Elon Musk kann Elektroauto, klar. Er kann auch Raumfahrt. Seine Falcon-Raketen versorgen die Internationale Raumstation (ISS) mit Nachschub und Besatzungen. Jetzt will er zeigen, dass er auch virtuelle Kraftwerke bauen kann. Diese bestehen aus zahlreichen kleinen Stromerzeugern, etwa Solar- und Windenergieanlagen, Wasserkraftwerken und, wie im Fall Musk, aus privaten Batterien, die primär als Pufferspeicher für selbst erzeugten Solarstrom vom Dach dienen. Musk hat sie aus den Akkus entwickeln lassen, mit denen er seine Elektroautos ausrüstet, und sie Tesla Powerwall genannt.

Teilnehmer an Teslas virtuellen Kraftwerken, die in Deutschland von Octopus Energy aus Starnberg bei München betrieben werden, bekommen zusätzlich zu ihrer 13,5 kWh-Powerwall vom Typ 2 ein Steuergerät, auf das eine Steuer-Zentrale via Internet per Hand oder automatisiert zugreifen kann. Wenn im Netz Strommangel herrscht, werden über den Smartmeter die vertraglich an das System angebundenen Batterien bis auf eine vom Kunden selbst festzulegenden Reststrommenge für die Eigenversorgung entleert, um das Stromnetz zu stützen. Wird viel Strom eingespeist, wenn beispielsweise Windräder auf Grund von Starkwinden mehr Strom erzeugen oder PV-Anlagen mehr Sonnenstrom produzieren als aktuell verbraucht werden kann, werden die privaten Powerwalls nach und nach wieder aufgeladen. Um später das Hausnetz zu speisen oder das Elektroauto in der Garage mit Strom zu versorgen.

Teil eines virtuellen Kraftwerks
Mehrere Tesla-Powerwalls mit Inverter und Smartmeter werden zu einem Schwarm zusammengeschaltet, um die Netze zu stabilisieren. Der Strom kann dafür günstiger angeboten werden: Der Betreiber wird von den Netzbetreibern entlohnt. Foto: Tesla

Bislang wurde der Tesla-Stromtarif von Octopus Energy Deutschland nur in Baden-Württemberg und Bayern angeboten. Mitmachen konnte jeder, der bereits eine Tesla Powerwall in Betrieb hat – der Besitz eines Elektroautos von Tesla ist nicht Voraussetzung. Neukunden müssen nicht nur die Tesla Powerwall ordern, sondern auch bereit sein, die Solarziegel von Tesla auf dem Dach ihres Hauses verlegen – damit wird es richtig teuer. Der Service sollte schon bald auf ganz Deutschland ausgeweitet werden. Tesla würde damit in direkte Konkurrenz zu Sonnen aus Wildpoldsried in Bayern und Lichtblick aus Hamburg treten, die ebenfalls virtuelle Kraftwerke aufbauen.

In Kooperation mit dem Branchendienst energate.

Nun hat Octopus Energy seinen Tarif in Kooperation mit dem US-Elektroautobauer Tesla tatsächlich auf das gesamte Bundesgebiet ausgeweitet. Der Tarif richte sich aber weiterhin nur an Besitzer einer Solaranlage in Kombination mit einem Tesla-Batteriespeicher Powerwall, wie Octopus Energy mitteilte. Nach Branchenschätzungen sind in Deutschland nicht mehr als 6.000 bis 8.000 der Tesla-Heimspeicher installiert.

Die beiden Partner bewerben ihren 100-Prozent-Ökostromtarif damit, dass Kunden im Verbrauchspreis lediglich die direkten Energiebeschaffungs- und Netzkosten sowie die staatlichen Steuern und Abgaben bezahlen. Octopus Energy erhebe nur eine Gebühr von 3 Euro pro Monat im Grundpreis. So ergibt sich etwa für den Bezugsort Berlin ein Verbrauchspreis von 29,53 Cent/kWh. Zudem beinhaltet der Tarif eine Preisgarantie von zwei Jahren und eine Kündigungsfrist von einem Monat. Eine Bündelung der Powerwall-Speicherkapazitäten und Einbindung in den Strommarkt über ein virtuelles Kraftwerk, wie andere Speicheranbieter es anbieten, ist den Angaben der beiden Unternehmen zufolge nicht Bestandteil des Angebots.

Strom für 12 Cent – in Großbritannien

Musk hatte seine Kraftwerks-Initiative im Herbst vergangenen Jahres in Großbritannien gestartet. Als Partner gewann er den Stromversorger Octopus Energy, der sich ums Ein- und Ausspeisen des Stroms kümmert und Ökostrom liefert, wenn die Kunden zusätzlichen Bedarf haben. Angeboten werden in Großbritannien verschiedene Tarife. Die günstigsten Konditionen erhalten dort Haushalte mit Powerwall und Tesla-Fahrzeug. In diesem Fall liegt er pro bezogener Kilowattstunde bei acht Pence (umgerechnet rund 8,8 Eurocent). Für Kunden ohne Tesla-Fahrzeug sind es elf Pence (rund zwölf Eurocent). Für die Abgabe von Strom ins Netz zahlt Octopus Energy ebenfalls acht beziehungsweise elf Pence pro Kilowattstunde.

Die Strompreise steigen, die Einspeisevergütungen sinken. Wer schlau ist, nutzt den selbst erzeugten Strom im eigenen Haus - oder Elektroauto. Energiespeicher

Wie in Großbritannien werden auch in Deutschland die Tarife individuell ausgestaltet. Dabei ist davon auszugehen, dass die Strompreise in Deutschland weit höher ausfallen, weil das Strompreisniveau hierzulande aufgrund der Zusatzkosten der Energiewende und staatlicher Abgaben erheblich über dem in Großbritannien liegt. Die Tesla-Stromtarife dürften allerdings unter denen etablierter Stromanbieter bleiben.

Neue Tesla Powerwall mit höherer Leistung

Die Powerwall, der Tesla mittlerweile nach einem Software-Update ein Pluszeichen nachgestellt hat, hat jetzt mit 7,6 Kilowatt eine um rund 65 Prozent höhere Leistung als die Powerwall der ersten Generation. Das bedeutet, dass sie jetzt mehrere Geräte, auch stromhungrige wie Geschirrspüler und Wäschetrockner, gleichzeitig mit Strom versorgen kann. Kurzzeitig sind sogar Leistungen von bis zu 9,6 Kilowatt möglich. An der Speicherkapazität hat sich jedoch nichts geändert. Sie liegt unverändert bei 13,5 Kilowattstunden. Das ist rein rechnerisch deutlich mehr als eine vierköpfige Familie durchschnittlich an einem Tag an Strom verbraucht.

Speichern statt abregeln
Um das Stromenetz vor einer Überlastung zu schützen, werden heute Windkraftanlage abgeschaltet, wenn zuviel Wind weht. Die Speicherung des Stroms in Heimspeichern und der Zusammenschluss der Akkus zu einem virtuellen Kraftwerk kann eine solche Verschwendung von Energie verhindern und die Produktion Erneuerbarer Energien steigern helfen. Grafik: Sonnen

Tesla und sein Partner Octopus gehen natürlich nicht leer aus. Sie verdienen bei dem System an der so genannten Regelenergie, die von den angeschlossenen Batterien aus dem Netz aufgenommen beziehungsweise ins Netz eingespeist wird, wenn es instabil zu werden droht. Diese Kilowattstunden werden von den Betreibern der Stromnetze fürstlich entlohnt – oft mit mehr als einem Euro pro Kilowattstunde.

Schwarm-Batterien auch bei Sonnen und Lichtblick

Tesla will sich mit seinem Angebot auf einem Markt breit machen, der derzeit noch fest in der Hand von Lichtblick und Sonnen ist. Der Solar-Batterien-Lieferant aus Bayern, der inzwischen zum Shell-Konzern gehört, hat nach eigenen Angaben bereits hunderttausende „Schwarm-Batterien“ unter Vertrag, die zusammen eine Leistung im oberen zweistelligen Megawattbereich haben. Würden alle Solarbatterien in Deutschland, auch die anderer Anbieter, zusammengefasst, ergäbe sich ein virtuelles Kraftwerk mit einer Leistung von einem Gigawatt, heißt es bei Sonnen. Dessen Kunden werden, wenn die eigene Stromversorgung nicht ausreicht, aus dem virtuellen Sonnen-Kraftwerk bedient.

„Es ist durchaus möglich, dass der Fremdstromverbrauch auf Null sinkt“, heißt es bei Sonnen. Die Kunden werden am Gewinn aus dem Handel mit Regelenergie beteiligt.

Artikel teilen

Kommentar absenden

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert