In den vergangenen Wochen sind über weite Teile Nordeuropas große Mengen Regenwasser niedergegangen. Der Starkregen ließ in Österreich und Slowenien Flüsse über die Ufer treten, die ganze Landstriche überfluteten. In Deutschland sorgte der Regen allerdings nur für wenig Entspannung in der Landwirtschaft. Denn der Niederschlag kam nicht flächendeckend – und traf zum Teil auf Böden, die ihn nach langer Trockenheit kaum aufnehmen konnten. Die Wasserknappheit wird also Landwirte auch hierzulande weiterhin beschäfigen. Um das Problem zu lösen, braucht es unter anderem ein intelligentes Wassermanagement. Martin Klausmann, Experte für Implementierungen und das Operations Center beim Landmaschinenhersteller John Deere in Kaiserslautern und Dmitry Dementiev, CEO und Mitgründer von GeoPard sowie Director bei GeoPard Agriculture aus Köln, schildern in einem Gastbeitrag, wie das gelingen könnte.
Das Ziel der Präzisionslandwirtschaft ist es, die Arbeit von Landwirten effizienter, ertragreicher und umweltschonender machen. Aktuell schlägt das Wetter heftige Kapriolen mit hohen Niederschlägen, aber im Durchschnitt sind die letzten Jahre viel zu trocken und zu warm. Weiterhin ist Wasserknappheit einer der größten Herausforderungen für die Landwirtschaft. Insbesondere mit Blick auf den niedrigen Grundwasserspiegel wird klar, dass ein paar Regenwochen das Steuer nicht rumreißen können.
Wassermanagement mit Feldkarten
Der Landmaschinenhersteller John Deere sucht schon seit jeher nach Wegen, um diesem Problem Herr zu werden. Dies gelang schließlich gemeinsam mit dem IT- und Software-Unternehmen GeoPard über einen digitalen Ansatz. Gemeinsam haben beide Unternehmen das sogenannte John Deere Operations Center auf die nächste Ebene gehoben und für die Nutzerplattform nun in ein hochmodernes Analyseportal entwickelt. Mit diesem können zuverlässige und hochpräzise Feldkarten erstellt werden, die Landwirten viele Mehrwerte bieten. Natürlich geht es darum Ernteerträge zu verbessern und Betriebskosten zu senken.
Dabei ist der Aspekt des Wassermanagements jedoch von besonders großem Vorteil. Indem verschieden Feldszenarien im Analysetool eingestellt werden können und sich so Antworten auf Fragen hinsichtlich der Bodenqualität, der Wasserverfügbarkeit und der lokalen Klimabedingungen beantworten lassen, ist es nicht nur einfacher, die Anforderungen jedes landwirtschaftlichen Betriebs individuell zu erfüllen und dessen Abläufe zu optimieren. Vor allem kann der Einsatz und die Verfügbarkeit von Wasser genauer berechnet und geplant werden.
Datenraster zeigt punktgenauen Wasserbedarf
Indem Nutzer des Operations Center mittels des Analysetools von GeoPard Datenraster über ihre Feldkarten legen, sind sie in der Lage, einen präzisen Kenntnisstand ihrer landwirtschaftlichen Flächen zu erhalten – fast zentimetergenau und in Parzellen aufgeteilt. Fast wie ein gesunder Boden Schichten hat, durch die Wasser strömen kann, können auch die Datenraster der Feldkarten „aufgeschichtet“ werden. So liefert ein Raster etwa Informationen zum Kalkgehalt des Bodens, ein weiteres liefert Informationen zur Bodenfeuchte und ein drittes Raster bildet den Nährstoffgehalt ab.
Das Analyse Modul von Geopard bewertet die Daten-Schichten und errechnet deren Einfluss auf die Wasserverfügbarkeit. Ein vereinfachtes Modell, welches die Wassernutzung landwirtschaftlicher Kulturpflanzen aufzeigt, ermöglicht dann die Berechnung des aktuellen Wasserbedarfes. Das ist zum Beispiel dann sinnvoll, wenn eine automatische Bewässerung das zusätzliche Wassermengen erfordert. Das größte Potenzial dieser Lösung liegt aber in der Darstellung der aktuellen Verfügbarkeit von Wasser im Wurzelraum der Pflanzen. Zum einen lassen sich darüber Maßnahmen zur Reduzierung der Verdunstung messen und vergleichen. Zum anderen können ebenso aktuelle Düngergaben, welche die der Wasserverfügbarkeit beeinflussen, bei der Arbeit im Feld angepasst werden, um die Verluste von nicht genutztem Dünger zu vermeiden.
Bodenanalyse mit Satellitendaten
Diese maßgeschneiderte Art der Messbarkeit ermöglicht den Landwirten ihre nächsten Arbeitsschritte genau zu planen. Beispielsweise indem Dünger-, Nährstoff- und Zwischenfruchtempfehlungen, Berechnungen zur Stickstoffaufnahme oder Pflanzenwachstumsmodelle auf der Grundlage von Bodenproben aufgezeigt werden. Die so generierten Bodenwassermodelle haben einen hybriden Ansatz, das bedeutet, dass der Fernerkundungs- und Felddaten kombiniert werden, um den Wassergehalt im Bodenprofil zu schätzen. So können Landwirte Wasserknappheit auf regionaler Ebene identifizieren und präzise Bewässerungsempfehlungen für einzelne Felder erhalten.
Um effektiv nur so viel Wasser wie unbedingt nötig einzusetzen, ist die möglichst genaue Kenntnis jedes Feldes vorausgesetzt und somit Schlüssel zum Erfolg des Landwirtes. Die Erkenntnisse generiert das Analysetool aus Wetter-, Bodenproben- sowie Satellitendaten. Dabei werden Faktoren wie Wetterdaten – etwa Niederschlag und Verdunstung – und der tatsächliche Wasserverbrauch der Pflanzen mit einbezogen. So, dass Landwirte, gerade in der heutigen Zeit, ihre Bewässerungspraktiken entsprechend anpassen können.
„Jedes Korn, jeder Tropfen zählt“
Zahlreichen Forschungsergebnissen und Rückmeldungen von Landwirten zufolge kann die Technologie der Variable Rate Irrigation (VRI) – damit ist gemeint, dass unterschiedliche Teile eines Feldes mit genau der richtigen Wassermenge versorgt werden können – den Wasserverbrauch um bis zu 50 Prozent reduzieren und zu einer Steigerung des Ernteertrags um 15 Prozent führen. Nach Statistiken der Weltbank erzeugen 20 % der bewässerten Landwirtschaft 40 Prozent der weltweiten Nahrungsmittel.
Wassermanagement ist nicht nur ein wichtiges Thema in der Landwirtschaft. In der urbanen Umgebung können die Modelle der Wassernutzung der Pflanzen ebenso angewendet werden. Die Daten können wertvolle Erkenntnisse zur Wasserverdunstung und über die Temperaturentwicklung städtischen Gebieten liefern. Dadurch kann sich nicht nur das Klima, sondern auch die Lebensqualität der Menschen beeinflussen lassen. Mit Datenkraft und innovativen Kooperationen lässt sich auch an heißesten Tagen effizientes Wassermanagement in der Landwirtschaft erreichen. Es bleibt zu hoffen, dass diese Erkenntnisse in Zukunft auf außerhalb der Agrarindustrie Anwendung finden. Denn das Mantra „jedes Korn, jeder Tropfen zählt“ trifft auch abseits vom Acker zu.