Der erste Schwung von 100 Exemplaren wurde Anfang Dezember im Hafen von Drammen angelandet. 76 Einheiten sind inzwischen in Norwegen zugelassen und noch vor Weihnachten will der Importeur die ersten Exemplare des G3 an Kunden ausliefern. 2021 soll es dann so richtig losgehen, mit größeren Stückzahlen, mit neuen Produkten und auf neuen Märkten wie Deutschland: Die Offensive hat gerade erst begonnen.

Nein, die Rede ist nicht vom Sturmgewehr G3 von Heckler & Koch. Und auch wenn der Name des Herstellers Xpeng für deutsche Ohren auch nach einem Waffenhersteller klingt, handelt es sich beim G3 doch um ein ziviles Produkt. Genauer gesagt um ein Elektro-SUV von 4,45 Metern Länge, mit einer Antriebsleistung von 145 kW (197 PS) und einem Lithium-Ionen Akku von CATL, der 66,5 Kilowattstunden (kWh) Strom für eine Fahrstrecke von rund 450 Kilometern nach der WLTP-Verbrauchsnorm speichern kann.

Trotzdem hat der Xpeng G3 das Potenzial, einige Unruhe zu stiften unter den europäischen, speziell den deutschen Autoherstellern. Zwar tritt Xpeng-Präsident Brian Gu bescheiden auf, redet im Gespräch mit EDISON von langfristigen Perspektiven („Wir wollen nichts überstürzen“) und einem schwierigen Markt, der von heimischen Anbietern dominiert werden. „Wir müssen auch erst einmal unsere Marke bekannt machen und ein Vertriebsnetz aufbauen.“ Das alles brauche Zeit.

Elektro-Crossover für 33.761 Euro

Trotzdem könnten seine Pläne des Unternehmens, das erst vor sechs Jahren von dem IT-Experten He Xiaopeng (mit dem Erlös aus dem Verkauf seines Internet-Browser UC an Alibaba) gegründet wurde, den einen oder anderen Automanager in Wolfsburg, Stuttgart und München nervös machen. Sicher auch Simon Zwahlen, den neuen Chef von Tesla in Deutschland. Vor allem mit dem aggressiven Prizing, das Xpeng in Norwegen praktiziert: Der „Smart SUV“ G3 wird dort in der Ausführung „Super Long Range“ zum Preis 358.000 Kronen, nach aktuellem Kurs umgerechnet 33.761 Euro angeboten. Und das inklusive eines umfassenden Pakets von Assistenzsystemen, das ein teilautomatisiertes Fahren auf Level 2 plus ermöglicht.

Konkurrent für VW ID.4 und Tesla Model Y
Bis zu 451 Kilometer weit soll der Fünfsitzer mit einer Akkuladung kommen. Zu einem Preis von umgerechnet 33.761 Euro inklusive Autopilot und elektrischer Heckklappe. Foto: Xpeng

Mit dem Preis unterbieten die Chinesen den neuen ID.4 Zu dem Preis gibt es den neuen VW ID.4 nicht einmal in der Basisausführung „Pure“ – hier sind wenigstens 36.950 Euro aufgerufen. Und das nach Größe und Konzept vergleichbare Model Y von Tesla werden aktuell wenigstens 58.620 Euro aufgerufen.

Entsprechend groß ist in Norwegen die Nachfrage nach dem Xpeng G3. Nach Informationen lokaler Medien liegen dem Importeuer Zero Emission Mobility AS in Lørenskog bereits 1000 Bestellungen vor. Auch LeasePlan hat das Fahrzeug inzwischen im Angebot. Angeboten wird es dort 3999 Kronen (377 Euro) im Monat bei einer Laufzeit des Vertrages von 36 Monaten und einer Jahresfahrleistung von 15.000 Kilometern.

G für „Geeks“, P für Performance

Und Norwegen ist für den früheren Banker Gu nur ein „Testfeld“ – und Brückenkopf für die Europa-Offensive, die im kommenden Jahr starten soll. Dazu werden gerade am Standort Guangzhou in China die Produktionskapazitäten hochgefahren und in Europa ein Team aufgebaut, das Vertrieb und Service für die Fahrzeuge organisieren soll. „Wir werden noch mehr und noch bessere Autos nach Europa bringen“, kündigt Gu im Gespräch mit EDISON an.

Xpeng-Präsident Brian Gu
Der promovierte Biochemiker und frühere J.P.Morgan-Manager führt seit Frühjahr 2018 die Geschäfte des chinesischen E-Autoherstellers.

Der G3, führt er aus, sei vor zwei Jahren noch für „Geeks“ konzipiert worden, also für Pioniere mit großem Interesse an technischen Innovationen. Mit dem neuen P7 (P für Performance) ziele man hingegen auf den Massenmarkt: Die elegante, 4,88 Meter Fließhecklimousine( Gu: „Das ist unser technisches Aushängeschild“), die zusammen mit Porsche Engineering entwickelt und von Bosch und Brembo mit Teilen bestückt wurde, kommt in der Topversion mit einem 316 kW (430 PS) starken Allradantrieb daher, der 81 kWh große Akku im Fahrzeugboden sorgt für eine Reichweite von über 700 Kilometern. Angeboten wird das Ganze in China zu einem Preis zum geradezu schon sensationellen Preis von umgerechnet 50.000 Euro inklusive Autopilot.

Verdient das börsennotierte Unternehmen, an dem unter anderem Alibaba und Smartphone-Hersteller Xiaomi Anteile halten, bei solchen Preisen noch auf einen Gewinn? Aber ja, versichert Vice Chaiman Gu: „Der P7 hat schon jetzt eine ordentliche Gewinnspanne. Und mit den steigenden Stückzahlen und den Skalengewinnen wird sich das noch verbessern.“ Zumal die Preise für die Lithium-Ionen-Akkus kontinuierlich sinken.

Und die Modellpalette von Xpeng soll weiter ausgebaut werden. Derzeit arbeite man an einer familientauglichen Stufenhecklimousine, „mit moderster Technologie und einer ähnlichen Preispositionierung wie dem G3.“ Auch dafür werde gerade in Guangzhou gerade eine dritte Autofabrik mit einer Kapazität von 150.000 Einheiten hochgezogen. Ende 2022 soll sie in Betrieb gehen. Xpeng könnte dann bei einer Produktion in drei Schichten bis zu 600.000 Elektroautos im Jahr bauen.

Xpeng P7 als Alternative zum Model 3 von Tesla
Das 4,88 Meter lange Performance-Auto wurde zusammen mit Porsche Engineering entwickelt und von Bosch und Brembo mit Teilen bestückt. Foto: Xpeng

„Smarte Elektroautos“, wohlgemerkt. Gu: „Wir haben Fertigkeiten, die über den reinen Elektroantrieb hinausgehen und die das Produkt aufwerten, indem sie es sicherer und komfortabler machen, auch für mehr Produktivität während der Fahrt sorgen.“

Möglich mache dies der selbst entwickelte „X-Pilot“, den Xpeng in Zukunft auch an andere Autohersteller verkaufen will. Zunächst in China, später weltweit. Wie bei Tesla ist die Betriebssoftware „over the Air“, also über das Internet aktualisierbar, so dass das Auto, wie Gu sagt, über die Jahre „nicht älter, sondern im Gegenteil immer jünger wird.“

Und wann werden wir das auch in Deutschland erleben können? „Wir stehen noch ganz am Anfang des Prozesses“, sagt Gu. In den kommenden zwölf Monaten werde man sich andere Märkte in Europa ansehen, die aufgrund einer gut ausgebauten Ladeinfrastruktur reif sind für einen neuen Anbieter. Natürlich auch den deutschen Markt, auch wenn die heimischen Fahrzeughersteller hier sehr stark sind. Gu: „Wir müssen erst einmal den Markt verstehen und einen intelligenten Weg für den Zugang finden.“

Aber wenn ein deutsches Handelsunternehmen, fügt er hinzu, Interesse an XP habe, dann dürfe es sich schon jetzt bei ihm melden.

Artikel teilen

2 Kommentare

  1. Herbert

    Die Frage die sich mir stellt ist können die Chinesen auch Service? Bisher war man ja bei chinesischen Produkten gewohnt dass man sie weg wirft wenn sie ihren Dienst versagen. Bei einem Auto geht das nicht. Es braucht ein regional etabliertes Servicenetz und die benötigen geschulte und kompetente Mitarbeiter. Aber woher sollen die denn kommen? Die traditionellen Vertragswerkstätten europäischer Autohersteller die jetzt auch Service und Reparaturen an E-Autos machen müssen, haben extreme Probleme qualifiziertes Fachpersonal als Mechatroniker mit Hochvoltschein zu bekommen. Jedenfalls haben chinesische Hersteller die jetzt in Europa E-Autos verkaufen wollen nicht beweisen können dass sie auch ein erstzunehmendes Service-Netz hätten. Also viel Spaß mit China-Autos.

    Antworten
  2. rabo

    Ja, es geht los!… Mehr als 20 chinesische Marken, von denen hier bisher kaum zu hören war, schicken sich an, die schläfrigen europäischen/deutschen PKW und LKW – Produzenten technologisch und preislich wachzurütteln und evtl. zu schlucken. Mir fehlt noch die chinesische FCEV Konkurrenz zu Toyota, Hyundai und Honda für die finanzierbare Kaufentscheidung eines „Nicht-SUV“.

    Antworten

Kommentar absenden

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert