Was für Volkswagen der Golf, ist für Opel der Astra – ein Longseller, ja fast schon ein Kulturprodukt. Wie kein anderes Modell repräsentiert der Kompaktwagen, wofür die deutsche Traditionsmarke steht. Seit 1991, als das erste Fahrzeug unter diesem Namen auf den Markt kam – als Nachfolger des Kadett, dessen Geschichte sogar bis zum Jahr 1936 zurückreicht. Damals lief in Rüsselsheim die erste von insgesamt zwölf Generationen des Kompaktautos vom Band. Noch unter dem Namen eines Seeoffiziersanwärters – und zum Preis vom 2100 Mark. Das entspricht einem heutigen Realwert von etwa 10.700 Euro.

Mit der Seefahrt hat Opel schon lange nichts mehr am Hut. Und man bewegt sich inzwischen auch in deutlich höheren Preis-Sphären: Der günstigste Astra der sechsten Generation kostet mittlerweile 32.990 Euro. Für die vollelektrische Version werden aktuell sogar 5000 Euro mehr aufgerufen. Dafür muss schon einiges geboten werden, damit in Rüsselsheim weiter die Bänder laufen und den Astra nicht das gleiche Schicksal ereilt wie den langjährigen Konkurrenten Ford Focus – die Produktion des Modells in Saarlouis endete kürzlich sang- und klanglos nach immerhin 25 Jahren.

Frühlingserwachen
Der Opel Astra wird weiterhin als Limousine und als Sports Tourer angeboten. Die neue Farbe „Clover-Grün“ ist dem Kombi vorbehalten, die güldene Metallic-Lackierung „Kult-Gelb“ dem Fünftürer. Fotos: Dani Heyne für Opel

Das soll dem Astra so schnell nicht passieren. Opel schickt sein Erfolgsmodell 2026 deshalb mit frischem Design, mehr Technik – und einem echten Hingucker an der Front ins Rennen. Der Vizor, die schnittige „Maske“ in Kühlerform, wird schärfer gezeichnet und erstmals von einem beleuchteten Opel-Blitz geziert. Das Markenlogo dient dabei nicht nur der Eitelkeit, sondern inszeniert einen Licht-Kompass aus horizontalen und vertikalen Leuchtstreifen und der scharfen Bügelfalte in der Fronthaube. Ein Designzitat übrigens aus der Gran-Turismo-Studie Corsa GSE Vision, und auch ganz klar ein Signal: Opel will wieder mehr auffallen.

Highend im Kompaktformat: Intelli-Lux mit 50.000 Pixeln

Richtig ernst wird es, wenn die Sonne untergeht. Denn der neue Astra erhält die Intelli-Lux HD- Lichttechnologie mit über 50.000 Elementen. Angelehnt an den Grandland, schneidet das System entgegenkommende und vorausfahrende Autos noch präziser aus als bisherige Matrixscheinwerfer. Dazu passt sich der Lichtkegel digital an den Blick des Fahrers an – inklusive Extra-Licht in Kurven, Nebelmodus und Anti-Blendlogik für Verkehrsschilder. Kurz gesagt: Der Astra schaut genau hin, damit wir’s nicht müssen.

Im Auge des Betrachters
Mit einer neuen Front, einer neuen Heckschürze und neuen Rädern sieht der Astra frisch aus.

Auf der Autobahn zählen aber nicht nur Pixel. Deshalb gibt es künftig in jeder Version Intelli-Sitze mit spezieller Vertiefung – inspiriert von Rennradsätteln, um Druck auf das Steißbein zu reduzieren. Klingt nerdig? Ja. Macht lange Strecken bequemer? Offenbar auch. Wer mehr will, kann weiter hochrüsten: auf AGR-zertifizierte Sitze mit Massage, Memory und recyceltem Monomaterial namens ReNewKnit.

Mehr Reichweite, mehr Nachhaltigkeit

Beim weiterhin 115 kW oder 156 PS starken Astra Electric – eine kraftvollere GSE-Version folgt später – steigert Opel die WLTP-Reichweite auf bis zu 454 Kilometer. Möglich macht’s ein neuer 58-kWh-Akku mit einer neuen Zellchemie. Beim Plug-in-Hydrid (Systemleistung 144 kW) beträgt die Speicherkapazität des Akkus weiterhin 17,2 kWh, aber im Stadtverkehr sollen nun bis zu 100 Kilometer elektrisch zurückgelegt werden können. Außerdem gibt es jetzt eine Vehicle-to-Load (V2L)-Funktion, um auf Reisen den Strom zum Laden der E-Bikes am Campingplatz oder zum Betrieb eines Föns nach dem Bad im See nutzen zu können.

Eine Anhebung der maximalen Ladeleistung von 100 auf 150 kW hätten wir uns für den Vollstromer gewünscht. Dafür stecken im Innenraum nun zu 100 Prozent recycelte Stoffe, was den Astra nachhaltiger machen soll, ohne den Preis groß weiter in die Höhe zu treiben.

Sitzprobe
Künftig gibt es in jeder Version Intelli-Sitze mit einer Vertiefung in der Sitzfläche - wie in Rennradsätteln, um den Druck auf das Steißbein zu reduzieren. Neue Bezugsstoffe auch für die Türverkleidungen und die Mittelkonsole lassen den Innenraum hochwertiger erscheinen.
Sitzprobe
Künftig gibt es in jeder Version Intelli-Sitze mit einer Vertiefung in der Sitzfläche – wie in Rennradsätteln, um den Druck auf das Steißbein zu reduzieren. Neue Bezugsstoffe auch für die Türverkleidungen und die Mittelkonsole lassen den Innenraum hochwertiger erscheinen.

Und der Platz? Keine Experimente. Der Sports Tourer bleibt weiterhin einer der praktischsten Kompakten auf dem Markt, mit bis zu 1634 Liter Ladevolumen und hochflexibel dank 40:20:40-Klappbank. Opel weiß eben, wer seine Kundschaft ist: weniger Car-Influencer, mehr Car-User.

Fazit: Mut zum Leuchten

Der neue Astra wirkt wie ein Kompaktwagen, der sich nicht nur auf seine Legacy verlässt. Beleuchteter Blitz, Hightech-Licht und Hardcore-Ergonomie – Opel will wieder auffallen. Nicht laut, sondern technisch. Ein bisschen mehr Selbstbewusstsein könnte der Marke guttun. Wenn der Astra also künftig heller leuchtet, dann vielleicht nicht nur vorne am Vizor. Sondern auch im Selbstverständnis. Es wird spannend, ob das gelingt – ab 9. Januar 2026 auf der Brüssel Motor Show. Und später dann im Handel. Auch zu welchem Preis der Astra in seine zweite Lebenshälfte geht. Dazu wollten sie sich in Rüsselsheim noch nicht äußern. Aber ganz zum Nulltarif wird es die Modellpflege sicher nicht geben.

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