Es läuft derzeit nicht gut in Nordamerika für Stellantis – den Autokonzern, der aus der Fusion von Peugeot (PSA) und Fiat Chrysler hervorging. Die Auslieferungen der US-Marken Jeep, Dodge, Ram und Chrysler sind trotz diverser Kaufanreize eingebrochen. Bei den Händlern, die anders als in Europa überwiegend vorkonfektionierte Autos verkaufen, stehen deshalb seit Monaten die Höfe mit Fahrzeugen voll. Wohl auch deshalb musste Konzernchef Carlos Tavares kürzlich den Hut nehmen.
Und nun kippt in Nordamerika auch die Elektro-Strategie. Wie der Konzern jetzt bekannt gab, wird die Truck-Marke Ram die Markteinführung ihres ersten vollelektrischen Pick-up um ein Jahr verschieben. Statt dessen wird zunächst der Ram 1500 Ramcharger auf den Markt gebracht – ein elektrisch angetriebener leichter Pickup-Truck mit einem Sechszylinder-Benziner an Bord, der als Stromgenerator arbeitet.
Die 130 kW starke Maschine dient als Reichweiten-Verlängerer für den insgesamt 488 kW starken Elektroantrieb. Er springt ein, wenn der Stromvorrat des 92 kWh fassenden Akkus verbraucht ist. Nach einem ähnlichen Prinzip arbeitete einst der BMW i3 REX. Insgesamt 690 Meilen, gut 1110 Kilometer, soll der Pritschenwagen von Ram auf diese Weise ohne Tank- oder Ladepause zurücklegen können. Versprochen wird zudem eine Anhängelast von bis zu 6,35 Tonnen, eine maximale Zuladung von 1,19 Tonnen sowie die Möglichkeit, die Antriebsbatterie auch für den Betrieb von elektrischen Arbeitsgeräten nutzen zu können – Stichwort Vehicle-to-Load (V2L).
Auch GM und Ford müssen umplanen
„Die Entscheidung, den Ramcharger zuerst auf den Markt zu bringen, wurde durch das überwältigende Interesse der Verbraucher, die Aufrechterhaltung eines Wettbewerbsvorteils bei der Technologie und die nachlassende Nachfrage nach Halbtonnen-BEV-Pickups begründet“, heißt es in einer Pressemitteilung. Wie es dort heißt, ist der vollelektrische Ram 1500 REV nun für 2026 eingeplant. Ob und wann das Modell auch in Europa angeboten wird, will der Konzern zu einem späteren Zeitpunkt bekannt geben.
Völlig überraschend kommt die Entscheidung gleichwohl nicht: General Motors hatte bereits im Herbst 2023 die Markteinführung seiner elektrischen Pickups Chevy Silverado EV und GMC Sierra EV von 2024 auf 2025 verschoben. Und auch Ford musste die Produktion des E-Pickups F-150 Lightning drosseln, nachdem die anfänglich gute Nachfrage schnell gesättigt war. Seit Mitte November ruht die Produktion des Elektro-Pickup in Dearborn, Michigan, komplett. Erst am 6. Januar kommenden Jahres soll sie langsam wieder anlaufen. Auch der Export des Fahrzeugs nach Europa ist vorerst abgesagt.
Preise schrecken die typische Pickup-Klientel
Ein Hauptgrund für aktuell geringe Nachfrage nach den elektrischen Pritschenwagen dürften die hohen Preise sein. Das Basismodell des Ford F150 Lightning wird in USA für knapp 63.000 Dollar angeboten – mit konventionellem Antrieb gibt es das Modell schon ab 37.000 Dollar. Allerdings wird auch der Ram 1500 in der Plug-in-Ausführung Recharger kein Billigmodell sein: Händler rechnen mit einem Basispreis um die 60.000 Dollar. Das wäre ein Aufpreis von rund 20.000 Dollar gegenüber dem gleichen Modell mit konventionellem Antrieb.
Aufmerksam verfolgen dürfte die Entwicklung aber auch Volkswagen: Der Konzern will auf dem nordamerikanischen Markt die alte Marke Scout wiederbeleben – unter anderem mit dem Elektro-Pickup Scout Terra. An den Start gehen soll der allerdings nach aktueller Planung erst 2027. Angepeilt ist ebenfalls ein Basispreis um die 60.000 Dollar.