Schon mal eine Notbremsung bei Tempo 50 versucht? Nein, nicht mit einem Auto, sondern mit einem Fahrrad. In vielen Fällen geht das gründlich schief. Nicht, weil es modernen Fahrradbremen zu schwach wären. Im Gegenteil: Moderne Vierkolben-Scheibenbremsen packen so heftig zu, dass der ungeübte Radfahrer bei gleichzeitiger Betätigung von Vorder- und Hinterradbremse aus dem Sattel und kopfüber über die Straße fliegt.
Die wachsende Verbreitung von Fahrrädern mit elektrischer Trittunterstützung hat das Problem noch verschärft: Viele Menschen gönnen sich ein E-Bike und wagen sich damit nach jahrelanger Radfahr-Abstinenz auf die Straße – ohne sich mit den Besonderheiten der Technik vertraut zu machen oder gar vorher ein Sicherheitstraining zu absolvieren.
Bosch hat deshalb schon 2018 ein Anti-Blockier-System speziell für E-Bikes entwickelt, das den Fahrer beim Bremsen unterstützt, indem es durch eine intelligente Regelung über hochauflösende Sensoren ein Blockieren des Vorderrads und ein Abheben des Hinterrads verhindert. Speziell auf nassen, rutschigen Fahrbahnen und bei den schnellen S-Pedelecs ist das System ein echter Sicherheitsgewinn. KTM, Centurion, Pegasus und andere deutsche Fahrradhersteller bieten das eBike-ABS inzwischen an – mit mäßigem Erfolg, wie man hört. Der Grund: Das System erhöht das Gewicht des Fahrrads um 800 Gramm und kostet obendrein Aufpreis. Außerdem stört die klotzige Steuereinheit unter dem Lenker ein wenig die Ästhetik mancher Hightech-Bikes, was auch Claus Fleischer, der Chef von Bosch eBike Systems kürzlich in einem Interview mit EDISON einräumen musste: „In der ersten Generation geht es immer um die Absicherung einer Funktion. Da fällt ein Bauteil schon mal größer aus. Aber im nächsten Schritt kann man es kleiner und schöner machen. Das wird auch hier passieren – wir bleiben dran.“
Das italienische Start-up Blubrake aus der e-Novia-Gruppe ist da schon einen Schritt weiter. Die Mailänder haben das erste voll in den Rahmen integrierte Antiblockiersystem für E-Bikes entwickelt. Bulls aus der ZEG-Gruppe setzt es bei ausgewählten Modellen bereits ein – nun verbaut es auch der Schweizer Hersteller Stromer in seinem schnellen E-Bike ST5, das hierzulande für Geschwindigkeiten bis zu 45 km/h freigegeben ist.
Das Speed-Pedelec ist speziell auf die Bedürfnisse von Berufspendlern ausgelegt. Das stylishe Spitzenmodell der Marke glänzt nicht nur mit geschliffenen Schweißnähten, einem Nabenmotor mit 850 Watt Leistung, sondern auch mit einer Vierkolben-Bremsanlage von TRP, die von einem Bluebrake-ABS gesteuert wird. Die Wirkung ist die gleiche wie beim Bosch-System, aber es versteckt sich geschickt im Unterrohr. Nur eine spezielle Anzeige im ebenfalls integrierten Stromer-Display gibt einen Hinweis auf die Technik.
Der technische Aufwand hat allerdings seinen Preis: Das hochwertig ausgestattete Spitzenmodell von Stromer mit ABS steht hierzulande mit 10.328 Euro in der Preisliste. Verfügbar ist es ab sofort im Fachhandel.