Jährlich werden auf deutschen Straßen rund 300.000 Wildtiere angefahren oder getötet. Dabei entstehen nach Versicherungsangaben Schäden von nahezu einer Milliarde Euro. Denn nicht immer bleibt es bei einem Wildunfall bei Blechschäden. Gerade jetzt ist besondere Vorsicht angebracht: Das Risiko eines Zusammenpralls mit einem Wildtier erhöht sich in Herbst und Winter besonders, weil durch die früh hereinbrechende Dunkelheit der Wildwechsel mit dem Berufsverkehr zusammenfällt.

Wildzäune oder Wild- Reflektoren sollen zwar die Tiere vom Überqueren der Straßen anhalten, doch mit wenig Erfolg. „Wenn man die Tiere schon vom Wildwechsel nicht abhalten kann, so könnte man doch die Autos ausrüsten, damit sie das Wild rechtzeitig erkennen“, so die Idee des CEOs und Gründers des israelischen Sensor-Entwicklers Aadasky, Yakov Shaharabani. Er hat einen thermischen Sensor entwickelt, der typische Wärmesignaturen erkennt und analysiert. Damit lässt sich Wild leicht auch in der Dämmerung oder in Nacht sicher erkennen – selbst dann, wenn sich die Tiere am Straßenrand teilweise verdeckt im Unterholz aufhalten. 

Aufprallgewicht von bis zu fünf Tonnen

Entwickelt wurde der thermische Sensor ursprünglich, um Fahrer-Assistenzsysteme oder autonome Fahrsysteme auch bei Nacht oder schlechter Sicht zu unterstützen. Seine Fähigkeit, Wärme und Wärmesignaturen zur erkennen, schließt aber nicht nur eine Wahrnehmungslücke optischer Kameras oder von Radarsystemen bei schlechter Sicht. Er ermöglicht auch zusätzliche Einsatzfelder wie etwa die Prävention von gefährlichen Kollisionen mit Wildschweinen oder Rotwild.

Kleines Bauteil - große Wirkung 
Die  hochauflösende Langwellen-Infrarot (LWIR) -Wärmebildkamera kann auch bei Dunkelheit und schlechten Sichtverhältnissen Lebewesen am Straßenrand sicher erkennen. Und sie benötigt nur wenig Bauraum. Foto: Adasky
Kleines Bauteil – große Wirkung
Die hochauflösende Langwellen-Infrarot (LWIR) -Wärmebildkamera kann auch bei Dunkelheit und schlechten Sichtverhältnissen Lebewesen am Straßenrand sicher erkennen. Und sie benötigt nur wenig Bauraum. Foto: Adasky

Experten des Versicherungsverbandes Österreich haben sich einmal die Mühe gemacht, die Kräfte auszurechnen, die bei dem Zusammenstoß des Autos mit einem größeren Tier wirken. Kollidiert etwa ein Auto bei Tempo 60 mit einem Rothirsch, wiegt der Tierkörper etwa so schwer wie ein ausgewachsener Elefant: Fünf Tonnen. Selbst mit einer Fahrgeschwindigkeit des Autos von 50 km/h wirkt ein 80 Kilogramm schweres Wildschwein mit einem Aufprallgewicht von 2 Tonnen auf  das Fahrzeug und Insassen ein. Das erklärt, warum 72 Prozent der Deutschen beim Autofahren in der Dunkelheit große Angst haben, auf Landstraßen mit einem Wildtier zu kollidieren.

Infrarotkamera erkennt Temperaturunterschiede

Denn die so genannten Wildwarnreflektoren am Straßenrand helfen nicht, Wildunfälle zu verhindern, wie ein Feldversuch ergab. Mit ihnen gelang es Wildunfälle weder kurz noch langfristig zu reduzieren. Deshalb schlägt Adasky-CEO Shaharabani nun vor, Autos mit seinen thermischen Sensoren nachzurüsten.

Massive Schäden
Ein kapitaler Keiler hat je nach Fahrgeschwindigkeit des Autos ein Aufprallgewicht von bis zu fünf Tonnen, zeigte sich bei Crashtests des ADAC. Foto: Deutscher Jagdverband
Massive Schäden
Ein kapitaler Keiler hat je nach Fahrgeschwindigkeit des Autos ein Aufprallgewicht von bis zu fünf Tonnen, zeigte sich bei Crashtests des ADAC. Foto: Deutscher Jagdverband

Genau genommen handelt es sich bei dem Adasky-Sensor um eine intelligente, hochauflösende Langwellen-Infrarot (LWIR) -Wärmebildkamera, die entwickelt wurde, um aktive Fahrerassistenzsysteme auch für schlechte Sicht zu optimieren und die höheren Stufen des autonomen Fahrens zu ermöglichen. Sie reagiert bereits auf Temperaturunterschiede von 50 mK (Millikelvin) und kann so Lebewesen, Autos und andere künstliche Objekte erfassen und voneinander unterscheiden.

Geringer Energiebedarf

Weil der Sensor passiv funktioniert, ist er besonders für Elektrofahrzeuge geeignet. Der Sensor hat keine beweglichen Teile, die angesteuert werden müssen, und benötigt dafür keine Energie. Auch nicht zum Senden oder Empfangen von Strahlen, was bei besonders reichweitenstarken Sensoren anderer aktiver Technologien mit einem hohen Energieaufwand verbunden ist. Die Kamera verfügt trotzdem über mehrere Sichtfelder, um verschiedene Szenarien auf der Straße zu erfassen. Und da sie keinen Verschluss benötigt – weil sie sich automatisch rekalibriert – gibt es zeitlich wie örtlich keine “Blind Spots”- anders als bei anderen Sensoren ihrer Klasse.

Ihre Computer-Vision-Algorithmen umfassen auch die Objekterkennung und die Klassifizierung mehrerer Objekttypen sowie die Erkennung des freien Raums, ja sogar die Berechnung der Zeit bis zur Kollision (TTC) zur Unterstützung der Funktionen für die Auffahrwarnung (FCW) und die automatische Notbremsung (AEB) – und das nur bei der Verwendung einer einzigen Wärmebildkamera.

Die Technik könnte schon bald zum Einsatz kommen. Das 2016 in Israel gegründete Start-up konnte nach eigenen Angaben bereits mit einem „führenden US-Autohersteller“ einen Liefervertrag abschließen und hat daraufhin eine Produktionslinie eingerichtet.

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