Der Porsche Taycan zeigt sich nach der jüngsten Modellpflege in vielen Punkten verbessert. Die elektrische Sportlimousine beschleunigt dank einer höheren Systemleistung besser und kann an der Ladesäule schneller Strom aufnehmen. Und mit einer Akkuladung kommt der Stromer auch deutlich weiter als bisher, je nach Ausführung bis zu 185 Kilometer. Für die deutlich größere Reichweite sorgen eine Vielzahl von Maßnahmen. Ein verbessertes Thermomanagement, eine Batterie mit einer neuen Zellchemie und einem größeren Energieinhalt bei geringerem Gewicht.

Zusätzliche Reichweite in einer Größenordnung von bis zu 50 Kilometern geht aber auch auf das Konto einer neuen Generation von Leichtlaufreifen, die im Technologiezentrum von Hankook in Hannover entwickelt wurde – im engen Austausch mit den Porsche-Ingenieuren. Der 21 Zoll große Hankook iON evo, der beim Porsche Taycan auf aerodynamisch optimierten Felgen in der Erstausrüstung zum Einsatz kommt, zeichnet sich aber nicht nur durch einen geringen Rollwiderstand  von 6,21 Kilogramm pro Tonne sowie und überaus niedrige Rollgeräusche aus. Die Pneus bestehen obendrein zu 45 Prozent aus nachhaltigen Rohstoffen – als einer der ersten Serienreifen erhielt er das ISCC (International Sustainability & Carbon Certification)-Siegel, das eine besonders nachhaltige Produktion zertifiziert.

Reifen mit Asche aus Reishülsen

Ein solches Zertifikat hatte zuvor bereits der neue Sommerreifen UltraContact NXT von Continental erhalten, der einen Anteil von bis zu 65 Prozent nachwachsenden und wiederverwerteten Materialien enthält. Unter anderem Silika aus der Asche von Reishülsen sowie Harze, die auf Reststoffen aus der Papier- und Holzindustrie basieren.

Präsentiert wurde der Conti UltraContact NXT ebenso wie der neue Hankook iON evo auf der Reifenmesse der Tire Cologne in Köln, auf der „grüne“ Themen in diesem Jahr viel Platz einnahmen. Elektroautos sind weltweit auf dem Vormarsch, die Reichweite der Stromer ist ein wichtiges Kaufkriterium. Gleichzeitig wächst das Bewusstsein der Konsumenten für eine nachhaltige Produktion unter fairen Bedingungen für alle Beteiligten: Das europäische Lieferkettengesetz legt hier die Latte noch einmal höher.

Fast noch größer aber ist aktuell die Herausforderung für die Reifenindustrie durch die EUDR – die EU-Verordnung zu entwaldungsfreie Lieferketten. Sie ist bereits im vergangenen Sommer in Kraft getreten und soll verhindern, dass Regenwälder in Brasilien, Malaysia, Thailand, Vietnam oder Indonesien gerodet werden, um anschließend auf dem Gelände beispielsweise Kautschukplantagen zu errichten. Und 70 Prozent der Kautschukproduktion gehen heute immer noch in die Reifenindustrie. In einem Pkw-Reifen etwa stecken je nach Hersteller noch zwischen 20 und 50 Prozent Naturkautschuk. Bei Lkw-Reifen sind es sogar 70 Prozent, wie Hankook-Experte Felix Kinzer weiß.

Löwenzahn ist vorerst kein Ersatz

Latex lässt sich zwar alternativ auch aus anderen natürlichen Quellen gewinnen – etwa aus der Wurzel der russischen Löwenzahn-Pflanze (Taraxacum koksaghyz) oder auch der mexikanische Wüstenpflanze Guayule (Parthenium argentatum). Aber die so gewonnenen Mengen reichen bei weitem nicht aus, um den Kautschuk-Bedarf der Reifenindustrie zu decken: Weltweit wurden 2023 in der Erstausrüstung sowie im Ersatzgeschäft rund 1,6 Milliarden Reifen allein für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge abgesetzt.

Löwenzahn inside
Bereits 2018 stellte Continental mit dem EcoPlus HD3 den ersten Lkw-Reifen aus Löwenzahn-Kautschuk vor. Für größere Mengen für die Reifenproduktion reichen allerdings die Anbauflächen nicht aus. Foto: Continental
Löwenzahn inside
Bereits 2018 stellte Continental mit dem EcoPlus HD3 den ersten Lkw-Reifen aus Löwenzahn-Kautschuk vor. Für größere Mengen für die Reifenproduktion reichen allerdings die Anbauflächen nicht aus. Foto: Continental

Das Recycling alter Reifen und die Rückgewinnung von Rohstoffen ist da laut Hankook-Manager Kinzer eine vielversprechendere Methode, um den Materialbedarf zu reduzieren. Wie er nicht ohne Stolz berichtet, sei es den Ingenieuren in Hannover sogar gelungen, den Ruß zu recyceln. Dieser gibt den Reifen beim Vulkanisieren die erforderliche Härte und Abriebfestigkeit.

Feinstaub sollte kein Problem sein

Letzteres wird immer wichtiger: In der neuen Abgasnorm Euro 7, die voraussichtlich Ende 2026 in Kraft tritt, sind erstmals auch Grenzwerte für nicht-abgasbezogene Partikelemissionen aus Bremsen- und Reifenabrieb festgelegt worden. Da sie besonders hohe Gewichte tragen und hohe Drehmomente verkraften müssen, sind hier die Reifen von Elektroautos stärker gefordert als die von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor.

Bis zu 50 Kilometer weiter
Zusammen mit BMW und für den Stromer i7 hat Pirelli den besonders rollwidertandsarmen Winterreifen P Zero Winter 2 entwickelt. Die elektrische Luxuslimousine konnte kam allein damit ihre Reichweite deutlich vergrößern. Foto: Pirelli

Wie Pierangelo Misani, der Chefentwickler von Pirelli, auf der Messe verriet, arbeitet sein Team bereits intensiv wie erfolgreich an der Thematik: Die nächste Generation von Sommer- und Winterreifen für Stromer werde die neuen Grenzwerte bereits erfüllen.

Neue Winterreifen für BMWs Top-Stromer

Zur Tire Cologne brachte Misani einen neuen Winterreifen im 20-Zoll-Format mit, den der italienische Reifenkonzern (mit Fertigung in Deutschland) zusammen mit BMW speziell für den i7 entwickelt hat. Der Pirelli P Zero Winter 2, der ab August erhältlich ist, soll große Reichweitenvorteile bringen. Unter winterlichen Bedingungen soll ein i7 damit rund 50 Kilometer weiter fahren können als mit einem herkömmlichen Winterreifen – ohne dass der Komfort oder die Sicherheit darunter leiden. Innovative Laufflächenmuster und Laufflächenmischungen machen es möglich. Zudem wurden auch hier in großem Umfang erneuerbare Materialien eingesetzt, um den CO2-Fußabdruck auch in der Reifenherstellung zu verkleinern. Der neue Winterreifen soll im Laufe des Jahres auch in anderen Dimensionen verfügbar sein – und damit auch für andere Modelle und Automarken.

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