Viele haben für den VW Passat samt Verbrennungsmotor schon das letzte Requiem angestimmt. Voreilig. Denn das jahrzehntelange Dienstwagen-Erfolgsmodell rollt im nächsten Jahr in seiner neunten Generation auf den Markt. Mit einer Einschränkung: Die Limousine wird es auf dem voraussichtlich letzten Lebensabschnitt nicht mehr geben. Nur noch den Kombi.
Die Reduzierung auf nur eine Modellvariante können die Niedersachsen gut verschmerzen, da die Passat-Limousine zuletzt ohnehin ein Schattendasein fristete. Und wer partout eine Limousine in dieser Kategorie will, wird immer noch bei Skoda fündig, die nach wie vor auf beide Versionen setzen. Und in der Hinterhand haben die Wolfsburger ja inzwischen auch noch den vollelektrischen VW ID.7 – den es im kommenden Jahr auch als Variant geben wird.
Auch für die neunte Passat-Generation bildet der weiterentwickelte Modulare Querbaukasten (MQB evo) die Basis. Dass das keine Wortkreation findiger Marketingspezialisten ist, merkt man an verschiedenen Stellen, beginnend bei den Antrieben: Es wird beim Passat eHybrid Variant zwei PHEV-Versionen geben. Eine mit einer Systemleistung von 150 kW / 204 PS und eine mit 200 kW / 272 PS. Die Kapazität der Batterie steigt auf 19,7 Kilowattstunden (netto, Vorgänger 10,6 kWh), was eine rein elektrische Reichweite des Passat GTE von circa 100 km ermöglicht. Bisher waren es lediglich 61 Kilometer.
Bis zu 1000 Kilometer Gesamtreichweite
Passend zur größeren Kapazität des Akkus hat sich auch die Ladeleistung des Teilzeitstromers erhöht. An der Wallbox kann Wechselstrom statt mit 3,6 kW nun mit 11 kW aufgenommen werden. Darüber hinaus können beide Plug-in Hybride nun auch Schnellladesäulen ansteuern und dort Gleichstrom mit bis zu 50 kW Ladeleistung zapfen. Die Batterien sollen dadurch in etwa 25 Minuten von 10 auf 80 Prozent gefüllt werden können.
Die E-Maschine steuert bis zu 85 kW / 116 PS zum Vortrieb bei. Als Verbrennungsmotor kommt die neueste Ausbaustufe des 1.5-Liter-TSI-Turbobenziners zum Einsatz, was laut VW in einer Gesamtreichweite von mehr als 1.000 Kilometern resultiert.
Auch beim Fahrwerk hat Volkswagen umfassend Hand angelegt. Beim optionalen DCC Pro kommen variable Zwei-Ventil-Dämpfer zum Einsatz, bei denen die Zug- und Druckstufe getrennt geregelt werden können. So reagieren die Dämpfer bis zu 1.000 Mal pro Sekunde auf Vertikalbewegungen, die durch die aktuelle Fahrsituation hervorgerufen werden. Das bedeutet: Auch im Comfort-Fahrprogramm können sich die Dämpfer verhärten, wenn es die Situation erfordert. Etwa bei höherem Tempo und einem Richtungswechsel.
Fahrdynamik vom Feinsten
Der Dirigent ist der aus dem Golf GTI bekannte Fahrdynamikmanager, der radselektiv eingreifen kann, bis zu 200 Mal pro Sekunde die Daten der Sensorik verarbeitet und unter dem Einbeziehen der elektronischen Differenzialsperre (XDS) blitzschnelle Entscheidungen trifft. „Bei Konflikten ist immer der Fahrdynamikmanager der Chef. Er ist für die Fahrdynamik verantwortlich“, erklärt Techniker Lars Frömmig. Die VW-Techniker haben die Vierlenker-Hinterachse unter anderem durch eine neue Kinematik, angepasst. „Schneller gemacht“, wie es Lars Frömmig nennt, damit diese den Anforderungen des neuen Fahrwerks gerecht wird. Die 15-Zoll-Reifen gehören der Vergangenheit an Bei der neunten Generation haben die Pneus 16 bis 19 Zoll.
Die Grenzen zwischen der Verbrennungsmotor-Architektur und dem Baukasten der Elektromobile sind fließend. Das ist nicht nur beim Fahrwerk der Fall, sondern auch bei den Fahrassistenten und dem Infotainment. Die basiert im B9-Passat auf der vierten Generation der VW-Infotainmentplattform MIB (Modularer Infotainment-Baukasten) mit dem die leidigen Softwareprobleme endlich der Vergangenheit angehören sollen. Auch die Bedienung soll durch virtuelle Direktwahltasten eingängiger werden.
Platz ohne Ende
Die Kommandozentrale bildet ein bis zu 15 Zoll großer Touchscreen und die digitalen Instrumente werden auf einem 10,25 Zoll Bildschirm angezeigt, der jetzt durch ein vollwertiges Windschutzscheiben-Head-up-Display unterstützt wird – anstelle der bisherigen Günstigvariante mit einem kleinen klappbaren Plastikbildschirm. Damit das Raumgefühl im Innenraum luftiger wird, ist der Automatikhebel an die Lenkradsäule gewandert.
Apropos Platz. Der Passat ist jetzt 4,917 Meter lang (plus 14,4 Zentimeter) lang. Damit wachsen sowohl der Radstand um fünf Zentimeter auf 2,841 Meter (Beinfreiheit plus 50 Millimeter) als auch das Kofferraumvolumen auf 690 Liter (plus 40 Liter). Legt man die Lehnen der Rückbank um, sind es 1.920 Liter (plus 140 Liter): Der letzte Mohikaner bietet so viel Platz im Innenraum wie keine Generation zuvor.
Der neue Passat steht ab Februar 2024 beim Händler und kostet als Benziner mindestens 39.990 Euro – knapp 110 Euro mehr als bisher. Für den GTE mit wiederaufladbarem Hybridantrieb dürften kanpp 50.000 Euro aufgerufen werden.