Knapp einen Monat vor der Bundestagswahl werden die Rufe nach einer grundlegenden Reform des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) lauter. „Wir können nicht nur auf Technologien setzen, die zum einen nicht überall sinnvoll einsetzbar sind und die sich zum anderen nicht jeder leisten kann. Andernfalls überlasten wir die Bevölkerung, den Mittelstand und auch die Industrie“, warnte Hagen Fuhl, Prokurist von Senertec, im Interview mit energate. Der deutsche Hersteller, der in Schweinfurt Blockheizkraftwerke nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) baut und inzwischen auch Wärmepumpen in Energielösungen etwa für Gewerbeunternehmen oder Pflegeeinrichtungen einbindet, wirbt für mehr Technologieoffenheit.
„Bezahlbarkeit und Versorgungssicherheit stärken“
Seine Kritik bezieht sich auf die Vorgabe des Paragrafen 71 im GEG, dass jede Heizungsanlage mindestens 65 Prozent der mit der Anlage bereitgestellten Wärme mit erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme erzeugen muss. Wärmepumpen und Fernwärmenetze zählen als Erfüllungsoption, nicht aber die Kraft-Wärme-Kopplung, die der grüne Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck bewusst außen vor gelassen hatte.

Senertec-Prokurist Hagen Fuhl vor einer Kraft-Wärme-Kopplungsanlage vom Typ Dachs, die auch mit Wasserstoff betrieben werden kann. Foto: Senertec
„Aktuell wird diese Technologie schlicht übersehen, wir sind sozusagen eine Randnotiz“, sagte Fuhl. Für ihn hat der Klimaschutz in der laufenden Legislaturperiode zu stark im Vordergrund gestanden – auf Kosten der Bezahlbarkeit und Versorgungssicherheit. „Denken wir nur an die Dunkelflaute Anfang November zurück, die fast eine Woche lang gedauert hat“, erinnerte der Energiemanager, der hier auf Rekordpreise von 800 Euro pro Megawattstunde verwies. Konventionelle und KWK-Anlagen liefen da auf Hochtouren, und trotzdem musste Deutschland ein Fünftel des Stromes aus dem Ausland zukaufen.
Für den Senertec-Prokuristen liegt der Schluss nahe, dass in solchen Fällen KWK-Anlagen Strom und Wärme relativ günstig erzeugen müssen und umgekehrt Wärmepumpen eher in Zeiten hoher Solar- und Windeinspeisungen laufen.
Hersteller erwarten zeitnahe Gewissheit
Mit seiner Hoffnung, dass eine CDU-geführte Regierung wie bereits angekündigt die 65-Prozent-Vorgabe zu Fall bringt und sich dafür stärker am CO2-Ausstoß orientiert, ist Fuhl nicht allein. Auch der Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) setzt sich in einem Positionspapier zur Bundestagswahl dafür ein, das GEG zu „entschlacken“ und neben Strom auch nicht fossil erzeugte Gase und Öl in die Dekarbonisierungsstrategie mit einzubeziehen.
Dass Deutschland das ganze Gesetz einfach abschaffen kann, hält der ZVSHK-Hauptgeschäftsführer Helmut Bramann allerdings für unrealistisch. „Es basiert in wesentlichen Teilen auf europäischen Vorgaben und muss sogar im Jahr 2026 von einer künftigen Bundesregierung wieder überarbeitet werden, um weitere europäische Vorgaben auf-zunehmen“, sagte Bramann kürzlich in einem Interview. Über das Tempo und die Zahl der Schritte könnten aber die Nationalstaaten entscheiden.
Die Hersteller – ob von KWK-Anlagen, Gasheizungen oder Wärmepumpen – haben eines gemein: Alle wollen Gewissheit. 2024 mussten die Unternehmen deutliche Rückgänge verkraften. „Auch unser Absatz von KWK-Anlagen war von der Diskussion um das Heizungsgesetz betroffen“, sagte der Senertec-Prokurist. „Und das heißt auch für die Mitglieder der neuen Regierung, wie auch immer sie aussehen mag, dass sie das Gebäudeenergiegesetz als Allererstes angehen muss“, fügte er hinzu.