Porsche Taycan Cross Turismo. Ziemlich langer Name für einen so schnellen Stromer, und da haben wir noch nicht mal die Kürzel für die jeweilige Leistungsversion angehängt. Was das denn bitteschön für eine Karosserieform sein soll, wollen Sie wissen? Na gut, dann also die kitzligste Frage zuerst.
Aus der direkten Frontperspektive werden Sie keine dramatischen Unterschiede zur bekannten Taycan Limousine bemerken. Mal abgesehen von diesen hübschen rustikalen Elementen: ein spezieller Unterbodenschutz gegen bösen Steinschlag und so (den es hier in ähnlicher Form auch am Heck gibt) plus verbreiternde Kunststoffleisten an den Kotflügeln. Und der ganze Wagen scheint offenbar einen Tick höher zu liegen. Gut gesehen, das sind exakt 20 Millimeter. Da geht sogar noch mehr, aber dazu kommen wir gleich.
Aber, jetzt wird es spannend, diese veränderte Seitenpartie. Und die höhere, verlängerte Dachlinie. Das viel steilere Heck. Ganz hinten zum Einladen eine große Klappe statt des von der Limo bekannten Kofferraumdeckels. Das Ganze bringt fast fünf Zentimeter mehr Kopffreiheit für die Passagiere der Rückbank. Paßt für unsere 1,94 Meter Körpergröße, im Fußbereich sogar für unsere fürchterliche Schuhgröße 48. Und ermöglicht (neben dem kleinen 84-Liter-Ladeabteil unter der Fronthaube) einen viel größeren Kofferraum im Heck. Der reicht von 446 bis zu maximal 1212 Liter Ladevolumen bei umgeklappten Rücksitzen. Holla, in diese Höhle geht wirklich was rein. Und das Ladekabel hat sogar noch in der Luke unterm Boden gut Platz. Überhaupt: Trennnetz, Taschenhaken, Spannbänder — alles zu haben. Praktisch, typisch Kombi.
Äquivalent zum Schweizer Taschenmesser
Teufel, jetzt ist es uns tatsächlich schon rausgerutscht, das aus Porsche-Sicht verbotene K-Wort. Eigentlich wollten wir uns, weil wir ja so unglaublich nett sind, mindestens fünf Minuten an die offizielle Sprachregelung der Zuffenhausener halten. Wir sollen ihn unter CUV (Cross-Utility-Vehicle) einordnen. Naja, wovon Marketinggenies nachts so träumen. Baureihenleiter Stefan Weckbach kriegt da bei der Beschreibung des Wagens schlauer die Kurve: „Für mich ist der neue Cross Turismo das automobile Äquivalent zu einem Schweizer Taschenmesser.“ Sozusagen ein Allrounder, der Verschiedenes gut kann.
Das können wir nach 225,5 Testkilometern nun gern unterschreiben. Kurzfassung: Dieser Porsche, der mindestens 2,3 Tonnen wiegt, fährt sich fast genauso scharf wie die schon auf der Rennstrecke ausprobierte, etwas schnittigere Limousine mit dem etwas tieferen Schwerpunkt. Die Unterschiede sind marginal, die praktischen Vorzüge des 4,97 Meter langen und 1,41 Meter hohen Cross Turismo überwiegen. Zumal hier bei allen vier Modellen der elektrische Allrad-Antrieb (nein, ein heckgetriebenes Basismodell ist nicht geplant) inklusive ist. Also je ein E-Motor (permanent erregte Synchronmaschinen) an Vorder- und Hinterachse. Und die beiden spielen über die zentral vernetzte Kommandozentrale so was von perfekt zusammen.
Intelligentes Fahrwerk reagiert in Echtzeit
Porsches 4D-Chassis Control analysiert nämlich unsere aktuelle Fahrsituation in allen Dimensionen (Längs-, Quer- und Vertikalbeschleunigung). Quasi in Echtzeit. Und haut dann die Daten an die Fahrwerkssysteme und deren Aktuatoren raus. „Hat zum Beispiel ein Rad mehr Schlupf, wird blitzschnell über die E-Maschinen nachgeregelt — besonders eindrucksvoll erlebbar auf Schnee und Eis“, schwärmen die Zuffenhausener. Das Kältezeugs haben wir hier auf der Teststrecke nicht, dafür gefühlt tausend Serpentinen, Spitzkehren und Hardcore-Pistenbeläge aller Art (im Naturraum Schwäbisch-Fränkische Waldberge!), auf denen der Cross Turismo jetzt unentwegt am Zaubern ist.
Logisch, Wankstabilisierung und Torque Vectoring (variable Verteilung des Antriebsmoments zwischen den Hinterrädern) kann er natürlich auch. Ja, alles schwer beeindruckend. Gott, was waren das ganz früher für haarsträubende Verbrenner-Zeiten, als wir in irgendwelchen schnellen Ecken in irgendwelchen Bergen mit Porsches leichten luftgekühlten Neunelfern kühn und übermütig nur auf unsere eigenen Künste zwischen den dünnen Lenkrädern und der zarten Pedalerie setzen konnten. Manchmal herrlich scharf an der Katastrophe vorbei.
Im zweiten Teil erfahren Sie, für wen der Cross Turismo wie gemacht ist