Der Online-Handel boomt. Spätestens seit der Corona-Pandemie sind immer mehr Menschen dazu übergegangen, ihre Einkäufe online zu erledigen – auch in der Vorweihnachtszeit. Neben eher klassischen Online-Artikeln wie elektrischen Geräten, Büchern oder Kleidung finden sich inzwischen sogar einige neuartige Angebote, die eher bodenständig statt luxuriös daherkommen: der Einkauf von kompletten Wocheneinkäufen im Supermarkt zum Beispiel. Das Bestellen im Internet unterscheidet sich also deutlich vom Einkaufen im stationären Handel, der immer mehr ins Hintertreffen gerät. Doch wie wirkt sich diese Veränderung auf das Klima aus? Profitiert die Umwelt oder muss sie erneut zurückstecken?

Paketdienste ersetzen Privatfahrten

Einer der offensichtlichsten Vorteile des Onlineshopping ist der Einsatz von Paketdiensten und Spediteuren. Diese Unternehmen nehmen den Käufern die Fahrten in die nächste Innenstadt oder das Einkaufszentrum ab. Wer im Internet bestellt, lässt sich den Einkauf meist für einen kleinen Zusatzbetrag per Boten nach Hause liefern. Bei kleinen bis mittelgroßen Lieferungen kommt dann eine Sendung per Paketdienst, bei großen oder sperrigen Gegenständen übernimmt die Spedition die Anlieferung. Weil die Lieferdienste meist zahlreiche Haushalte in derselben Region versorgen, lässt sich viel Energie sparen. Zumindest im Vergleich zu Privatfahrten, die von den Menschen zuvor selbst unternommen wurden.

Dieser Vorteil hat aber auch einige Schattenseiten. Mit den Lieferungen per Post geht beispielsweise ein enormer Verpackungsbedarf einher. Für die Lieferungen fallen Unmengen an zusätzlichen Kartons, Folien und Füllmaterialien für Pakete an. Die meisten dieser Materialien lassen sich immerhin leicht recyclen oder mehrmals wiederverwenden. Die Europäische Union arbeitet zurzeit darüber hinaus an einem verschärften Kreislaufwirtschaftspaket. Mit weiteren Verbesserungen ist also zumindest innerhalb der EU zu rechnen.

Neue Verwendung für tote Läden

Eine weitere Schattenseite ist, dass der Onlinehandel das Sterben der Innenstädt befördert. Doch die meisten Kommunen in Deutschland denken bereits um und planen, freistehende Ladengebäude in Wohnraum oder Gemeinschaftszentren umzuwidmen. Das Sterben des Einzelhandels in den Innenstädten ist also auch eine Chance für städtebauliche Korrekturen und Anpassungen.

Schöne Bescherung 
Die Lieferwagen sind in der Vorweihnachtszeit wieder randvoll bepackt mit Sendungen von und für Online-Shopper. 
Foto: Claudio Schwarz/unsplash
Schöne Bescherung
Die Lieferwagen sind in der Vorweihnachtszeit wieder randvoll bepackt mit Sendungen von und für Online-Shopper.
Foto: Claudio Schwarz/unsplash

Außerdem darf der Energieverbrauch der Lieferwagen bei intensiv genutztem Onlineshopping nicht unterschätzt werden. Sind diese Fahrzeuge stundenlang mit Diesel oder Benzin unterwegs, kann man sie kaum als nachhaltig bezeichnen. Doch die Logistikunternehmen denken längst um und setzen immer öfter auf Fahrzeuge mit alternativen, meist vollelektrischen Antrieben. Es ist davon auszugehen, dass fast alle Paketdienste in den nächsten Jahren elektrisch fahren werden. Dadurch ließe sich ökobilanziell auch der Nachteil durch das extreme Verpackungsaufkommen ausgleichen.

Größere Sortimente helfen, Fehlkäufe zu reduzieren

Händler im Internet können viel umfangreichere Sortimente anbieten als der stationäre Handel. Ein Beispiel ist das typische Bekleidungsgeschäft. Die Vielfalt an Hosenmodellen ist aufgrund des eingeschränkten Platzbedarfs durch die zumeist exorbitanten Ladenmieten gering. Unter diesen Umständen bleiben viele Käufer außen vor. Manche kaufen dann Hosen, die nicht perfekt passen und deswegen viel schneller wieder entsorgt werden.

Ein Onlineshop kann stattdessen unzählige Hosenmodelle anbieten, denn die Lager lassen sich auch an günstigen Standorten errichten, was für mehr Platz sorgt. Hinzu kommt, dass ein Internetshop mehr Möglichkeiten hat, die einzelnen Kleidungsstücke ausführlich zu beschreiben und vorzustellen. Auch durch die zahlreichen Filtermöglichkeiten ist es einfacher geworden, sich passend einzukleiden.

Internet steigert Shopping-Lust

Große Sortimente von Onlineshops tragen also zumindest theoretisch dazu bei, dass Kunden weniger Fehlkäufe tätigen. Damit das gelingt, ist es aber auch wichtig, dass die Shops ihre Arbeit gut machen und die Kunden sich genau über die Produkte informieren. Daran hapert es jedoch oft noch, denn in Deutschland gehen über die Hälfte der ausgelieferten Pakete als Retouren zurück.

Ähnlich problematisch ist das Fast-Fashion-Problem, das durch das Internet aufgekommen ist. Allein durch den stationären Handel hätte die Shoppinglust wohl keine derart extremen Ausmaße angenommen. Fast Fashion ist sehr schädlich für die Umwelt und hat darüber hinaus hochproblematische soziale Auswirkungen.

Lager sind weniger energieaufwändig als Geschäfte

Ein beliebter Aspekt beim Shoppings vor Ort ist die Atmosphäre: Viele Malls und Geschäfte haben ihre Kunden nicht nur mit ihren Waren, sondern auch mit einem einzigartigen Ambiente angelockt. Im Hochsommer tummeln sich oft zahlreiche Menschen an diesen Orten, weil sie der einzige Ort mit Klimaanlage sind. Aus diesem Grund sind Klimaanlagen im stationären Handel weit verbreitet.

Komplett emissionsfreie Transporte
Große Logistikunternehmen wie die Deutsche Post/DHL haben längst damit begonnen, ihre Flotten zu elektrifizieren, um den Weg zum Kunden etwa mit dem Ford E-Transit komplett emissionsfrei zurücklegen zu können. Foto: DPDHL
Komplett emissionsfreie Transporte
Große Logistikunternehmen wie die Deutsche Post/DHL haben längst damit begonnen, ihre Flotten zu elektrifizieren, um den Weg zum Kunden etwa mit dem Ford E-Transit komplett emissionsfrei zurücklegen zu können. Foto: DPDHL


Andere Methoden, um Kunden anzulocken, sind eine musikalische Dauerberieselung, aufwändige Lichtinstallationen und sogar außergewöhnliche Idee wie Surfanlagen in Sportgeschäften. Die Ideen, mit denen sich Händler von der Konkurrenz abheben wollen, sind nahezu grenzenlos. Der Nachteil davon ist leider, dass die Installationen extrem viel Energie verbrauchen und Emissionen verursachen.

Onlineshops führen das Prinzip natürlich weiter. Sie bieten komplizierte Funktionen an und locken Kunden durch Aktionen wie Gewinnspiel-Adventskalender oder selbst erstellte Video-Tutorials an. Doch die Einsparung beim CO2-Ausstoß eines Internethandels im Vergleich zu einem Innenstadtgeschäft dürfte allein aufgrund des unnötigen Heizens in Lagern auf Wohlfühltemperaturen immens sein.

Fazit: Auf die Produkte kommt es an

Vor allem, was wir kaufen, entscheidet über die Klimabilanz – und weniger, wo wir es kaufen. Bis zu drei Viertel der Treibhausgas-Emissionen im Lebenszyklus eines Produkts entstehen nämlich bereits bei der Herstellung. Der Anteil von Handel und Transport an den Gesamtemissionen macht dagegen nur etwa zwischen einem und zehn Prozent aus. Onlineshopping ist also die Zukunft und die aktuelle Entwicklung erst der Anfang. Die Kunden genießen das Internetshopping auch aus anderen Gründen, etwa weil es ihnen Zeit spart, die bessere Schnäppchen finden und sie sich nicht mehr durch große Menschenmengen bewegen müssen.

Was wir nicht missachten dürfen, sind gewisse Nachteile des Onlinehandels, die mit dem Klima nichts zu tun haben: Dazu zählen unter anderem schlechte Arbeitsbedingungen für die Lieferanten sowie der Verlust zahlreicher Arbeitsplätze, die wahrscheinlich für immer verloren sind.

Artikel teilen

Kommentar absenden

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert