Wer in der Preisliste des neuen Opel Grandland nach einer Variante mit Dieselmotor sucht, tut dies vergebens. Anstelle des Selbstzünders gibt jetzt ein Plug-in-Hybrid den Marathonläufer bei der Marke mit dem Blitz. Gemäß dem WLTP-Fahrzyklus kommt der Teilzeitstromer bis zu 897 Kilometer weit. Mit ein wenig fahrerischem Geschick sogar noch weiter: Die Opel-Ingenieure haben die Probe aufs Exempel gemacht, den 55-Liter-Tank bis an den Rand gefüllt, die Batterie mit einer Kapazität von 17,9 Kilowattstunden vollgeladen und haben so bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 80 km/h sogar 1.115 Kilometer in einem Rutsch geschafft. Das sind in der Tat Werte, die so manchem Diesel gut zu Gesicht stünden. Rein elektrisch sind es übrigens 87 Kilometer (WLTP-Zyklus).

Mit diesem Wissen beginnen wir beruhigt unsere Testfahrt und rekapitulieren zuvor noch schnell die Technik. Der Rüsselsheimer Crossover wird von einem 1,6-Liter-Turbo-Benziner mit 110 kW oder 150 PS und einem Elektromotor mit 92 kW angetrieben. Das ergibt eine Systemleistung von 143 kW oder 195 PS sowie ein maximales Drehmoment von 350 Newtonmetern. Das Ganze bei Vorderradantrieb. So weit so gut. Eigentlich könnten wir uns jetzt der Fahrdynamik widmen und loslegen. Doch es lohnt, sich den Antriebsstrang des Opel-PHEVs genauer unter die Lupe zu nehmen, da es einige interessante Neuerungen bei dem Modell gibt.

Stromaufwärts 
Bis zu 87 Kilometer weit kommt der Opel Grandland PHEV. Damit lassen sich die meisten Fahrten im Alltag emissionsfrei zurücklegen.
Stromaufwärts
Bis zu 87 Kilometer weit kommt der Opel Grandland PHEV. Damit lassen sich die meisten Fahrten im Alltag emissionsfrei zurücklegen.

Der 1.6-Liter-Turbo-Vierzylinder ist bis auf den Motorblock komplett neu. „Opel war bei der Entwicklung federführend und der Grandland ist das erste Autos des Stellantis-Konzerns, das den Motor bekommt“, freut sich Chefingenieur Matthias Alt. Das einmal nicht die Franzosen im Markenverbund die erste Geige spielen, dürfte zu der guten Stimmung bei den Rüsselsheimern beigetragen haben. Zudem konnten die Opel-Ingenieure einige Register ihrer Zunft ziehen und das Triebwerk mit einem Lader mit variabler Turbinengeometrie (VTG) bestücken, der Temperaturen bis zu 1.050 Grad standhält. Das hilft im Zusammenspiel mit der E-Maschine gegen die Antrittsschwäche und senkt den Verbrauch.

Ganz auf Komfort getrimmt

Die E-Maschine ist die aus anderen Opel-Modellen bekannte M2-Version, die den Anlasser und die Lichtmaschine ersetzt. Da sie den Verbrennungsmotor sehr schnell startet, muss die Ölpumpe dieser Aufgabe gewachsen sein und sehr schnell für genügend Öldruck sorgen. Das elektrifiziertes Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe (eDCT) stammt aus der gleichen Getriebe-Familie wie das Sechsgang-eDCT, das im 48-Volt-Mildhybrid seinen Dienst verrichtet. Neben einer zusätzlichen Fahrstufe wurde das Getriebe aufgrund der höheren Leistung und des höheren Drehmoments mit größeren Zahnrädern ausgestattet. Nur zur Erinnerung: Bislang rollte der Opel Grandland PHEV mit einer Achtgangautomatik an den Start.

Alles im Blick 
Das Cockpit bietet dem Fahrer eine Vielzahl von Informationsquelle. Gegen Aufpreis gibt es auch ein Head-Up-Display. Aber auch der Sitzkomfort ist in der ersten Reihe ganz ausgezeichnet. Wegen der erstklassigen Sitze und einer gelungenen Fahrwerksabstimmung.
Alles im Blick
Das Cockpit bietet dem Fahrer eine Vielzahl von Informationsquelle. Gegen Aufpreis gibt es auch ein Head-Up-Display. Aber auch der Sitzkomfort ist in der ersten Reihe ganz ausgezeichnet. Wegen der erstklassigen Sitze und einer gelungenen Fahrwerksabstimmung.

Genug der Vorrede, jetzt geht’s ans Fahren. Im Grandland PHEV ist man entspannt unterwegs. Das liegt unter anderem am gut abgestimmten Fahrwerk, das komfortabel ist, aber dem Fahrer immer mitteilt, was unter den Rädern vor sich geht. Wir ziehen diese Verbindlichkeit einem ultra-weichen fliegenden Teppich vor.

Stromern mit bis zu 140 km/h

Die Kraft des Elektromotors trägt einen großen Teil zur Souveränität bei, zumal der Grandland PHEV jetzt bis zu 140 km/h elektrisch fahren kann. Das sind fünf km/h mehr als bisher. Das kommt der Elastizität durchaus zugute. Auch beim „e-Save“-Modus gibt es Neuerungen: Jetzt kann die Batterie mit dem Hold-Button auf dem aktuellen Ladezustand gehalten werden kann. Die beiden anderen Alternativen sind „Maximum“, bei dem der Verbrennungsmotor die Energiespeicher füllt sowie „20 km“, bei dem Fahrstrom exakt für diese Streckenlänge gespeichert wird.

Flotter Feger 
Im Unterschied zur vollelektrischen Variante beschleunigt der Plug-in-Hybrid - wo möglich und nötig bis auf 220 km/h. Tempo 100 ist nach 7,8 Sekunden erreicht. Benziner und Elektromotor an der Vorderachse arbeiten dabei sehr harmonisch zusammen. Fotos: Opel
Flotter Feger
Im Unterschied zur vollelektrischen Variante beschleunigt der Plug-in-Hybrid – wo möglich und nötig bis auf 220 km/h. Tempo 100 ist nach 7,8 Sekunden erreicht. Benziner und Elektromotor an der Vorderachse arbeiten dabei sehr harmonisch zusammen. Fotos: Opel

Solange man sich auf das Konzept des Teilzeitstromers einlässt, läuft alles sehr entspannt ab und man kann auch flott unterwegs sein. Nur wenn man plötzlich die volle Leistung abrufen will, meldet sich der Verbrennungsmotor zu Wort. Akustisch wie dynamisch. Ziehen die beiden Antriebsmodule an einem Strang, erreicht der Grandland nach 7,8 Sekunden Landstraßentempo und ist bis zu 220 km/h schnell. Wählt man das Fahrprogramm Sport, steht die Längsdynamik im Vordergrund, sorgen Elektromotor und Benziner mit gemeinsamen Kräften und ganz harmonisch für das Vorankommen.

Strom laden mit maximal 7,4 kW

Wir waren die meiste Zeit in Hybrid-Modus unterwegs, überließen dem System die Wahl der Motorisierung und kamen auf einen durchschnittlichen Benzinverbrauch von 3,3 Litern und einen Stromverbrauch von 10,4 kWh auf 100 Kilometer Fahrstrecke. Opel gibt einen durchschnittlichen Benzinverbrauch im Drittelmix von 0,8 l/100 km/h bei einem Stromverbrauch von 21,9 kWh an – unser Wert liegt da irgendwo in der Mitte. Bleibt noch der Blick auf die Ladezeiten : An einer AC-Wallbox (3-phasig, circa 11 kW) dauert es mit dem serienmäßigen Onboardlader fünfeinhalb Stunden, bis der beinahe vollständig entladene Akku wieder voll ist. Gegen einen Aufpreis von 500 Euro lädt der Onboardlader einphasig mit 7,4 kW – und verkürzt sich die Ladezeit auf zwei Stunden und 55 Minuten. Eine Schnelllademöglichkeit hat Opel leider nicht vorgesehen.

Das kann dauern 
Serienmäßig lädt der Grandland PHEV seinen Akku mit 3,7 kW. Gegen Aufpreis sind 7,4 kW möglich, CCS-Laden ist nicht vorgesehen.
Das kann dauern
Serienmäßig lädt der Grandland PHEV seinen Akku mit 3,7 kW. Gegen Aufpreis sind 7,4 kW möglich, CCS-Laden ist nicht vorgesehen.

Das Interieur ist moderner als bisher. Das liegt vor allem an den Displays: Vor dem Fahrer befindet sich ein zehn Zoll großes Instrumentendisplay, ergänzt durch ein echtes Head-up-Display, das die Informationen auf die Windschutzscheibe projiziert. Fliegende Pfeile und Augmented Reality sind nicht dabei, aber die Anzeigen helfen auch so bei der Navigation in fremder Umgebung. Der Touch-Wide-Screen in der Mitte misst 16 Zoll. Nach einer kurzen Eingewöhnungszeit findet man sich auch in den Menüs zurecht.

Preise beginnen bei 40.150 Euro

Die guten AGR-Sitze haben bei Opel ohnehin Tradition, sind also bei uns montiert. Schließlich sind wir in der Top-Ausstattungsversion GS unterwegs, die mindestens 44.350 Euro kostet. Hinzu kamen beim Testwagen das 2900 Euro teure Komfort-Paket, das dem Grandland unter anderem ein Panorama-Glasdach und eine elektrische Heckklappe spendiert. Und auch das Head-up-Display sowie einige zusätzliche Assistenzsysteme wollen mit 1700 Euro extra bezahlt sein. Der Grandland lässt dann allerdings auch kaum mehr Wünsche offen. Allerdings ist die Sitzposition aufgrund der Batteriemodule im Fahrzeugboden etwas hoch. Und hinten sitzt man nicht ganz so bequem, da die Beine aus gleichem Grund etwas zu stark angewinkelt sind. Dafür ist die Kopf- und Kniefreiheit ganz ausgezeichnet. Gleiches gilt für das Kofferraumvolumen von 550 Litern bei voller Bestuhlung und 1645 Litern bei umgelegter Rücksitzbank.

Ab April steht der Opel Grandland PHEV in der Basisversion „Edition“ für mindestens 40.150 Euro beim Händler. Zum Vergleich: Der Ford Kuga als PHEV (mit einer elektrischen Reichweite von 69 Kilometern) schlägt nach der jüngsten Frischzellenkur mit mindestens 46.850 Euro zu Buche. Und für den Cupra Formentor e-Hybrid (mit einer E-Reichweite von über 100 Kilometern und Schnelllade-Fähigkeit des Akkus) sind wenigstens 48.030 Euro zu veranschlagen.

(Mit Ergänzungen von Franz Rother)

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