In Afrika, in Asien, in Lateinamerika: In über 50 Ländern ernten Landwirte deutlich mehr Reis auf ihren Feldern als früher. Sie alle nutzen eine Methode namens „System of Rice Intensification“ (SRI), also den intensiveren Anbau dieser wichtigen Getreideart – das Grundnahrungsmittel für die Hälfte der Weltbevölkerung.
Entstanden ist das Verfahren nicht in den Laboren der Agrarkonzerne, sondern in einer kleinen Landwirtschaftsschule in der Stadt Antsirabe im Herzen von Madagaskar. Ersonnen hat es der französische Jesuit Henri de Laulanié. Er war 1961 in den afrikanischen Inselstaat gekommen, um die heimischen Bauern zu unterstützen. Anfang der 80ziger Jahre fiel ihm auf, dass Studenten auf einer kleinen Zuchtfläche zweimal, statt wie bisher einmal pro Monat kleine Reissetzlinge zogen und dann auf den Felder auspflanzten. Aus reinem Zeitmangel.
Der Geistliche, der auch ausgebildeter Agrar-Ingenieur war, schaute genauer hin. Nach und nach erkannte er: Die Pflanzen tolerierten nicht nur kürzere Anzuchtzeiten, auch das Aussäen von weniger Samen als üblich, das Verwenden von organischer Substanz als Dünger und das Wechselspiel von Nässe und Trockenhaltung der Pflanzen verbesserte den Ertrag – zum Teil verdoppelte er sich. Zugleich ließ sich der Wasserverbrauch halbieren.
Skeptische Wissenschaftler
De Laulanié fasste seine Beobachtungen im SRI zusammen und gründete 1990 die Nichtregierungsorganisation Tefy Saina, um seine Methode zu verfeinern und zu verbreiten. Doch die etablierten Agrarwissenschaftler reagierten skeptisch und glaubten nicht an die Ertragssteigerungen. Nicht so Norman Uphoff. Er lehrte als mittlerweile emeritierter Professor und Direktor des International Institute for Food, Agriculture and Development an der Cornell University.
Ihm ist es laut der britischen Zeitung „The Guardian“ zu verdanken, dass die Arbeit von de Laulanié bekannter wurde. Uphoff erhielt 1983 rund 15 Millionen Dollar eines anonymen Spenders, reiste damit nach Madagaskar und sah dort den Erfolg von SRI. Kurze Zeit später trug er die Idee in die Welt und zu den Bauern. Er baute an der Cornell-Universität das SRI International Network and Resources Center (SRI-Rice) auf, das nun die Methode weiter untersucht und verbreitet.
Millionen Bauern nutzen die Methode
In Zusammenarbeit mit der staatlichen Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit und südostasiatischen Regierungen sollen nun in den kommenden fünf Jahren weitere 100.000 Bauern in Thailand, Kambodscha, Vietnam und Indien die Methode des Paters einführen, um so Erträge und Einkommen zu steigern. Gut 20 Millionen Landwirte haben das System übernommen, meldet das SRI-Rice.
Wichtige Nebenwirkung der Anbaumethode: Sie reduziert die Emissionen des Treibhausgases Methan sehr deutlich. Das bilden Mikroorganismen reichlich, wenn die Reisfelder zu lange unter Wasser stehen. Insgesamt scheint das Verfahren die Bodenqualität zu verbessern und lässt den einzelnen Pflanzen mehr Raum, sich optimal zu entwickeln.
Gut fürs Klima
Methan heizt dreißigmal stärker als CO2 die Atmosphäre auf und der Reisanbau emittiert bis zu 1,5 Prozent aller Treibhausgase weltweit. Da die Bevölkerung in Südostasien in den kommenden 20 Jahren voraussichtlich um gut 100 Millionen Menschen wachsen wird, könnten auch die Emissionen aus dem Reisanbau massiv steigen. SRI kann helfen, gegenzusteuern.
Henri de Laulanié würde sich über den Erfolg seines Programms sicherlich freuen, doch der Pater verstarb bereits 1995. Der Geistliche ahnte wohl, wie sich seine Idee durchsetzen würde. So schrieb er vor 27 Jahren: „Heutzutage gibt es auf dem Hochplateau [Madagaskars] mindestens drei Menschen, die die Hälfte ihrer Zeit für die Förderung von SRI verwenden. Wir sind der Meinung, dass nach einigen Jahren ein Wandel in der Mentalität der Bauern eintreten wird und dass sie es schaffen werden, den gesamten Mechanismus der SRI zu verstehen und ihn korrekt anzuwenden.“