Es gibt mehr und breitere Einstiege, mehr Platz für Fahrräder und Familien, Halter für Tablets – und endlich auch in der zweiten Klasse eine Steckdose pro Sitzplatz. Und dank einer neuen Beschichtung der Scheiben soll im neuen ICE Neo künftig auch „Bahnfahren und Telefonieren gleichzeitig funktionieren“, wie der neue Bundesverkehrsminister Volker Wissing bei der Präsentation des neuen Prestigezugs der Deutschen Bahn (DB) in Berlin witzelte.
Ab Ende des Jahres sollen die neuen Hochgeschwindigkeits-Züge für den Intercity-Verkehr auf den Verbindungen zwischen Dortmund und München sowie zwischen Köln und Berlin eingesetzt werden und – dort, wo es möglich ist – mit Geschwindigkeiten von bis zu 300 km/h verkehren. Zum Vergleich: In Japan fährt der Schnellzug Shikansen mit bis zu 360 km/h, in Frankreich und Spanien machen TGV und AVE mit Reisegeschwindigkeiten von 320 km/h dem inländischen Flugverkehr Konkurrenz. Ähnliches soll der DB nach dem Willen der Bundesregierung nun auch mit dem ICE 3 Neo gelingen.
8000 kW verteilt auf 16 Achsen
Technisch hat sich an dem neuen ICE, der bei Siemens in Krefeld produziert wird und eine Weiterentwicklung der Baureihe Velaro ist, nicht allzu viel: Antriebsseitig ist der ICE 3 Neo (Baureihe 408) weitgehend baugleich mit dem ICE der dritten Generation, der schon seit dem Jahr 2000 durch Deutschland saust. Mit einer Antriebsleistung von 8000 Kilowatt (11.000 PS) und als 200 Meter langer Triebzug: Sämtliche Antriebskomponenten befinden sich im Unterschied zu den ICEs der ersten und zweiten Generation nicht mehr in Steuerwagen im Kopf des Zugteils, sondern verteilen sich unter dem Zug. Wartungsarme Drehstrom-Asynchronmotoren befinden sich entsprechend an 16 der insgesamt 32 Achsen. Das ermöglicht unter anderem eine Rückspeisung der Bremsenergie ins Stromnetz.
Eine Neuentwicklung des Zuges haben sich die Siemens-Ingenieure erspart. Vor allem, um Kosten zu sparen und Zeit zu gewinnen. Ein ICE 5 hätte eine komplett neue Zulassung erfordert, was die Indienststellung deutlich verzögert hätte. So kann die Deutsche Bahn die ersten Züge noch in diesem Jahr auf die Schiene setzen, um die Kapazitäten im Personen-Schienenverkehr um 32.000 Sitzplätze zu erhöhen. Dazu wurden über die bereits 2019 georderten 30 Züge jetzt noch einmal 43 weitere ICE 3 Neo bei Siemens bestellt. Das Stück für rund 200 Millionen Euro. Ausgeliefert werden sie spätestens bis Ende 2029.
Lücken im Hochgeschwindigkeits-Netz
Bis dahin ist dann hoffentlich auch das Schienennetz der Deutsche Bahn endlich auf Vordermann gebracht und für den Hochgeschwindigkeitsverkehr ertüchtigt. Geschwindigkeiten von 300 km/h sind derzeit nur zwischen Siegburg und Frankfurt sowie zwischen Nürnberg und Ingolstadt.
Die Neubaustrecke zwischen Hannover und Bielefeld etwa ist noch in der Planung, bei der Bahn zwar Teil des Zielfahrplans 2030+. Aber wo genau die Trasse verlaufen wird, steht derzeit noch nicht einmal fest. Auch weil sich zahlreiche Naturschutzverbände gegen den Neubau wehren. Und auch auf der Schnellbahntrasse zwischen Hannover und Berlin stehen ab 2025 noch zahlreiche Arbeiten an, ehe auch dort zumindest mit Tempo 250 gefahren und, wo gerade keine Funklöcher sind, telefoniert werden kann.