Die Autobranche hätte eigentlich Grund zur Freude: In den vergangenen Jahren wuchs der deutsche Autobestand jedes Jahr um rund eine Million, die Spritpreise sind seit zwei Jahren anhaltend niedrig – das sorgt für Fahrbegeisterung. Doch es sorgt auch für einen höheren Verbrauch, und das ist mitten im Dieselskandal keine gute Nachricht.

Neue Zahlen zeigen: Der Verkehrssektor trägt am stärksten dazu bei, dass die deutschen CO2-Emissionen weiter ansteigen. Hauptgrund: 2,5 Prozent mehr Benzin und 6,5 Prozent mehr Diesel, die in der ersten Jahreshälfte 2017 aus den Zapfventilen flossen.

Zwar emittiert der Liter Diesel grundsätzlich weniger CO2 als ein Liter Benzin. Und im Jahr 2016 sind laut Kraftfahrbundesamt mehr Benziner und Hybride als Dieselfahrzeuge zugelassen worden. Doch ein Blick auf die Segmente zeigt: Am stärksten wachsende Neuwagensegmente sind SUVs (+20,3 Prozent in 2016) und Geländewagen (+9,6 Prozent). Und weil die besonders viel schlucken, steigt der Dieselverbrauch überproportional stark an.

Durstige Diesel-SUVs bremsen Klimaziele aus

Der Porsche Cayenne Diesel mit über 10 Liter echtem Verbrauch schneidet so auch bei der CO2-Bilanz rund doppelt so schlecht ab wie die Kompaktklasse-Benziner Golf, Astra und Co. Zahlen, die zeigen, „wie wichtig es ist, endlich auch Klimaschutzpolitik im Verkehr entschlossen zu betreiben“, sagt Christian Hochfeld, Direktor von Agora Verkehrswende. Der Think Tank hat die Zahlen auf Grundlage der Halbjahresstatistik der AG Energiebilanzen errechnet.

Zusätzlich sind die seit 2014 niedrigen Kerosinpreise dieses Jahr noch einmal gesunken – und der Absatz damit acht Prozent in die Höhe geschnellt. Gift für die Klimaziele, die Kanzlerin Merkel im Juli bestätigt hatte: die Emissionen von Treibhausgasen bis 2020 so weit zu senken, dass sie 40 Prozent unter denen von 1990 liegen. Im vergangenen Jahr waren erst knapp 28 Prozent erreicht. Nun sogar ein Anstieg. Etwa 150 Millionen der rund 900 Millionen Tonnen, die Deutschland im Jahr ausstößt, müssen noch weg.

Erneuerbare Energien fangen Kohleminus auf

Patrick Graichen, Direktor des Schwester-Think-Tanks Agora Energiewende, schlägt deshalb vor, dass „unmittelbar nach der Bundestagswahl ein ‚Sofortprogramm Klimaschutz 2020‘ aufgelegt“ werden soll, das neben der Verkehrs- auch die Wärme und Stromwende vorantreiben soll.

Interessante Details aus diesen Bereichen: Trotz des kalten Wetters ist der Heizölabsatz 2017 leicht gefallen. Und auch die Kraftwerke halten ihren Ausstoß stabil. Die Abschaltung von Steinkohlekraftwerken konnten klimabilanziell durch Gas und Erneuerbare Energien aufgefangen werden, insbesondere durch Kraft-Wärme-Kopplung-Anlagen (kurz KWK), die Strom und Wärme gleichzeitig produzieren. Es ist also nicht alles schlecht auf dem Weg zu mehr Klimaschutz.

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