Die Nachfrage nach Elektroautos entwickelt sich derzeit in einigen Märkten nicht so stark wie erwartet, die Gigafactories von CATL, LG, Panasonic & Co spucken aber weiterhin Lithium-Ionen-Zellen in großer Stückzahl aus. Wohin da mit der Überschuss-Produktion?
Ein Teil davon landete im vergangenen Jahr auf der Handels-Plattform von Circunomics. Das 2019 gegründete Start-up aus Mainz hat sich darauf spezialisiert, überschüssige und gebrauchte Akkus einer neuen Verwendung zuzuführen, einer ersten oder zweiten Nutzung etwa als Heimspeicher. Oder bei einem anderen Autohersteller unterzubringen als dem, der die Stromspeicher ursprünglich geordert hatte.

Auf dem virtuellen Marktplatz erhalten die Interessenten alle Informationen über Herkunft und Zustand der angebotenen Stromspeicher, aber auch eine Preisvorstellung des Bieters – die meist aber noch verhandelbar ist. Foto: Circunomics
Und das Geschäft blüht. 2023, im ersten volloperativen Jahr, wurden über den Internet-Marktplatz von Circunomics 279 Megawattstunden (MWh) gehandelt, im abgelaufenen Jahr waren es nach vorläufigen Zahlen bereits deutlich mehr. Und für 2026 ist ein Handelsvolumen von rund drei Gigawattstunden avisiert – das wäre eine Größenordnung, die der Speicherkapazität von etwa 50.000 Elektroautos entspricht.
Finanzierungsrunde bringt acht Millionen Euro ein
Solche Wachstumsverläufe regen natürlich auch die Phantasie von Investoren an. Und so haben die beiden Unternehmensgründer Felix Wagner und Jan Born jetzt in einer Finanzierungsrunde über acht Millionen Euro einsammeln können. Unter anderem bei der Münchner ansässigen Venture Capital Gesellschaft Green European Tech (GET) Fund und bei der Schaeffler Invest GmbH, der Investment-Tochter des Automobilzulieferers Schaeffler aus Herzogenaurach. Auch der polnische Mineralöl- und Energiekonzern Orlen sowie Investor GG Rise aus Düsseldorf, die bereits investiert waren, schossen noch einmal namhafte Beträge nach.
Das Geld soll genutzt werden, um die Aktivitäten von Circunomics weiter zu internationalisieren, wie Co-Gründer Wagner erklärte. „Die erfolgreiche Series-A-Finanzierungsrunde eröffnet uns vielfältige neue Möglichkeiten, Wachstum zu generieren und damit eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft sicherzustellen“. Zudem ermögliche es die Erweiterung des Produkt-Angebotes, das in Zukunft mit neuen digitalen Services ausgestattet sein werde.

Mercedes-Benz hat im badischen Kuppenheim 2024 seine erste Recyclingfabrik für ausrangierte Antriebsbatterien von Elektroautos eröffnet. Vor allem die aktiven Materialien der Batterien und damit besonders kritische Rohstoffe sollen hier zurückgewonnen werden. Foto: Mercedes-Benz
Schon jetzt ermöglicht die KI-unterstützte Software von Circunomics eine detaillierte Analyse der angebotenen Speichermodule. Bei bereits gebrauchten Zellen wird der Gesundheitszustand (State of Health, kurz: SoH) ermittelt und über einen digitalen Zwilling per Simulation ermittelt, für welche Zweitverwendung sie am besten geeignet sind. Handelt es sich um Ausschussware aus der Produktion (in machen Fabriken macht der bis zu 50 Prozent aus), werden die Zellen an geeignete Recycling-Unternehmen vermittelt.
Und künftig sind noch größere Mengen zu erwarten. „Weltweit werden ab 2030 jährlich alleine aus dem Pkw-Sektor fünf bis sechs Millionen gebrauchte Batterien aus Fahrzeugen erwartet, die ihr Lebensende erreicht haben“, weiß Circunomics-Geschäftsführer Wagner. Und die Recycling-Verfahren und -Kapazitäten dafür werden gerade erst aufgebaut.