Die Zukunft ist elektrisch – nach dem Willen der Europapolitiker nicht nur bei Pkw, sondern auch für Nutzfahrzeuge und Busse. So haben sich die Unterhändler von Europaparlament und Mitgliedstaaten jetzt (18. Januar) auf ein Gesetz geeinigt, wonach schwere Nutzfahrzeuge bis 2040 schrittweise mindestens 90 Prozent weniger Kohlendioxid ausstoßen sollen als im Jahr 2019. Stadtbusse sollen demnach ab 2035 nur noch neu zugelassen werden dürfen, wenn sie komplett emissionsfrei sind. Für Lastwagen aller Gewichtsklassen gilt das erst im Jahr 2050.

Die Umweltorganisation Transport & Environment (T&E) sprach von einem „ausgeglichenen“ Kompromiss – ursprünglich war beispielsweise geplant, schon 2030 ein Zulassungsverbot für dieselbetriebene Stadtbusse zu erlassen. Und die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, den Lkw-Herstellern eine Verminderung der klimaschädlichen CO2-Emissionen bis zum Jahr 2035 um 70 Prozent vorzuschreiben.  

Schüttgut 
Im Nah- und Regionalverkehr haben sich Lastzüge mit elektrischen Antrieben bereits bewährt. Die Kapazität der Akkus reicht für Entfernungen bis zu 200 Kilometer völlig aus. Foto: Scania
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Im Nah- und Regionalverkehr haben sich Lastzüge mit elektrischen Antrieben bereits bewährt. Die Kapazität der Akkus reicht für Entfernungen bis zu 200 Kilometer völlig aus. Foto: Scania

Scharfe Kritik an den geplanten neuen CO2-Standards für Nutzfahrzeuge (von denen landwirtschaftliche, militärische sowie Feuerwehr- und Rettungswagen ausgenommen werden) kam hingegen von der deutschen eFuel Alliance. Denn mit der Forderung nach der Anrechnung von CO2-neutralen synthetischen Kraftstoffen, den sogenannten E-Fuels, hatte sich Deutschland bei den Beratungen nicht durchsetzen können.  „Die Logistikbranche wird durch diese Entscheidung dazu gezwungen, sich aktiv ins Ungewisse zu stürzen. Bislang können batteriebetriebene LKW oder Fahrzeuge mit Brennstoffzellen tägliche Fahrleistungen zwischen 500 und 1000 Kilometern nicht abdecken. Ferner besteht weder europaweit ein flächendeckendes, für LKW notwendiges, Megawatt-Ladenetz, noch ist dieses in greifbarer Nähe“, kritisierte Ralf Diemer, der CEO der eFuel Alliance.

Ladestationen für schwere E-Laster fehlen noch

Tatsächlich steht der Aufbau eines öffentlichen Ladenetzes für elektrisch angetriebene Lastwagen nach ganz am Anfang – ebenso wie wie der Aufbau eines europäischen Netzes von Wasserstoff-Tankstellen für Lastwagen mit Brennstoffzellenantrieb. Nach Schätzungen des europäischen Automobilherstellerverbandes ACEA werden in Europa bis 2025 insgesamt 15.000 und bis 2030 50.000 öffentliche Ladepunkte für schwere Batterie-Laster sowie 700 Wasserstoff-Tankstellen entlang der Fernstraßen benötigt. Aktuell gibt es nur einige wenige Demonstrationsprojekte zum ultraschnellen Megawatt-Charging.

Einsteigen bitte
Für Stadtbusse ist die Energieversorgung vergleichsweise einfach: Geladen wird der Akku entweder im Depot oder mithilfe eines Pantographen während des Aufenthalts an der Endstation der Linie. Foto: Volvo
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Für Stadtbusse ist die Energieversorgung vergleichsweise einfach: Geladen wird der Akku entweder im Depot oder mithilfe eines Pantographen während des Aufenthalts an der Endstation der Linie. Foto: Volvo

„Infrastruktur für Elektrolade- und Wasserstofftankstellen, umfassende CO2-Bepreisungssysteme und sinnvolle Unterstützungsmaßnahmen für schnelle Investitionen der Transportunternehmen: Das sind die Schlüsselfaktoren für eine schnelle Dekarbonisierung des Schwerlasttransportsektors, zusätzlich zu emissionsfreien Fahrzeugen“, betonte ACEA-Generaldirektor Sigrid de Vries in einer ersten Stellungnahme. „Wir können den Fahrzeugherstellern nicht weiterhin mutig ehrgeizige Ziele setzen und eine schnelle und reibungslose Umsetzung erwarten. Ohne einen förderlichen Rahmen zur Stützung der Nachfrage nach emissionsfreien Modellen wird es unmöglich sein, die Ziele zu erreichen, insbesondere im geplanten Zeitrahmen“, erklärte de Vries.

Große Potenziale im Nahverkehr

Von den knapp 4000 Lastwagen und rund 3400 Bussen mit Elektroantrieb, die bis Ende September vergangenen Jahres in der EU neu zugelassen wurden, wird der weitaus größte Teil deshalb auch im Nah- und Regionalverkehr eingesetzt – das Laden und Betanken kann hier in den Depots der Verkehrsbetriebe und Transportunternehmen erfolgen. Nach einer aktuellen Studie des Energieversorgers E.On ist das ein guter Anfang: Würden alle gewerblichen Transporttouren, Leerfahrten und der Werksverkehr mit Strecken bis zu 150 Kilometern mit batterieelektrischen Lkw gefahren werden, ließe sich allein in Deutschland eine jährliche CO2-Einsparung in einer Größenordnung von 4,6 Millionen Tonnen erreichen, heißt es hier. Beim Laden mit 100 Prozent Ökostrom seien sogar Einsparungen von 11,4 Millionen Tonnen CO2 im Jahr möglich.

Ladestation für E-Laster bei Mercedes in Wörth
Der Aufbau einer Infrastruktur für das schnelle Laden von Lastzügen in Europa ist in den kommenden Jahren die größte Herausforderung. Selbst am Mercedes-Werk in Wörth gibt es noch keinen Megawatt-Charger. Foto: EnBW
Ladestation für E-Laster bei Mercedes in Wörth
Der Aufbau einer Infrastruktur für das schnelle Laden von Lastzügen in Europa ist in den kommenden Jahren die größte Herausforderung. Selbst am Mercedes-Werk in Wörth gibt es noch keinen Megawatt-Charger. Foto: EnBW

„Strecken im Nah- und Regionalverkehr sowie im Werksverkehr bis 150 Kilometer sind bereits heute ohne Zwischenladungen an öffentlichen Ladestationen problemlos möglich. Die E-Lkw laden in der Regel über Nacht an der eigenen, betrieblichen Ladeinfrastruktur im Logistikzentrum oder auf dem Betriebshof und stehen am Morgen mit vollen Akkus für die geplante Transporttour bereit“, sagt Christian Halleløv, Head of eTransport bei E.ON Drive. Größere Tagesfahrleistungen können realisiert werden, wenn Zwischenladungen an Schnellladestationen eingeplant werden. 

E.ON Drive unterstützt Transportunternehmen bei der Antriebswende mit Bedarfsanalysen, bei der Auswahl der erforderlichen Hardware und mit Konzepten für ein intelligentes Lastmanagement – die Anfragen danach dürfte in den kommenden Jahren massiv steigen.

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3 Kommentare

  1. Hartmut Peters

    Wenn der LKW Verkehr dann mit Strom laufen soll, dann müsste die EU erstmal
    mit einer vernünftigen Ladestruktur aufwarten und nicht wieder das Pferd von hinten aufsatteln

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  2. Hartmut Peters

    Wenn ich vor allem lese, dass der Bürgermeister von Hamburg weg vom E Auto
    wieder auf Hybrid umsteigen will, da es nich möglich war mit einem Top Auto von
    Mercedes eine Reise Hamburg – Berlin und zurück vernünftig zu planen.
    Ca 280 – 300 Km eine Routenlänge, da hätte ein Schnellladegang von ca 30 Min.
    gereicht um entspannt wieder nach hause zu kommen. Aber Ottonormalbürger
    soll sich dann damit rumschlagen ? Es geht um fossile Brennstoffe, die reduziert werden sollen. Aber mit Hybrid auch Schwachsinn.

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    • Franz W. Rother

      Bin ganz bei Ihnen. Über die Entscheidung von Herrn Tschentscher kann man nur den Kopf schütteln.

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