllen verhindert. Mit einer verschiebbaren Rückbank oder einem Eiskratzer im Tankdeckel, mit dem man obendrein auch noch die Profiltiefe der Reifen messen kann. Wann immer diese Features präsentiert wurden, fragte man sich: Warum sind nicht schon andere auf so etwas gekommen?
Entsprechend dem Werbeslogan „Simply Clever“ haben sich die Ingenieure der tschechischen VW-Tochter auch beim Enyaq iV, dem ersten vollelektrischen SUV des Konzerns, wieder etwas Pfiffiges ein paar einzigartige Details einfallen lassen. Beispielsweise einen Abstreicher für das Ladekabel: Um sich bei Regen oder Schnee nicht die Finger oder mehr schmutzig zu machen, zieht man das Kabel kurz durch eine handliche kleine Konstruktion – und zwei Schwämmchen saugen die Feuchtigkeit auf. Noch pfiffiger ist eine andere Erfindung: Eine Gummiplatte für den Ladeport. Diese verhindert, dass sich im Winter Schnee in der Öffnung festsetzt und dann möglicherweise über Nacht das Ladekabel im Stecker einfrieren lässt. Ganz simpel, fast schon genial.
Technikvorstand Christian Strube hat an solchen Details des neuen Elektroautos viel Spaß. Fast noch mehr, so scheint es zunächst, als etwa am Antriebsstrang oder dem Fahrwerk. Aber auch darüber weiß er eine ganze Menge zu erzählen. Einmal in Fahrt, hört er am Rande der Weltpremiere des Enyaq in Prag kaum mehr auf, über sein neuestes „Baby“ zu schwärmen. Über die Zugkraft und die Anhängelast (1400 Kilo) der allradgetriebenen und 225 Kilowatt (kW) starken Topversion, die einen Akku mit einer Speicherkapazität von 82 Kilowattstunden zwischen den Achsen trägt. Über die Effizienz des Antriebs, der mit dem größten Akku nominell für eine Reichweite von 460 Kilometern nach der WLTP-Verbrauchsnorm sorgt, aber wahrscheinlich den Wagen auch dank einer sparsamen Wärmepumpe über 500 Kilometer weit trägt. Strube: „Die Homologation läuft noch“.
Hoffnung macht ihm da die intelligente Steuerung der Rekuperation – der Rückgewinnung von Bremsenergie – über zwei Pedals am Lenkrad sowie eine smarte Software, die mithilfe von Navigationsdaten ermittelt, ob es aufgrund der Topographie oder der Verkehrsverhältnisse Sinn macht, den Wagen rollen zu lassen oder den Fuß vom Fahrpedal zu nehmen.
Ja, die technischen Finessen des neuen Elektroautos – dem ersten übrigens aus Tschechien seit einem elektrischen Kinderauto aus 1941 und dem Versuchsfahrzeug „Favorit Eltra“ von 1991 – können sich sehen lassen. Die Daten des Antriebsstrangs, angefangen von den Motorleistungen (109 bis 225 kW, 220 bis 460 Newtonmeter maximales Drehmoment), über die Batteriekapazitäten (55, 62, 82 kWh) bis hin zu Ladegeschwindigkeiten (11 kW AC ist bei allen gleich, 50, 100 und 125 kW DC gibt je nach Motorleistung oder gegen Aufpreis) sind hingegen so neu nicht mehr. Kein Wunder: Der Skoda baut wie der ID.3 und ID.4 von Volkswagen auf dem modularen Elektrobaukasten des Konzerns auf. Einen gewissen Spielraum gibt es dabei durchaus, wie Strube betont. So gönnt sich das Topmodell des Enyaq eine Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h. Und die Drehmomentkurve sei eine andere. Immerhin ist der 4,65 Meter lange SUV mit allem Pipapo über zwei Tonnen schwer.
Auch die Designer haben dafür gesorgt, dass sich der Enyaq sehen lassen kann. Die scharfen Linien und knackigen Proportionen, die das Team um Designchef Oliver Stefani dem Stromer gegeben haben, lassen das Model Y von Tesla geradezu plump erscheinen. Der Innenraum wirkt selbst in der Basisversion hochwertig. Und wer sich für die exklusive wie auf 1895 Exemplare limitierte „Founders Edition“ entscheidet, darf sich über eine beleuchtete Front im „Kristall-Look“ sowie eine von der tschechischen Kristallmanufaktur Preciosa gefertigte Plakette am Lenkrad freuen.
Mit Lederausstattung, großer Batterie und starkem Antrieb liegen wird dann allerdings schon bei einem Verkaufspreis von knapp 50.000 Euro und damit ein ganzes Stück entfernt vom günstigen Einstiegspreis. Für das Basismodell werden in Deutschland 33.800 Euro verlangt, verfügbar ist es allerdings erst im nächsten Jahr. Den Anfang machen die Versionen „60“ und „80“ – die Zahlen beziehen sich auf die Batteriegröße – zu Preisen von 38.850 bzw. 43.950 Euro in der heckgetriebenen Version.
Skoda-Chef Thomas Schäfer, der erst kürzlich die Nachfolge von Bernhard Maier angetreten hat und deshalb noch nichts zum neuen Modell beitragen konnte, rechnet mit einer Jahresproduktion von „70 bis 80.000 Autos im Jahr“. Das Groß der Fahrzeuge dürfte nach seiner Einschätzung mit dem größten Akkupaket geordert werden. Lieferengpässe schloss er deshalb nicht aus: Die Batterieproduktion ist aktuell noch der Flaschenhals – die Batterien für VW ID.3, den Audi Q4 e-tron, den Cupra el-Born und den Skoda Enyaq kommen alle aus dem VW-Werk Salzgitter. Stefan Quary, der den Deutschland-Vertrieb von Skoda leitet, führte deshalb nach der Weltpremiere noch intensive Gespräche mit Schäfer über die Enyaq-Kontingentierung: Er erwartet wie seine Händler eine starke Nachfrage, wenn in den nächsten Tagen die Bestellbücher für den Stromer geöffnet werden. Vorbestellungen sind ab sofort möglich.