An der einen Ladesäule können Elektroautos mit einer Ladeleistung von bis zu 150 kW Grünstrom zapfen, an der anderen sogar mit 300 kW – derweil der Besitzer im REWE-Markt seine Lebensmitteleinkäufe tätigt. Mit der Inbetriebnahme der insgesamt vier HighPower-Charger in Meerbusch-Büderich nahe Düsseldorf hat die Zusammenarbeit zwischen dem Energieversorger und Ladepunktbetrieber EnBW mit der Handelskette REWE Group nun konkrete Formen angenommen. Hunderte weitere Standorte sind in Planung, viele auch bereits in Bau oder kurz vor der Fertigstellung. EDISON nutzte die Gelegenheit zu einem Ladetalk mit Timo Sillober, dem Chief Sales & Operations Officer und Verantwortlichen für die Elektromobilität bei der EnBW.
Herr Sillober, Schnelllader statt Schnarchlader, Ladeparks am Supermarkt statt an der Schnelllstraße – zeichnet sich da eine neue Strategie beim Aufbau der Ladeinfrastruktur ab?
Nennen wir es mal eine neue Phase. In den urbanen Bereichen gibt es nach wie vor große Versorgungslücken, weil es aufgrund der vielen Mehrfamilienhäuser keine oder kaum Möglichkeiten zum Aufbau privater Lademöglichkeiten gibt. Und die Installation von Lademöglichkeiten in Tiefgaragen ist ein langwieriger Prozess. Da sind die Parkplätze von Einkaufszentren und Supermärkten ideale Plätze, um Fahrerinnen und Fahrern von Elektroautos ohne eigene Garage und Wallbox eine Lademöglichkeit anzubieten.
Wenn man von Anfang an diese Strategie gefahren wäre, hätte man sich den Aufbau vieler Wechselstrom-Lader am Straßenrand sparen können.
Jein. Die ersten AC-Ladesäulen sind aufgestellt worden, als das schnelle Gleichstrom-Laden noch gar nicht so präsent war. Es ist ja noch gar nicht so lange her, dass eine Ladeleistung von 50 kW als schnell galt. Jetzt sind wir hier schon bei 300 kW und im nächsten Jahr reden wir über bis zu 400 kW. Die neue Strategie ist auch Technologiesprüngen geschuldet.
Was kostet hier die Kilowattstunde?
Das hängt vom Ladetarif ab. Im EnBW mobility+ Viellader-Tarif sind es 46 Cent bei einer monatlichen Grundgebühr von 5,99 Euro. Im Standard-Tarif ohne Grundgebühr sind es 55 Cent.
Wie groß ist der Anteil Ihrer Kunden, die sich vertraglich binden?
Wir stellen fest, dass die Bindungsbereitschaft wächst. Die Menschen schätzen den Komfort beim schnellen Laden in unserem EnBW HyperNetz und laden deshalb regelmäßig an unseren Schnellladesäulen. Und dann rechnet sich der Vielllader-Tarif natürlich.
46 Cent pro Kilowattstunde sind ein Wort. Nach unseren Recherchen für den „Charging Radar“ werden inzwischen an manchen Schnellladesäulen und von manchen EMPs Preise von zum Teil über einem Euro pro Kilowattstunde aufgerufen. Wie lange können Sie Ihren Preis denn noch halten?
Das hängt natürlich von der Marktentwicklung ab.
Da geht es stetig nach oben.
Wir sehen da gerade eine kleine Entspannung. Die Strompreise waren die vergangenen Tage am Spotmarkt leicht rückläufig, Aber es ist derzeit schwierig, eine Vorhersage über die weitere Entwicklung zu machen. Aktuell können wir unsere Ladetarife für unsere Kundinnen und Kunden jedenfalls noch stabil halten.
Angesichts der Entwicklung der Strompreise in den vergangenen Wochen befürchten manche Experten bereits, dass die Antriebswende hin zu Elektroautos kippen könnte. Sie auch?
Ich habe die entsprechenden Veröffentlichungen auch gelesen. Ich frage mich aber, wie der Betrieb eines Elektroautos teurer als der eines Benziners sein soll, wenn der Haushaltsstrom 35 Cent kostet. Und die meisten Elektroautos werden ja zuhause geladen. Zudem ist die CO2-Besteuerung der fossilen Kraftstoffe auch weiterhin ein Thema. Damit wird der Preis für den Liter Benzin in Zukunft weiter steigen. In Summe bleibt damit ein Elektroautos günstig. Also: Eine Abkehr von der Antriebswende sehe und erwarte ich nicht.
Manche Experten rechnen in den nächsten Monaten wegen der weiterhin angespannten Lage auf dem Strommarkt schon mit Drosselungen der Ladeleistungen an der Ladesäulen. Ist das ein Szenario, mit dem Sie sich auch beschäftigen?
Nicht wirklich. Wir bei der EnBW sehen noch keine Strom-Mangellage in Deutschland, werfen ja gerade Reserve-Kraftwerke wieder an. Da ist also noch Potenzial zur Stromerzeugung da. Ich weiß nicht, wie der Winter wird. Aber um die Stromversorgung mache ich mir derzeit keine Sorgen. Drosseln werden wir sicher nicht.
Der Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektroautos wird also weiter gehen?
Ja klar, wir marschieren weiter. Bis 2035 müssen wir den CO2-Ausstoß im Verkehr halbieren. Derzeit und im kommenden Jahr erleben wir vielleicht eine kleine Delle bei der Antriebswende. Aber dafür wird der Anstieg bei den Neuzulassungen von Elektroautos bis 2030 umso steiler sein. Das ist meine feste Überzeugung. Derzeit ist die Elektromobilität noch ein Zuschussgeschäft. Aber 2025 werden wir den Kipppunkt erleben.
Das Bundeskabinett hat kürzlich den „Masterplan Infrastruktur II“ verabschiedet. Wird der für einen neuen Schub sorgen?
Ich glaube nicht. Ich finde es schade, dass da nicht mehr herausgekommen ist. Wir sind beim Aufbau der Ladeinfrastruktur eigentlich wesentlich weiter als in dem Papier dargestellt. Und anstatt die Prozesse zu vereinfachen, werden nun eher neue Hürden aufgebaut, die ohnehin schwierigen Genehmigungsprozesse durch neue Überlegungen aufgehalten. Und nun soll noch einmal diskutiert werden, wie entlang der Autobahn der Aufbau des Netzes und der Stationen sein sollte. Ich halte das für den falschen Weg. Wir hätten jetzt eine Chance gehabt, um der Vielzahl der Marktteilnehmer, die bereits Stationen aufbauen, den Weg zu erleichtern. Statt dessen bremsen wir uns mal wieder selbst aus.
Vom landesweiten „Deutschlandnetz“ hört man auch nicht mehr viel. Liegt das an den Klagen, die gegen die Planungen und die geplante Deckelung der Strompreise dort erhoben wurden?
Die Klagen stehen dem Aufbau des Deutschlandnetzes natürlich im Wege. Das verunsichert nicht nur die Genehmigungsbehörden, sondern auch Marktteilnehmer wie uns. Der Aufbau neuer Ladestationen an den Autobahnen ist derzeit schwierig. Das ist sehr schade, denn es bremst uns ein wenig aus.
Vielen Dank für das Gespräch.