Warum nicht mal ein Auto aus Vietnam? An Stromer aus China, an Marken wie Nio, Lynk & Co., MG, Aiways und XPeng haben wir uns inzwischen fast schon gewöhnt, auch wenn die Fahrzeuge noch nicht überall in Europa verfügbar sind. Und dass die nächste Generation des vollelektrischen Smart und des Elektro-Mini demnächst aus China kommt – geschenkt. Die Markenloyalität ist im Autoland Deutschland ohnehin seit Jahren im Sinkflug. Gerade einmal knapp 50 Prozent bleiben beim Neuwagenkauf ihrer Marke treu – und jeder zweite wechselt zu einem anderen Fabrikat, konstatierten die Experten von Dataforce vergangenes Jahr in einer Studie. Und mit der Antriebswende eröffnen sich neuen Anbietern große Chancen – so sie denn über die Hardware hinaus attraktive Angebote machen können.
VinFast startet in fünf deutschen Städten
Insofern rechnet sich auch VinFast gute Chancen aus, sich auf dem europäischen und deutschen Automarkt zu etablieren. Noch in diesem Jahr plant das vietnamesische Tesla über 50 so genannte VinFast Stores zu eröffnen, 25 davon in Deutschland, erklärte Jean-Christophe Mercier, der Vize-CEO von VinFast Europe dieser Tage auf der Fachmesse EVS35 in Oslo. Weitere 20 sind in Frankreich geplant, fünf in den Niederlanden. Die ersten fünf Standorte in Deutschland sollen in Berlin, Frankfurt, Hamburg, Köln und im Centro Oberhausen entstehen, verriet der ehemalige Nissan-Manager im Pressegespräch.
„VinFast ist nicht hier, um Autos zu verkaufen. Wir wollen vielmehr zum Wandel inspirieren und die Umstellung hin zur E-Mobilität beschleunigen, mit positiven Auswirkungen auf die Umwelt“, hatte zuvor Li Thi Thu Thuy erklärt, die Chefin des weltweiten Automobilgeschäfts von VinFast. So als verfolge das Unternehmen primär philanthropische und umweltpolitische Ziele.
Zwei Elektro-SUVs machen den Anfang
Was natürlich Quatsch ist: Vietnams größter Privatkonzern mit einem Jahresumsatz von rund sechs Milliarden Dollar wird vom Milliardär Pham Nhat Vuong kontrolliert, der sein Vermögen in den 1990er Jahren unter anderem mit dem Verkauf von Instantnudeln in der Ukraine machte. Auch das erst 2019 gegründete Automobilgeschäft unterliegt da knallharten Renditezielen.
Angeboten werden soll dort im ersten Schritt die beiden Elektro-SUVs namens VF (für VinFast) 8 und 9 zu Preisen ab 43.600 bzw. 58.200 Euro. Im kommenden Jahr soll mit dem VF7 ein kompakteres Elektro-SUV nachfolgen. Aber gestartet wird erst einmal in der oberen Leistungsklasse – mit zwei E-SUVs von 4,75 und 5,11 Metern Länge und 300 kW (408 PS) Antriebsleistung.
Im Leasing gibt es den VF 8 ab 499 Euro im Monat, den VF9 für 699 Euro bei einer Laufzeit von 37 Monaten und einer Sonderzahlung von 8.650 bzw. 11.350 Euro. An Bord der von Pininfarina gestylten Elektroautos sind Batteriepakete mit Kapazitäten von 87,7 oder 123 kWh – die allerdings nicht im Kaufpreis enthalten sind. Ähnlich wie in der Elektro-Frühzeit von Renault sollen die Energiespeicher den Fahrzeugkäufern zur Miete angeboten werden. Für 120 Euro im Monat beim VF8, für 150 Euro im Monat beim VF9 für jeweils eine unbegrenzte Kilometerzahl. Noch günstiger werden soll die Batteriemiete im „Flexible“-Paket – hier stehen die Preise allerdings noch nicht fest.
Batteriemiete soll Übergang erleichtern
„Wir wollen den Menschen den Übergang erleichtern“, erklärte Mercier das Modell Batteriemiete, das Renault unter anderem auf Druck der Händler längst zu den Akten gelegt hat. Im Gebrauchtwagen-Handel ist es eher ein Handicap – wer kauft schon ein Elektroauto ohne Batterie? Schon gar nicht, wenn er nicht genau weiß, was der alte Akku noch leistet.
Bei VinFast hingegen sieht man das Problem vorerst nicht – auch weil es keine Händler, sondern nur VinFast Sores gibt und die Autos über das Internet geordert werden. „Wir glauben an das, was wir machen“. Aber ab 2024, deutet Mercier an, werde man die Autos auch komplett, also inklusive Batterie kaufen können: „Wir sind offen für diese Möglichkeit.“
Punkten will VinFast in Europa hingegen mit einem mobilen Reparatur-Service mit „Flying Doctors“ (nach dem Vorbild von Tesla) – und einer Produktionsstätte möglicherweise in Deutschland. Kurzzeit-Konzernchef Michael Lohscheller hatte dafür das Opel-Werk in Eisenach ins Spiel gebracht – der Stellantis-Konzern, so hieß es damals, würde den Standort gerne loswerden.
Was von solchen Plänen zu halten ist, bleibt abzuwarten. Im US-Bundesstaat North Carlina will VinFast angeblich noch in diesem Jahr mit dem Bau einer Autofabrik für den VF8 beginnen – bis zur Fertigstellung kommen die Autos ausschließlich aus der hochmodernen VinFast-Fabrik in Haiphong.