Die Meldung, die kürzlich durch die Medien lief, hat viele überrascht: BMW plant, den nächsten X5 ab 2028 auch mit einem Brennstoffzellenantrieb anzubieten. Neben Benzin, Diesel, als Hybrid- und Elektroauto wird der Wasserstoffantrieb die fünfte wählbare Antriebsversion in der kommenden Generation der Baureihe sein, die im kommenden Jahr auf den Markt kommt. Damit geht BMW mal wieder eigene Wege – andere Auto- und Nutzfahrzeughersteller haben sich jüngst von der Antriebstechnologe verabschiedet.

Für Joachim Post, seit Juni Vorstand für Entwicklung, ist die Entscheidung für ein Serienfahrzeug mit Brennstoffzelle nur eine logische Konsequenz. „Wir entwickeln die Technologie weiter. Manche Technologien benötigen etwas mehr Zeit, bis sie sich durchsetzen“, sagt er.

"Manche Technologien benötigen etwas mehr Zeit, bis sie sich durchsetzen“ 
BMW-Entwicklungsvorstand Joachim Post setzt nicht allein auf den Batterieantrieb. In Ländern mit einer schlechten Stromversorgung seien Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb eine gute Alternative - Wasserstoff-Tankstellen vorausgesetzt. Fotos: BMW
„Manche Technologien benötigen etwas mehr Zeit, bis sie sich durchsetzen“
BMW-Entwicklungsvorstand Joachim Post setzt nicht allein auf den Batterieantrieb. In Ländern mit einer schlechten Stromversorgung seien Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb eine gute Alternative – Wasserstoff-Tankstellen vorausgesetzt. Fotos: BMW

Als Beispiel führt der Chef-Entwickler den ersten elektrischen BMW an: Bereits 1972 fuhr ein vollelektrischer BMW 1602 bei den Olympischen Spielen in München als Führungsfahrzeug den Marathon-Läufern voraus – der BMW i3 als erstes elektrisches Serienauto kam erst 41 Jahre später auf den Markt. Innerhalb des doch sehr langen Entwicklungszeitraums und bis zum Serienanlauf des i3 im Jahr 2013 konnte BMW dafür aber viel Erfahrung sammeln – und kann deshalb heute im neuen iX3 bereits die sechste Generation seiner Batterien einsetzen.

BMW X5 Hydrogen für spezielle Märkte

Als weltweit agierender Konzern wolle BMW alle Regionen im Blick haben, argumentiert der Entwicklungschef. Dort, wo es noch keine oder noch keine flächendeckende Ladeinfrastruktur gebe, Kunden aber lokal emissionsfrei fahren wollen, spiele die Brennstoffzelle heute schon ihre Vorteile aus. Damit dürfte klar sein, dass die ersten X5 Hydrogen ab 2028 zuerst genau in diesen Regionen angeboten werden: in Japan, Korea und den USA. Aber auch aus geopolitischen Gründen hält BMW es für notwendig, über Wasserstoff nachzudenken und sich nicht nur von Batteriezellen und Seltenen Erden aus anderen Ländern abhängig zu machen.

„Dass Europa nur auf eine Technologie setzt, halten wir für nicht zielführend. Ein fiktives Datum für ein Abschalten des Verbrenners erachten wir als nicht sinnvoll. Daher entwickeln und bieten wird alle Technologien an – in drei Jahre eben auch ein Modell mit Brennstoffzelle“, sagt Post.

Auf dem Prüfstand 
BMW will 2028 die Serienproduktion des X5 Hydrogen starten, mit einem neuen, sehr kompakten Brennstoffzellenantrieb.
Auf dem Prüfstand
BMW will 2028 die Serienproduktion des X5 Hydrogen starten, mit einem neuen, sehr kompakten Brennstoffzellenantrieb.

Ob ein Kunde sich ab 2028 ein Fahrzeug mit einer Brennstoffzelle zulegen solle, hänge daher neben dem Nutzungsverhalten vor allem vom Zugang zu gasförmigem Wasserstoff ab. In Ländern und Regionen mit einer schwachen Stromversorgung könne daher ein Wasserstoffauto eine Alternative sein, da es wie ein konventioneller Verbrenner betankt und gefahren werden kann. „Im Umkehrschluss ergibt es aber auch keinen Sinn, solche Fahrzeuge in Regionen anzubieten, in denen es keine Wasserstoff-Infrastruktur gibt“, sagt Joachim Post.

Toyota und Hyundai als Vorreiter

Wie in Deutschland? Von den einstigen rund 110 Wasserstofftankstellen sind derzeit nur noch rund 70 für die Öffentlichkeit geöffnet. Nur noch an 44 Stationen können Brennstoffzellenautos Wasserstoff mit 700 bar tanken – zu Preisen zwischen 15 und 20 Euro pro Kilogramm. Zum Vergleich: In Deutschland gibt es derzeit rund 14.400 Tankstellen, die hauptsächlich Benzin und Diesel anbieten. Und inzwischen über 180.000 Möglichkeiten im öffentlichen Raum, Elektroautos preisgünstig mit Strom zu befüllen.

Doch der Mangel an Wasserstoff-Tankstellen besteht angeblich nur vorübergehend. Denn in der Verordnung zur Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR) (pdf) hat die EU verbindliche Ziele für den Aufbau von Wasserstofftankstellen bis zum 31. Dezember 2030 festgelegt. Laut AFIR müssen die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass künftig im Abstand von maximal 200 Kilometern auf dem Transeuropäischen Verkehrsnetz (TEN-V-Kernnetz) und in jedem urbanen Knotenpunkt öffentlich zugängliche Wasserstofftankstellen mit einer Tageskapazität von mindestens 1.000 Kilogramm und mindestens einer 700-bar-Anlage für Pkw stehen.

Schwachpunkt Infrastruktur 
Von den einstigen rund 110 Wasserstofftankstellen in Deutschland sind derzeit nur noch rund 70 öffentlich zugänglich. Und nur an 44 Stationen können Brennstoffzellen-Autos Wasserstoff mit 700 bar Druck tanken, zu Preisen von bis zu 20 Euro pro Kilogramm.
Schwachpunkt Infrastruktur
Von den einstigen rund 110 Wasserstofftankstellen in Deutschland sind derzeit nur noch rund 70 öffentlich zugänglich. Und nur an 44 Stationen können Brennstoffzellen-Autos Wasserstoff mit 700 bar Druck tanken, zu Preisen von bis zu 20 Euro pro Kilogramm.

Lösen die Tankstellen dann das Henne-Ei-Problem? Denn bisher fehlen nicht nur Tankstellen, sondern auch die Abnehmer. Im Pkw-Bereich bieten aktuell lediglich Toyota und Hyundai mit Mira und Nexo zwei Modelle an – ab 2028 folgt dann BMW. Damit bleibt allerdings das Angebot weiter überschaubar. Ebenso wie der Verkaufserfolg: Toyota verkaufte 2025 nur 34 Exemplare des Mirai. Und am 1. Januar 2025 registrierte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hierzulande lediglich einen Bestand von 1.802 Pkw mit Brennstoffzellenantrieb.

Mit den Tankstellen wächst die Nachfrage?

BMW schätzt, dass sich der Absatz von X5-Modellen mit Brennstoffzelle anfangs nur langsam entwickeln wird, vielleicht mit nur ein paar tausend Fahrzeugen pro Jahr. „Wenn bis dahin die Infrastruktur aber vorhanden ist, kann es auch deutlich schneller gehen“, hofft Post.

BMW X5 Hydrogen der nächsten Generation 
Den SUV wollen die Bayern mit fünf Antrieben anbieten: Als Benziner und Diesel, als Plug-in-Hybrid und Batterieauto, aber ab 2028 auch mit einem Brennstoffzellenantrieb. Vor allem in Asien und Nordamerika sieht das Unternehmen dafür einen Markt.
BMW X5 Hydrogen der nächsten Generation
Den SUV wollen die Bayern mit fünf Antrieben anbieten: Als Benziner und Diesel, als Plug-in-Hybrid und Batterieauto, aber ab 2028 auch mit einem Brennstoffzellenantrieb. Vor allem in Asien und Nordamerika sieht das Unternehmen dafür einen Markt.

Damit Wasserstoff sein volles Potenzial entfalten kann, muss dieser künftig aus erneuerbaren Quellen stammen – nur dann ist eine echte CO₂-Neutralität gewährleistet. Doch um überschüssigen Strom aus Wind- und Solaranlagen in Wasserstoff umzuwandeln wie bei dem Projekt „E-Farm“ von GP Joule in Schleswig-Holstein, braucht es groß dimensionierte Elektrolyseanlagen – und diese sind kostspielig. Dennoch zeigt sich: Selbst Wasserstoff, der auf Erdgasbasis produziert wird (der sogenannte graue Wasserstoff), schneidet in der CO₂-Bilanz über die gesamte Wertschöpfungskette betrachtet rund 25 Prozent besser ab als Benzin oder Diesel aus fossilen Quellen.

BMW iX3 wäre prinzipiell auch Wasserstoff-tauglich

Vorerst soll die Technologie im BMW X5 Hydrogen exklusiv bleiben. Denn Fahrzeuge mit Brennstoffzelle sind vor allem bei größeren und schweren Fahrzeugen sinnvoll. Damit lässt sich ein großer Akku vermeiden, das macht das Fahrzeug leichter. Theoretisch ließe sich die Brennstoffzelle mit dem großen H2-Tank auch in Fahrzeugen wie dem neuen iX3 auf Basis der Neuen Klasse integrieren. „Der Wasserstoffantrieb ist für X-Modelle und Limousinen geeignet. Die Größe der Brennstoffzelle konnten wir seit der ersten Generation signifikant reduzieren“, verrät Entwicklungsvorstand Post.

Erst einmal nur mit Batterieantrieb 
Der vollelektrische BMW iX3 könnte zu einem späteren Zeitpunkt auch mit einer Wasserstoff-Brennstoffzelle betrieben werden.
Erst einmal nur mit Batterieantrieb
Der vollelektrische BMW iX3 könnte zu einem späteren Zeitpunkt auch mit einer Wasserstoff-Brennstoffzelle betrieben werden.

Um die Kosten bis zum Serienlauf zu minimieren, entwickelt BMW mit Toyota ein Grundsystem. In den späteren Modellen sollen sich die Antriebe aber unterschiedlich fahren. BMW setzt auf eine sportlichere Ausprägung als die Kollegen in Japan. Bisherige Prototypen leisten rund 400 PS, fahren bis zu 180 km/h schnell und bieten eine Reichweite von über 500 Kilometern. Die beiden Wasserstofftanks mit einer Gesamtkapazität von sechs Kilogramm lassen sich im optimalen Fall in drei bis vier Minuten betanken. Die Herausforderung der Entwicklung liegen im – durch den Wasserstofftank erforderlichen – anderen Sicherheitskonzept, in einer spezifischen Batterie und natürlich in einer dauerhaltbaren und effizienten Brennstoffzelle mit Verdichter.

Keine neue Verbrenner-Generation mehr

Zur Technologie-Offenheit von BMW zähle auch, dass neben den Batterieautos auch die Verbrenner noch eine Weile weiterentwickelt werden. BMW hat seine Grundmotoren so vorbereitet, dass alle Abgas-Grenzwerte in naher Zukunft erfüllt werden. Über die Peripherie, Aerodynamik oder Klimaverbrauch lasse sich der CO2-Ausstoß zwar noch ein wenig senken. Aber die Technik ist weitgehend ausgereizt. Eine komplett neue Motorengeneration sieht BMW deshalb derzeit nicht, da sie sich für die Zukunft technisch gut aufgestellt fühlt.

Neben Wasserstoff experimentiert BMW statt dessen noch mit einer Fahrzeug-Testflotte, die mit HV100 betrieben wird. HVO100 ist ein alternativer Dieselkraftstoff, der aus erneuerbaren Quellen wie pflanzlichen Ölen und tierischen Fetten hergestellt wird und als klimafreundliche Alternative zu herkömmlichem Diesel gilt.

Nach Meinung des Entwicklungsvorstands werden batterieelektrische Fahrzeuge in naher Zukunft weltweit auf einen Anteil zwischen 30 bis 50 Prozent bei den Neuzulassungen kommen – aber eben nicht auf 100 Prozent. Märkte wie die USA, Südamerika oder Afrika, aber auch Europa bräuchten mehr Zeit, um die Elektromobilität durchzusetzen. Europäische Kunden entschieden immer noch abhängig vom Nutzungsverhalten und vom Strompreis. An Wasserstoff werde die Autoindustrie daher nach nicht vorbeikommen – da ist sich der BMW-Vorstand ganz sicher.

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2 Kommentare

  1. CyberSlim

    Je tiefer die Preise für Solar+Batterie fallen, desto höher fliegen bei BMW die H2 Luftschlösser!

    Einfach nur noch peinlich, oder macht man weiter um noch mehr Subventionen einzustecken?

    Antworten
  2. Willy

    „Dort, wo es noch keine oder noch keine flächendeckende Ladeinfrastruktur gebe, Kunden aber lokal emissionsfrei fahren wollen, spiele die Brennstoffzelle heute schon ihre Vorteile aus.“

    Wo auf dieser Welt gibt es ein flächendeckendes Tankstellennetz für Wasserstoff, aber keine Ladeinfrastruktur?

    Antworten

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