Selten spielte der Mobilitätssektor eine derart große Rolle auf der CES in Las Vegas, der derzeit wichtigsten IT- und Tech-Messe der Welt. Neben Künstlicher Intelligenz, autonomen Fahrfunktionen und auch einigen neuen Autos überstrahlten zwei ungewöhnliche Fortbewegungsmittel die internationale Konkurrenz. Xpeng Aeroht, Tochtergesellschaft des chinesischen Autoherstellers Xpeng, zeigt auf der Consumer Electronic Show 2024 seinen neuen vollelektrischen „Land Aircraft Carrier“ (LAC). Bei dem futuristisch anmutenden Gefährt handelt es sich um ein modular aufgebautes Flugauto, das allen ernstes bereits 2025 in die Lüfte gehen soll. Der Zwitter aus Elektroauto und Sportflugzeug kann dabei variabel und weitgehend nahtlos zwischen Land- und Luftmodus hin- und herwechseln.

Das Bodenmodul des Carriers umhüllt das Luftmodul während des Transports auf der Erde. Wird es dort zu eng, kann sich das Luftmodul entkoppeln und dann mit einem Senkrechtstart dem Stau entfliehen. Das sechsrädrige Gefährt bietet dabei Platz für vier bis fünf Personen, die entweder auf niedriger Flughöhe ans Ziel eilen oder sich auf dem Boden mit Allradantrieb und Hinterachslenkung ins Gelände schlagen kann. Nach Angaben des Herstellers hat der „Land Aircraft Carrier“ alle relevanten Flug- und Sicherheitstests bestanden, so dass Xpeng Aeroht nun die Serienproduktion angehen kann.

Elektrischer Tiefflieger 
Land Aircraft Carrier nennt das Tochterunternehmen von Xpeng sein Flugauto, das schon 2025 in die Serienproduktion gehen soll. Konzipiert ist es für niedrige Flughöhen und kurze Strecken. Bis zu fünf Personen können mitfliegen.
Elektrischer Tiefflieger
Land Aircraft Carrier nennt das Tochterunternehmen von Xpeng sein Flugauto, das schon 2025 in die Serienproduktion gehen soll. Konzipiert ist es für niedrige Flughöhen und kurze Strecken. Bis zu fünf Personen können mitfliegen.

„Im Jahr 2013 träumten wir von fliegenden Autos und gründeten Aeroht“, jubelt Tan Wang, Co-Gründer und Vizepräsident von Xpeng Aeroht. „Heute, elf Jahre später, stehen wir davor, den Traum Wirklichkeit werden zu lassen.“ Anfangs dachten die Gründer noch an ein fliegendes Motorrad – inspiriert dazu hatte sie Harry Potters Flugbesen „Nimbus“. Dieses ging 2016 erstmals in die Lüfte und absolvierte später 1500 Tests – und über 50 Abstürze. Sie überarbeiteten daraufhin das Konzept und gewannen den chinesischen Autobauer Xpeng als Partner. Nun sind Wang und sein Partner Zhao Deli überzeugt: „Die ganze Welt ist bereit zum Fliegen!“ Zu technischen Daten des „Low-Altitude Air-Mobility-Explorer wie auch zu einem möglichen Preis mochte er sich allerdings noch nicht äußern.

Auch Hyundai geht in die Luft

Und Xpeng Aeroht ist nicht das einzige Unternehmen, das den Traum vom Flugauto zu realisieren versucht. Auf der CES präsentierte Supernal – ein Tochterunternehmen des südkoreanischen Industriekonzerns Hyundai, sein ebenfalls vollelektrisches Fluggerät S-A2. Hier sind immerhin ein paar Daten bekannt. Das senkrecht startende und landende Luftfahrzeug (electric vertical take off and landing, eVTOL) kann demnach mit seinem Elektroantrieb in einer Reiseflughöhe von 450 Metern Geschwindigkeiten bis 190 km/h zurücklegen. Im Alltagsbetrieb soll das Fluggerät im urbanen Umfeld für kurze und mittlere Strecken bis 60 Kilometern eingesetzt werden.

Abgehoben
Das S-A2 getaufte elektrische Fluggerät von Hyundai ist als Senkrechtstarter konzipiert. Strecken von bis zu 60 Kilometer sollen sich damit darstellen lassen. Angepeilt wird eine Reisegeschwindigkeit von 190 km/h - und der Marktstart 2028.
Abgehoben
Das S-A2 getaufte elektrische Fluggerät von Hyundai ist als Senkrechtstarter konzipiert. Strecken von bis zu 60 Kilometer sollen sich damit darstellen lassen. Angepeilt wird eine Reisegeschwindigkeit von 190 km/h – und der Marktstart 2028.

Ben Diachun, Technikchef von Supernal, gibt allerdings zu, dass vor seinem Team noch viel Arbeit liegt. „Das S-A2 profitiert von den Fortschritten bei elektrischen Antrieben, die die nächste Generation der Luftfahrt definieren werden. Von hier aus werden wir dieses Konzept zu einem revolutionären kommerziellen Produkt entwickeln.“ Dabei baut das S-A2 auf dem Konzeptmodell des S-A1 auf, das bereits auf der CES 2020 vorgestellt wurde. Hyundai-Ableger Supernal hat es sich zum Ziel gesetzt, eine wirtschaftliche Produktion für seine Luftfahrzeuge aufzubauen, die die Sicherheitsstandards der kommerziellen Luftfahrt erfüllen. Der Markstart ist deshalb erst für das Jahr 2028 geplant.

S-A2 so leise wie ein Geschirrspüler

Bei der Entwicklung des Flugtaxis haben Hyundai-Designer unter Leitung von Luc Donckerwolke ihre Erfahrungen aus der Entwicklung von effizienten Elektroautos einfließen lassen. Das S-A2 bietet eine elektrische Antriebsarchitektur mit acht kippbaren Rotoren. Im Start- und Landebetrieb ist das Flugauto dabei mit 65 dB so leise wie ein Geschirrspüler. Im Flug sinkt der Lärmpegel sogar auf 45 dB. Es ist also kaum mehr zu hören.

Reduced to the Max
Hyundai-Designer unter Leitung von Luc Donckerwolke haben die Kapsel des achtmotorigen Fluggeräts gestaltet.
Reduced to the Max
Hyundai-Designer unter Leitung von Luc Donckerwolke haben die Kapsel des achtmotorigen Fluggeräts gestaltet.

„Die Premiere des S-A2 beweist unser unermüdliches Engagement, dieses Ziel mit einem sicheren, effizienten Fahrzeugdesign zu erreichen, das den Weg zum erfolgreichen Markteinstieg ebnet“, sagt Jaiwon Shin als Präsident der Hyundai Motor Group und CEO von Supernal.

Bis die ersten Flugautos und Flugtaxen in die Luft gehen können, sind allerdings neben technischen auch noch einige regulatorische Fragen zu klären: Wann und wo dürfen derartige Gefährte vom Boden abheben – und wer regelt den Verkehr in der Luft? Harry Potter musste sich mit derartigen Problemen nicht herumschlagen. Sein „Nimbus“ brauchte obendrein auch keine Ladestation.

(Mit Ergänzungen von Franz Rother)

Artikel teilen

Kommentar absenden

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert