So ändern sich die Zeiten. Noch vor wenigen Jahren bevölkerten VW-Modelle die Straßen der chinesischen Metropolen- jetzt braucht der niedersächsische Autobauer im Reich der Mitte Partner, um die davonschwimmenden Felle einfangen zu können. Denn VW verliert in China kontinuierlich Marktanteile. Und wenn die Einnahmen aus dem Autogeschäft weiterhin wegbrechen, dann schrillen in Wolfsburg die Alarmglocken besonders laut: Das China-Geschäft war lange eine wichtige Ertragssäule. Da liegt es nahe, sich Verbündete ins Boot zu holen.

Nachdem man sich mit starken Konkurrenten wie BYD nicht ins Bett legen mochte, aber auf der anderen Seite moderne Technik benötigt, die im größten Automarkt der Erde nachgefragt wird, fiel die Wahl auf Xpeng (ausgesprochen: Schaupeng) Motors – einen Autobauer, der erst 2014 von ehemaligen Führungskräften der Guangzhou Automobile Group mit finanzieller Unterstützung von Alibaba und Foxconn gegründet wurde. Mit den Modellen P5, P7 sowie dem G3i hat das Unternehmen aber bereits drei Elektroautos auf den Markt gebracht. Und mit dem selbst postulierten Premiumanspruch liegt das Unternehmen auf einer Wellenlänge mit VW.

Auf großer Fahrt 
Der Xpeng G9 wird in den Niederlanden bereits angeboten, nach Deutschland kommt der Elektro-SUV 2024. Fotos: Xpeng
Auf großer Fahrt
Der Xpeng G9 wird in den Niederlanden bereits angeboten, nach Deutschland kommt der Elektro-SUV 2024. Fotos: Xpeng

Also nahmen die Wolfsburger rund 700 Millionen US-Dollar in die Hand, erwarben 4,99 Prozent an dem börsenotierten Unternehmen und holten sich damit vor allem digitale Kompetenz ins Boot. Der chinesische Autobauer soll vor allem bei der Vernetzung, der Elektronik und der Digitalisierung seine Kompetenz bei der Entwicklung von zwei neuen VW-Mittelklassemodellen einbringen, die auf der X-EEA 3.0-Plattform aufsetzen.

Allradantrieb und 300 kW Ladeleistung

Diese Architektur nutzt bereits das Elektro-SUV Xpeng 9. Und auch wenn Xpeng mit der SEPA-2.0-Plattform schon den nächsten Pfeil im Köcher hat, bietet die X-EEA 3.0-Architektur Features, die VWs eigener Elektrobaukasten MEB auch in der letzten Ausbaustufe Evo nicht darstellen kann. Vor allem beim Laden: Der Xpeng G9 rollt mit 800-Volt-Technik an die Ladesäule und füllt so die die 98 Kilowattsunden-NCM-Akkus mit einer Ladeleistung von bis 300 kW, innerhalb von 20 Minuten von 10 auf 80 Prozent Füllstand. Die maximale Reichweite des G9 Performance gibt Xpeng mit maximal 520 Kilometern nach der WLTP-Norm an. Der durchschnittliche Stromverbrauch soll dabei 21,3 kWh/100 km betragen.

Kurz laden 
Mit einer maximalen Ladeleistung von 300 kW an einem High Power Charger übertrifft der Xpeng G9 sogar Topmodelle wie den Porsche Taycan und Audi e-tron GT.
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Mit einer maximalen Ladeleistung von 300 kW an einem High Power Charger übertrifft der Xpeng G9 sogar Topmodelle wie den Porsche Taycan und Audi e-tron GT.

Das E-Crossover verfügt über einen Allradantrieb mit einer Systemleistung von 405 kW / 551 PS (175 kW vorne und 230 kW hinten) bei einem maximalen Drehmoment von 717 Newtonmetern. Damit erreicht der G9 nach 3,9 Sekunden die 100-km/h-Marke und ist bis zu 200 km/h schnell. Laut Xpeng soll das E-SUV auch schon nach 34,6 Metern stehen, wenn man bei 100 km/h voll auf die Bremse tritt.

Sportler mit gebremstem Schaum

Der Wert ist in Ordnung, erzählt aber nicht die ganze Geschichte: Die Bremse ist leider nicht allzu gut dosierbar, wie sich bei unseren Testfahrt zeigt. Das Bremspedal legt einen langen Weg zurück, ehe eine spürbare Verzögerung eintritt. Das Fahrwerk mit der Zweikammer-Luftfederung machte auf der ersten kurzen Testfahrt immerhin einen guten Eindruck, auch wenn es bei Schlaglöchern und Querfugen sehr straff federt. Aber das ist ein Phänomen, das man bei vielen Elektro-SUVs feststellt. Schließlich wiegt der Xpeng G9 fast 2,3 Tonnen, die sich vor allem auf Schlaglochpisten deutlich bemerkbar machen.

Die Lenkung ist leichtgängig und gaukelt nicht mit hohen Rückstellkräften Sportlichkeit vor. Interessant ist die Gaspedal-Kennlinie. Selbst im Sport-Fahrmodus tritt die Kraftentfaltung so verzögert ein, dass Turbo-Nostalgiker ihre Freude haben.

Großes Kino 
Fast noch wichtiger als das Fahr- ist für Autokäufer in China das digitale Show-Erlebnis. Der G9 von Xpeng hat da einiges zu bieten - nur kein Head-up-Display für den Fahrer.
Großes Kino
Fast noch wichtiger als das Fahr- ist für Autokäufer in China das digitale Show-Erlebnis. Der G9 von Xpeng hat da einiges zu bieten – nur kein Head-up-Display für den Fahrer.

Grundsätzlich bewegt sich der Stelzen-Stromer technisch mit der Konkurrenz auf Augenhöhe. Da geht es nicht um pure Leistung, sondern auch um die Qualität des Infotainment-Systems. Im Xpeng G9 blicken die Insassen auf zwei große 14,96 Zoll Bildschirme und der Fahrer zusätzlich auf einen etwas kleineren Monitor hinter dem Lenkrad, der die digitalen Instrumente darstellt. Das Infotainment erinnert an die Unterhaltungsangebote aus den Nio-Modellen. Das ist aber alles andere als an Nachteil.

Leider ohne Head-up Display

Mit seiner 3-D-Darstellung ist es top-modern und drahtlose Updates sorgen dafür, dass das auch weiterhin so bleibt. Allerdings suchten wir vergeblich nach einem Head-up-Display. Dass fast alle Knöpfe verschwunden sind, daran muss man sich wohl oder übel gewöhnen. Wie beim chinesischen Konkurrenten werden Lenkrad und Außenspiegel umständlich über den Toucscreen eingestellt.

Chinesische Einheitskost 
Das Design des Xpeng G9 ist gefällig, aber ohne besonderen Esprit. Das SUV könnte auch ein Nio oder BYD sein.
Chinesische Einheitskost
Das Design des Xpeng G9 ist gefällig, aber ohne besonderen Esprit. Das SUV könnte auch ein Nio oder BYD sein.

Im Xpeng G9 fühlt man sich trotzdem wohl. Platz ist in dem 4,89 Meter langen SUV ohnehin genug vorhanden. Trotz des Glasdachs hatten wir auf allen Plätzen ausreichend Kopffreiheit. Die hochwertige Verarbeitung trägt ihren Teil zum Wohlfühl-Ambiente bei, ebenso wie die Oberflächen, die den Haptiktest mit Bravour besteht. Dazu kommen Kleinigkeiten wie die beiden großen induktiven Ladeflächen und die Becherhalter, die an der unteren Position einrasten und ansonsten mit der Mittelkonsole eine ebene Fläche bilden.

Xpeng G9 startet schon 2024

Die Geräumigkeit im Innenraum geht auch nicht auf Kosten des Gepäckabteils. Der Kofferraum hat ein Fassungsvermögen von 660 Litern. Legt man die Lehnen der Rückbank um, wächst das Volumen auf 1.576 Liter. Für das Ladekabel und sonstigen Krimskrams gibt es vorne zusätzlich einen 71 Liter fassenden „Frunk“.

Der Xpeng G9 wird gemeinsam mit dem Limousinen-Bruder P7 nächstes Jahr in Deutschland zu haben sein. Die Preise stehen noch nicht fest. In den Niederlanden kostet die Basisversion 57.990 Euro, die Performance-Variante schlägt mit 71.990 Euro zu Buche. Die Preise sind deutlich niedriger angesiedelt, bei 44.380 bis 67.280 Euro.

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