Plug-in-Hybride sind derzeit in Deutschland beliebt: Rund 29.400 Fahrzeuge mit den zwei Herzen konnten die Autobauer vergangenes Jahr verkaufen – mehr noch als reine Batterieautos mit circa 25.000 Exemplaren. Vor ein paar Jahren waren Käufer kritischer: Sind zwei Antriebssystem nicht etwas viel? Doch jetzt steigt die Nachfrage.
Plug-ins besitzen einen Elektroantrieb und einen Verbrennungsmotor, dazu noch einen größeren Akku, den der Fahrer an der Steckdose oder Ladesäule füllen kann. Daher lassen sich auch längere Distanzen rein elektrisch zurücklegen – anders als mit den einfachen Hybriden, deren kleinere Batterie nur während der Fahrt geladen wird.
Auch in anderen Ländern wächst das Interesse an den Plug-in-Hybriden, etwa in Norwegen, dem europäischen Vorreiter in Sachen Elektromobilität. In den Niederlanden hingegen sind die Verkaufszahlen drastisch eingebrochen, nachdem der Staat die Zuschüsse für diese Fahrzeuge gestrichen hat. Denn ihr Nutzen für das Klima ist umstritten.
Viele sehen im Plug-in-Hybrid die Weiterentwicklung der Hybrid-Antriebstechnologie. Andere halten das Konzept nur für einen faulen Kompromiss. Bestenfalls kann es doch eine Übergangstechnologie werden – oder? Ein Vergleich der Hybridsysteme mit dem rein elektrischen Antrieb hilft, die Frage zu beantworten.
Kein E-Auto ohne feste Lademöglichkeit
Heute fahren vor allem diejenigen Menschen regelmäßig Elektroauto, die ihr Fahrzeug zuhause aufladen können oder die – derzeit noch – wenigen, die es beruflich nutzen. Das Laden beim Arbeitgeber ist noch eine Ausnahme, obwohl das Energietanken über Tag einen nachweislich positiven Einfluss auf das Energiesystem hat, weil es Nachfrage nach dem dann reichlich vorhandenen Solarstrom schafft.
Wer allerdings täglich längere Strecken zu fahren hat, kämpft heute noch mit der unzureichenden öffentlichen Ladeinfrastruktur. Die Bewohner von Mehrfamilienhäusern in den Innenstädten haben wiederum nur begrenzt Zugang zu Lademöglichkeiten.
All diese Probleme mit der Ladeinfrastruktur sprechen auf den ersten Blick für den Plug-In-Hybrid. Meist verfügen die Modelle über rund 50 Kilometer elektrische Reichweite – völlig ausreichend für den Stadtverkehr. Wer dann nicht regelmäßig laden kann, dem bleibt ja immer noch der Verbrennungsmotor.
Kleiner Akku, schnell geladen
Zudem lässt sich die kleinere Batterie im Plug-in viel schneller laden als der deutlich größere Akku im reinen Elektroauto – gut zu schaffen beim Kinobesuch oder einem längeren Einkauf. In zwei bis drei Stunden maximal ist der Akku an der heimischen Wallbox wieder voll, an den leistungsstärkeren öffentlichen Säulen meist in weniger als einer Stunde. Auf längeren Strecken ist die Mobilität nicht eingeschränkt, der Fahrer muss seine Route nicht nach der Infrastruktur ausrichten, keine zusätzliche Zeit für Pausen einplanen und kann auch spontan Umwege machen.
Wer überwiegend in der Stadt auf kürzeren Distanzen unterwegs ist, gerät aber schnell in ein Dilemma. Wieso dann noch den gesamten Antriebstrang bestehend aus Verbrennungsmotor, Getriebe, Tank mitschleppen? Plug-In-Hybride bieten die Hersteller vor allem in den teuren Segmenten an, also als größere Limousinen und SUV. Die Besitzer dieser Modelle fahren meist längere Distanzen. Wozu dann noch den elektrischen Antrieb mit Elektromotor und Batterie dabeihaben?
Ist also ein Plug-In- Hybrid ein guter Kompromiss, indem er das Beste aus zwei Welten verbindet oder doch eher eine Krücke und ökologische Mogelpackung?
Konkretes Beispiel zeigt Vorteile
Eine Analyse verschiedenster Ökobilanzen zeigt: Über den gesamten Lebensweg hinweg (Cradle-to-Grave Betrachtung), das heißt im Hinblick auf ihren ökologischen Rucksack zuzüglich der während der Nutzung und dem Recycling erzeugten Emissionen, liegen Plug-In Hybride etwa gleichauf mit einem vergleichbaren Diesel. Sie schneiden aber besser ab als ein Benziner.
Ein konkretes Beispiel verdeutlicht das. Ein Plug-In-Hybrid in der Kompaktwagen-Klasse mit 50 km elektrischer Reichweite geht nach Berechnungen des ifeu Institut heute mit einem ökologischen Rucksack von 8,8 Tonnen CO2-Äquivalenten an den Start, 18 Prozent mehr als ein vergleichbarer Diesel mit 7,2 Tonnen und 18 Prozent weniger als ein Elektroauto.
Addieren wir die Emissionen aus dem Betrieb dazu und berücksichtigen wir die Weiterentwicklung des deutschen Strommix mit abnehmenden Emissionen, so schneidet der Plug-In-Hybrid bei 50 Prozent elektrischer Fahrweise um 10 Prozent besser ab als der Diesel. Wird die Batterie größer und weniger elektrisch gefahren, etwa auf der Langstrecke und bei Oberklasse-Fahrzeugen, zum Beispiel mit 80 Kilometern elektrischer Reichweite, schneidet oft ein Diesel besser ab.
Hinzu kommt: Die laut Norm niedrigen Verbräuche und CO2-Emissionen von Plug-In Hybriden lassen sich nur erreichen, wenn die Fahrer die Batterie optimal nutzen. Doch laden diese ersten Studien zufolge die Akkus viel seltener wieder auf als nötig, selbst bei vorhandener Lademöglichkeit zuhause. Damit kommen die Nutzer niemals auf den Schnitt aus den zertifizierten Fahrprofilen, sondern liegen häufig eher deutlich darüber. Das hat die Politik in den Niederlanden veranlasst, die monetären Anreize für Plug-In Hybride wieder zu kappen.
Range Extender wird ökologischer gefahren
Einer neueren Studie des Fraunhofer-Instituts ISI zufolge, legen Plug-In-Hybrid-Fahrer pro Jahr insgesamt genauso weite Strecken elektrisch zurück wie die Fahrer reiner Elektroautos. Doch ein genauer Blick auf die für die USA und Deutschland ausgewerteten Daten zeigt, dass diese Aussage hierzulande eigentlich nur für den BMW i3 mit Range Extender gilt. Für ihn nahmen die Studienautoren eine elektrische Reichweite von 120 Kilometer im Realbetrieb an.
In den USA galt diese Schlussfolgerung nur für die wenigen Modelle mit 60 Kilometer nutzbarer elektrischer Reichweite. Besitzer von Modellen mit elektrischen Reichweiten von 40 oder weniger Kilometer fahren im Durchschnitt jährlich nur halb so weit elektrisch wie reine Batteriefahrzeuge. Im Einzelfall kann also ein Plug-In Hybrid der erste Schritt in die richtige Richtung sein.
Die gute Nachricht: Die Hersteller erweitern die verfügbare Modellpalette schon ab 2019 deutlich. Allerdings liegt die elektrische Reichweite bei vielen Fahrzeuge heute noch unter 50 Kilometer. In Deutschland beträgt statistisch gesehen die täglich zurückgelegte Entfernung im Durchschnitt 41 Kilometer, wie hier gezeigt. Im Einzelfall sollte also jeder, der ein Plug-in-Hybrid kaufen möchte, sein tatsächliches Nutzerprofil im Alltag berücksichtigen.
Die Frage, ob Plug-in-Hybride der ideale Zwitter sind, ist also nicht so leicht zu beantworten. Wer auf Elektromobilität umsteigen möchte, aber aufgrund seiner Fahrbedürfnisse oder der benötigten Infrastruktur noch nicht mit vertretbarem Aufwand im Alltag mit einem reinen Elektroauto klarkommt, für den ist der Plug-in eine gute Übergangslösung. Denn sind wir ehrlich: Wer dieses wunderbare elektrische Fahrgefühl einmal genossen und sich daran gewöhnt hat, möchte sowieso nicht mehr zurück. Das sagen natürlich nur Menschen, die auch schon mal elektrisch gefahren sind – von denen aber sehr viele.
Wenn der Fahrer zudem im Alltag so viel wie möglich elektrisch fährt, ist dies ein guter Schritt. Eine eigene Lademöglichkeit ist dafür dann aber eigentlich unerlässlich.
Großes Plus: Flexibilität
Ich kenne viele, die die entsprechende Flexibilität im Alltag und die Reichweite benötigen und glaubwürdig weg wollen von Diesel & Co. Sie fahren oft kurze Strecken von Zuhause aus und machen ab und an eine längere Dienstreise. Wer jedoch mit dem Elektro-Image Greenwashing betreibt, beständig auf der linken Spur mit seinem SUV Vollgas fährt und das Ladekabel nur hervorholt, damit er den Parkplatz in der ersten Reihe bekommt, dem werfe ich Etikettenschwindel vor.
Ich behaupte: Wer heute aus Überzeugung einen Plug-In-Hybrid kauft, möchte eigentlich ein Elektroauto, kommt damit aber noch nicht jederzeit klar. Und er erwirbt den Plug-in vermutlich zum ersten und zum letzten Mal. Er kann allerdings jetzt mit seiner Entscheidung ein Signal setzen und darf dann gerne von der ab 2019 reduzierten Dienstwagen-Besteuerung und der Kaufprämie profitieren. Das hilft auch vorübergehend der Automobilindustrie und dem Standort Deutschland.
Bei allen sinnvollen Kompromissen und Übergangslösungen sollten wir jedoch auf keinen Fall das Fernziel aus dem Auge verlieren: eine emissionsfreie Mobilität.