Studien und Praxiserfahrungen zeigen: Durch ein optimiertes Thermomanagement lässt sich die Reichweite von Elektrofahrzeugen – insbesondere bei niedrigen Außentemperaturen – um bis zu 30 Prozent steigern. Gleichzeitig kann die Ladezeit an Schnellladestationen durch aktive Vorkonditionierung der Batterie um bis zu 50 Prozent reduziert werden.
„Die Effizienz eines Elektroautos hängt nicht allein von Batteriegröße oder Aerodynamik ab. Entscheidend ist, wie gut es gelingt, alle Komponenten im optimalen Temperaturfenster zu betreiben“, erklärt Michael Lieser, Vertriebs- und Marketingchef der Innerio Group aus Kottingbrunn in Österreich, die sich seit 2019 mit diesen Themen beschäftigt. „Ein modernes Thermomanagement sorgt dafür, dass Energieverluste minimiert, Ladezeiten verkürzt und die Batterie geschont wird.“ Folglich werden die E-Komponenten effizient in einem optimalen Temperaturfenster typischerweise zwischen 20 – 40 °C (bei Batterien) betrieben.
Kälte ist der Feind für die Performance
Besonders im Winterbetrieb zeigt sich der Unterschied: Ohne gezielte Temperierung kann die Reichweite eines E-Autos bei Frosttemperaturen um bis zu 40 Prozent einbrechen. Fortschrittliche Thermomanagement-Systeme – etwa durch den Einsatz von Wärmepumpen, intelligenten Kühlkreisläufen oder Abwärmenutzung – sorgen dafür, dass Komfort und Effizienz auch bei extremen Temperaturen gewährleistet bleiben.

Innerio aus Österreich hat sich auf die Klimatisierung von Fahrzeugen, Motoren und Antriebsbatterien spezialisiert. Foto: Innerio
Während einfache Heizsysteme, die wie klassische Heizlüfter arbeiten, indem extra Strom durch Heizelemente geleitet wird, funktioniert die Wärmepumpe wie ein umgekehrter Kühlschrank. Sie entzieht der Umgebungsluft oder Abwärme (z. B. vom Akku oder E-Motor) Wärme und „pumpt“ sie mit Hilfe eines Kältemittelkreislaufs auf ein höheres Temperaturniveau zur Nutzung im Fahrzeuginnenraum. Ihr Wirkungsgrad liegt typischerweise bei 2:1 bis 3:1, also 1 kWh Strom erzeugt 2–3 kWh Wärme.
Elektronik reagiert sensibel auf Temperaturunterschiede
Doch auch die Elektronik reagiert sehr sensibel auf Temperaturunterschiede und von ihr ist ein E-Auto abhängig. Das gilt aber genauso für die elektronischen Fahrerassistenz- und Infotainmentsysteme an Bord aller modernen Fahrzeuge, weiß Lieser zu berichten. Er verweist auf eine Faustformel in der Elektronikentwicklung, nach der sich pro 10 °C Temperaturerhöhung die Lebensdauer elektronischer Bauteile halbiert, die sogenannte Arrhenius-Regel. Nun sind die elektronischen Bauteile im Auto speziell für Einsätze zwischen – 40 °C bis +125 °C ausgelegt und das Thermomanagement sorgt dafür, dass diese Grenzen nicht unter- oder überschritten werden.

Elektroautos wie der Mercedes CLA reagieren sensibel auf niedrige Temperaturen. Ihr Wohlfühlklima liegt wie beim Menschen um die 20 Grad Celsius. Foto: Mercedes-Benz
Neben der Reichweiten- und Lade-Leistungsoptimierung leistet Thermomanagement zudem einen Beitrag zur Lebensdauer der Batterie – eines der kostenintensivsten Bauteile eines Elektrofahrzeugs. Die gezielte Steuerung von Wärme und Kälte schützt die Zellen vor Überhitzung oder Tiefentladung und trägt zur langfristigen Leistungsstabilität bei.
Thermomanagement wird damit zur Schlüsseltechnologie für die nächste Generation von Elektrofahrzeugen und der Blick richtet sich auf eine immer bessere Nutzung der Abwärme zur Klimatisierung des Innenraums und für die Batterieheizung. Höhere Energieeffizienz führt zu mehr Nachhaltigkeit bei zugleich mehr Fahrkomfort. Die Innerio Group (Jahresumsatz rund 300 Millionen Euro), die bereits BMW, Mercedes-Benz, VW Group und die Stellantis Group zu ihren Kunden zählt, will sich der Autoindustrie hier mit Geschwindigkeit, Systemdenken und umfassendem thermisches Know-how als Schlüsselpartner positionieren.