Der Skoda Enyaq, wer hätte es gedacht, ist derzeit Deutschlands populärstes Elektroauto. Seit Jahresbeginn sind von dem 4,65 Meter langen E-SUV rund 23.000 Exemplare neu zugelassen worden – wesentlich mehr als vom Vetter-Modell VW ID.4 und fast genau so viel wie vom Tesla Model Y. Ein gutes Preis-/Leistungsverhältnis, eine ordentliche Reichweite von über 500 Kilometer haben zusammen mit einem attraktiven Design dafür gesorgt, dass die Deutschen den elektrischen Tschechen in ihr Herz geschlossen haben. Und nicht nur die: Auf Europas Straßen sind mittlerweile über 200.000 Exemplare des Typs unterwegs.

Aber jetzt werden die Karten neu gemischt, dürfte der Klassenprimus gehörig unter Druck kommen. Denn in wenigen Wochen kommt der Skoda Elroq auf den Markt, der kleine Bruder des Enyaq. Der mit einem Startpreis von 33.900 Euro nicht nur deutlich preisgünstiger ist als der Enyaq (ab 48.900 Euro), sondern mit der in der neuen Formensprache „Modern Solid“ gestalteten „Tech-Deck“-Front noch einmal schnittiger aussieht – und seinen Insassen trotz einer Länge von nur 4,49 Metern kaum weniger Platz bietet als der Enyaq.

Grün ist die Hoffnung
Thymian-Grün ist die Lackierung, mit der Skoda den Elroq ohne Aufpreis versieht. Ob sie auch Wunden heilen kann, bleibt abzuwarten.
Grün ist die Hoffnung
Thymian-Grün ist die Lackierung, mit der Skoda den Elroq ohne Aufpreis versieht. Ob sie auch Wunden heilen kann, bleibt abzuwarten.

Kein Wunder: Mit 2,77 Metern haben beide Modelle den gleichen Radstand. Nur im Kofferraum müssen im Elroq die Gepäckstücke für die Fahrt in den Urlaub etwas dichter gestapelt werden. Für Wochenendeinkäufe reicht das Kofferraumvolumen 470 Liter aber völlig aus. Und wenn einmal mehr Platz benötigt werden sollte: Nach dem Umklappen der Rücksitzbank wächst das Kofferraumvolum auf stolze 1580 Liter.

Beinahe preisgleich mit dem Karoq-Benziner

Gepunktet hat der Elroq also bei uns noch vor dem Start zur ersten Ausfahrt. Auch weil es Skoda irgendwie geschafft hat, erstmals Preisparität zwischen einem Elektroauto und einem Verbrenner herzustellen. Der mit 4,38 Meter Länge etwa gleichgroße Karoq kostet nur 600 Euro weniger als der Elroq – und ist mit seinem 110 kW starken Benziner selbst dem kleinsten Stromer (125 kW) in punkto Antriebsleistung unterlegen. Und mit dem Inhalt seines 50 Liter-Tanks kommt der auch nicht viel weiter als der Elroq in der Topausführung mit 77 kWh-Akku: 581 Kilometer. Das ist in dieser Klasse ein Spitzenwert. Es müssen also ganz besondere Umstände vorliegen, um sich noch für den Verbrenner zu entscheiden.

Nachhaltig eingerichtet
Wer das Interieur-Design "Loft" wählt, bekommt Sitzbezüge aus dunkelblaugrauem RecyTitan-Gewebe. Das innovative Material besteht zu 78 Prozent aus recyceltem Kunststoff. Auch mechanisch aufbereitete Altkleider (sechs Prozent) finden sich hier wieder. Foto: Skoda
Nachhaltig eingerichtet
Wer das Interieur-Design „Loft“ wählt, bekommt Sitzbezüge aus dunkelblaugrauem RecyTitan-Gewebe. Das innovative Material besteht zu 78 Prozent aus recyceltem Kunststoff. Auch mechanisch aufbereitete Altkleider (sechs Prozent) finden sich hier wieder. Foto: Skoda

Der Elroq könnte also im kommenden Jahr durchaus eine Schlüsselrolle spielen der Antriebswende, die ein dilettierender Wirtschaftsminister hierzulande aus dem Takt gebracht hat. Was Platzangebot, Antriebsleistung, Reichweite und Preis anbetrifft, kommt der kompakte SUV dem Ideal von Maß und Mitte schon ziemlich nahe.

directions_car

Skoda Elroq 85

Antriebsleistung: 210 kW/286 PS;
Akkukapazität: 82 kWh Brutto, 77 kWh netto;
Reichweite (WLTP-Norm): 581 Kilometer;
Max. Ladeleistungen: 175 kW (DC), 11 kW AC;
Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h;
Beschleunigung 0-100 km/h: 6,6 Sekunden;
Basispreis: 44.560 Euro.

Das zeigt sich auch bei der ersten Ausfahrt mit dem neuen Modell. Gewählt haben wir dafür zunächst das aktuelle Topmodell Elroq 85 (ab 43.900 Euro): Der Zahlenkombination gibt einen – groben – Hinweis auf die Batteriekapazität: 82 Kilowattstunden (kWh) speichert der Stromspeicher im Fahrzeugboden, 77 davon stehen für den Fahrbetrieb zur Verfügung. Sie speisen einen Heckmotor mit einer Spitzenleistung von 210 kW oder 286 PS, der den Elroq bei Bedarf mit einem maximalen Drehmoment von 545 Newtonmeter in in 6,6 Sekunden auf Tempo beschleunigt. Der Fahrer eines Karoq auf der Parallelspur sähe da nur noch die LED-Rückleuchten.

Viel Dynamik bei hohem Komfort

Dabei ist der Elroq 85 mit einem Leergewicht von 2119 Kilogramm deutlich schwerer als der Karoq (1388 bis 1684 Kilogramm), was den Fahrspaß aber kein bisschen mindert. Weder auf der Autobahn noch auf kurvenreichen Landstraßen. Und schon gar nicht in der Stadt, wo der kleine Wendekreis von nur 9,3 Metern glänzt. Das Fahrwerk des Skoda, das sich eine McPherson-Vorderachse vorne mit einer Mehrlenkerachse kombiniert und sich – gegen Aufpreis wie bei unserem Testwagen – noch durch eine dynamische Regelung aufwerten lässt, ist hervorragend abgestimmt. Es lässt den Zweitonner selbst Spitzkehren im Gebirge mit erstaunlicher Agilität nehmen – und federt Unebenheiten in der Fahrbahn erfreulich sanft ab.

Mit Bodenhaftung
Mit einer Antriebsleistung von 210 kW lässt der Elroq 85 trotz eines Leergewichts um die zwei Tonnen ebenso flott wie sicher bewegen
Mit Bodenhaftung
Mit einer Antriebsleistung von 210 kW lässt der Elroq 85 trotz eines Leergewichts um die zwei Tonnen ebenso flott wie sicher bewegen.

Auch in der Basisversion Elroq 50 (mit 52 kWh-Akku und 125 kW Antriebsleistung), die wir später bewegten, herrschte weder an Dynamik noch an Fahrkomfort ein Mangel. Auch mit dem Basismodell lassen sich Überholvorgänge auf der Landstraße ebenso schnell wie entspannt darstellen.

Allradversion folgt 2025

Was allerdings auch nicht ohne Folgen für den Stromverbrauch blieb: Auf unserer Tour mit dem Elroq 85 durch die Hügellandschaften Mallorcas kamen wir auf einen Schnitt von 20,8 kWh/100km, eine entspannte Fahrt mit dem Elroq 50 durch die Ebenen an der Küste endete mit einem Durchschnittsverbrauch von 18,5 kWh/100 km. Beides lag deutlich über dem vom Hersteller genannten Normverbrauch von 15,8 bzw. 16,6 kWh/100 km: Der für ein Fahrzeug dieser Größe und Kategorie recht gute cW-Wert von 0,26 kann eben auch keine Wunderdinge bewirken.

Simply clever
Für das Ladekabel gibt es unter der Laderaumabdeckung eine Hängematte, für das Reisegepäck Plastikschienen, die es per Klettverschluss auf dem mit Teppich bezogenen Laderaumboden fixieren. Beides ist allerdings aufpreispflichtig.

Unter den Umständen hätten wir spätestens nach 370 bzw. 281 Kilometern eine Ladesäule aufsuchen müssen. Immerhin sind die Ladeleistungen ganz ordentlich. Mit dem kleinen Akku liegen am mit Gleichstrom betriebenen Schnelllader maximal 125 kW an, beim Elroq 85 sind es immerhin 175 kW. Hier wie da soll der Stromspeicher aber nach knapp 30 Minuten wieder zu 80 Prozent gefüllt sein. Eine noch bessere Performance soll der Akku des Elroq 60 bieten, der wie die Allradversion 85x im kommenden Jahren nachgereicht wird. Eine modifizierte Zellchemie sorgt hier dafür, dass der Ladestand von 80 Prozent hier schon nach 24 Minuten erreicht ist. Auch deshalb dürfte diese mittlere Variante mit 403 Kilometern Reichweite und 150 kW Antriebsleistung wohl der Topseller bei den Privatkunden werden.

Viele Extras nur im Paket

Zumal die Serienausstattung auch hier schon erfreulich hoch ist. Zahlreiche Assistenzsysteme sind serienmäßig an Bord, die Lackierung in Timiano-Grün gibt es ebenso kostenlos wie LED-Hauptscheinwerfer und den 13 Zoll großen Infotainment-Bildschirm über der Mittelkonsole oder den Onboard-Charger für das Wechselstrom-Laden mit 11 kW.

Laden mit bis zu 175 kW 
Maximal eine halbe Stunde steht der Skoda Elroq 85 am Schnelllader, um den Akku bis auf 80 Prozent wieder aufzufüllen. Foto: Skoda
Laden mit bis zu 175 kW
Maximal eine halbe Stunde steht der Skoda Elroq 85 am Schnelllader, um den Akku bis auf 80 Prozent wieder aufzufüllen. Foto: Skoda

Das Navigationssystem inklusive Ladeplaner kommt allerdings extra. Und die clevere Hängematte für das Ladekabel unter der Laderaumabdeckung ist derzeit nur als Teil des 4.440 Euro teuren Plus-Pakets erhältlich. Ebenso wie die elektrische Heckklappe, oder die famosen Matrix-LED-Scheinwerfer: Skoda ist, was die Aufpreispolitik anbetrifft, längst auf dem Niveau der anderen Konzernmarken.

Enyaq wird höher positioniert

Alles in allem aber ist der Skoda Elroq ein alltags- und familientaugliches Elektroauto wie gemacht für die Mittelklasse. Deutlich wertiger als etwa der Frontera Electric, das neue vollelektrische Budget-Auto von Opel. Und vielseitige als der mit 33.330 Euro annähernd preisgleiche ID.3 von Volkswagen. Die Vorbestellungen auf das neue Modell stimmen Jan-Hendrik Hülsmann, den Geschäftsführer von Skoda Deutschland, hoffnungsfroh, liegen sie nach seinen Worten doch „deutlich über den Erwartungen“. Hülsmann: „Wir trauen dem Modell 25 Prozent unseres Volumens zu“. Das wären nach heutigem Stand etwa 40.000 Einheiten.

Am stärksten zu spüren bekommen dürfte den neuen Wettbewerber Kias neuer EV3 (ab 35.990 Euro mit 150 kW-Maschine und 58,3 kWh Akku) ) – und Skodas Enyaq. Kannibalismus-Effekte werden bei Skoda Deutschland in Weiterstadt nicht ausgeschlossen, auch wenn man dort hofft, bei Geschäftskunden weiterhin mit dem größeren Stromer punkten zu können. Deshalb wird der Enyaq im Frühjahr im Rahmen eines Facelifts nach den Gestaltungsprinzipien von „Modern Solid“ kräftig überarbeitet – wie sehr, werden wir am 8. Januar erfahren. Zugleich erhält der große Bruder eine Aufwertung, die ihn etwas höher positioniert als heute. Auch auf einem anderen Preisniveau als heute, wie es heißt. Wir sind gespannt: Aktuell startet der Enyaq 85 bei 48.900 Euro – 5000 Euro über dem gleichstarken Elroq.

(Aktualisierungen am 11.Dezember)

Artikel teilen

1 Kommentar

  1. Richard Fürst

    Der Elroq ist nicht das Schwestermodell des des ID. 4, allenfalls eine Großcousine.

    „… dilettierender Wirtschaftsminister …“? Kann man mal bitte sachlich bleiben?
    Mit hoher Wahrscheinlichkeit war die Einstellung der E-Förderung nicht der Wunsch des Wirtschaftsministers. Vielmehr dürfte der Finanzminister, der ja laut Selbstdarstellung und -verständnis offensichtlich *mehr* Wirtschaftsminister als der Wirtschaftsminister war und seine haushaltspolitische Einäugigkeit, im Gegensatz zu Ausgabenkürzungen die Einnahmenseite komplett zu ignorieren, einen nicht unerheblichen Anteil daran gehabt haben.

    Antworten

Kommentar absenden

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert