Die Sonne liefert kostenlos Energie – aber nicht rund um die Uhr. Um das zu ändern, will die Europäische Raumfahrtagentur (European Space Agency, kurz: Esa) Mit Hilfe von Solarkraftwerken im Weltall auf die Erde beamen, 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr. Und wohin die Energie gerade benötigt wird.
Weltraumgestützte Solarenergie oder Space-Based Solar Power (SBSP) nennt sich das Verfahren, um Solarenergie aus dem Weltraum auf die Erde zu übertragen. Die Idee ist, in einer geostationären Umlaufbahn Systeme zu installieren, die Sonnenenergie absorbieren und in Mikrowellen mit einer geringen Leistungsdichte wandeln. Diese werden zu Empfängern auf der Erde übertragen, die sie in elektrischen Strom wandeln.
Satelliten und Empfänger müssen riesig sein
Kürzlich hat die Esa diese drahtlose Energieübertragung in einer Fabrik des europäischen Luftfahrtkonzerns Airbus in München demonstriert: Über eine Entfernung von 36 Metern wurde Energie übertragen, die dann genutzt wurde, um ein Stadtmodell zu beleuchten, per Elektrolyse grünen Wasserstoff zu erzeugen sowie alkoholfreies Bier zu kühlen.
Vorteil von SBSP ist, dass Solarenergie rund um die Uhr zur Verfügung steht. Um allerdings die Leistung etwa eines Atomkraftwerks zu liefern, müsste ein Satellit im Orbit nach Angaben der Esa mehrere Quadratkilometer groß sein. Das Gleiche gilt für die gleichrichtenden Antennen (Englisch: Rectifying Antenna, kurz Rectenna) auf der Erde.
Die Esa will sich im Rahmen eines Projekts mit der Bezeichnung Solaris 2 mit SBSP beschäftigen. Mit begrenzten Anfangsinvestitionen sollen unter anderem die technische Machbarkeit, die Wirtschaftlichkeit sowie der mögliche Betrag zur Dekarbonisierung der terrestrischen Energieversorgung geprüft werden.
Eine der größten technischen Schwierigkeiten ist der Wirkungsgrad: Um SBSP wirtschaftlich zu betreiben, müssen laut Esa 10 bis 15 Prozent der einfallenden Sonnenenergie als nutzbare Energie auf der Erde ankommen. „Auch wenn das theoretisch möglich scheint, muss es noch durch die Entwicklung und Erprobung der Hardware nachgewiesen werden.“
Laut einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung Roland Berger hat SBSP „das Potenzial […], eine kostenmäßig wettbewerbsfähige erneuerbare Technologie zu werden und dabei Grundlastkapazität bereitzustellen.“ Die nötigen Technologien könnten demnach in spätestens 20 Jahren zur Verfügung stehen.
Während die Esa die Machbarkeit prüfen will, sind andere schon weiter: In China etwa wurde vor einigen Monaten Energie drahtlos über eine Entfernung von rund 55 Metern übertragen. Das US-Militär schaffte in Frühjahr sogar einen Kilometer. Das California Institute of Technology (Caltech) hat kürzlich angekündigt, noch in diesem Jahr erste Solarkacheln ins All zu schießen.
In Europa entscheiden Esa-Mitgliedsstaaten auf ihrer nächsten Tagung über das Projekt Solaris 2. Die zuständigen Minister treffen am 22. und 23. November zusammen.