Ein Kilometer Zukunft: Auf der A6 bei Amberg wird derzeit getestet, was bislang eher nach Science-Fiction klang. Im Rahmen des Projekts E|MPOWER erprobt die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) gemeinsam mit Partnern wie Electreon, VIA IMC und Seamless Energy Technologies erstmals in Deutschland eine kabellose Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge – mitten auf der Autobahn.

Die Technik: Spulen statt Stecker

Im Asphalt eingelassene Spulen erzeugen ein Magnetfeld, das die Energie an eine Gegenspule im Fahrzeug überträgt – ganz ohne Kabelverbindung, während der Fahrt oder im Stand. Die Technik stammt vom israelischen Unternehmen Electreon, das bereits in Italien und Schweden ähnliche Pilotstrecken realisiert hat. In den USA gab es ebenfalls Testabschnitte, etwa in Michigan, wo Elektroautos während der Fahrt mit bis zu 132 kW Strom aus dem Asphalt bezogen.

Drei für den Anfang
Das System kann in Pkw, Lkw und Busse integriert werden – unabhängig von Fahrzeugtyp oder Hersteller. Über eine digitale Plattform wird der Energiefluss intelligent gesteuert: Ladezeiten und -mengen werden bedarfsgerecht angepasst. Fotos: FAU/Harald Sippel

Der Clou: Nur autorisierte Fahrzeuge werden mit Strom versorgt, die Straße bleibt für alle anderen „passiv“. Das klingt nach einem Durchbruch – schließlich ließe sich so die vielzitierte Reichweitenangst verringern. Auch kleinere Batterien in Elektroautos wären denkbar, was Gewicht, Ressourcen und Kosten sparen könnte.

Ein Versuch mit Symbolkraft – aber offenem Ausgang

Was in der Theorie bestechend klingt, muss sich nun in der Praxis beweisen. Auf dem rund einen Kilometer langen Testfeld zwischen Sulzbach-Rosenberg und Amberg-West soll untersucht werden, wie effizient die induktive Energieübertragung tatsächlich funktioniert – und ob die Spulen in der Fahrbahn den Dauerbelastungen des Straßenverkehrs standhält.

Stromabnehmer 
Ähnlich wie bei einer Modelleisenbahn tragen die Versuchsfahrzeuge eine Platte, über die sie den Strom aus der Straße ziehen.
Stromabnehmer
Ähnlich wie bei einer Modelleisenbahn tragen die Versuchsfahrzeuge eine Platte, über die sie den Strom aus der Straße ziehen.

Die Bau- und Installationsprozesse werden wissenschaftlich begleitet, um sie später serienreif zu machen. Finanziert wird das Ganze vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWK), unterstützt von der Autobahn GmbH des Bundes.

Doch die große Frage bleibt: Lässt sich so etwas wirtschaftlich und flächendeckend umsetzen? Der technische Aufwand ist enorm, die Kosten für Installation und Wartung dürften hoch sein.

Déjà-vu auf der Autobahn

Ganz neu ist die Idee, Strom während der Fahrt zu „zapfen“, nicht. Fünf Jahre lang experimentierte Deutschland mit Oberleitungs-Lkw, die auf Teststrecken an der A5 in Hessen, der A1 in Schleswig-Holstein sowie der B462 in Baden-Württemberg ihren Strom über einen Stromabnehmer beziehen konnten. Die Versuche bewiesen: Das Prinzip funktioniert – ist aber teuer und kompliziert im Betrieb. Viele Spediteure winkten ab, weil sie keine Lust hatten, ihre Flotten für einzelne Teststrecken umzurüsten. Ende 2024/Anfang 2025 wurde der Versuchsbetrieb daraufhin planmäßig eingestellt und der Strom abgeschaltet, weil keine Testfahrten mehr stattfanden.

Scania R450 Oberleitungs-Lkw auf der A5-Teststrecke bei Frankfurt
Um eine Erfahrung reicher
Im Pilotprojekt ELISA testete die Autobahn GmbH des as Land Hessen auf einem 17 Kilometer langen Teilstück der A5 südlich von Frankfurt sollte zeigen, ob ein E-Highway mit Oberleitung Elektrolaster mit während der Fahrt mit Strom versorgen könnte.

Ähnlich skeptisch äußern sich Branchenkenner nun über das induktive Laden: zu teuer, zu komplex, zu weit von einer Standardisierung entfernt. Und was, wenn sich am Ende doch das bidirektionale Schnellladen per Stecker durchsetzt – mit Ladeleistungen jenseits von 350 Kilowatt?

Faszinierende Technik mit Fragezeichen

Das Projekt auf der A6 ist zweifellos ein Meilenstein für die Forschung – und ein spannender Schritt, Elektromobilität komfortabler zu machen. Doch es bleibt offen, ob aus der Vision von der unsichtbaren Stromstraße je Alltag wird.

Denn eines hat die Geschichte der E-Mobilität gezeigt: Der Durchbruch kommt selten durch das technisch Raffinierteste, sondern durch das, was einfach, standardisiert und bezahlbar ist.

Artikel teilen

2 Kommentare

  1. simon

    Wenn man mit Gewalt Geld verbrennen will dann wirft man die Scheine am besten in den Ofen, dann erzeugt man immerhin bisschen Wärme oder man renoviert mit dem Geld die Universität in Nürnberg. Warum testet man das in Deutschland nochmals? Was ist in Deutschland anders als in Italien oder Schweden, wir müssen in der EU mehr zusammenarbeiten. Das ist genauso ein Millionengrab wie das Testen und Scheitern von Wasserstoffbussen in mehreren Verkehrsbetrieben.

    Antworten

Kommentar absenden

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert