(UPDATE 11.3.) Mit dem Showcar ID. EVERY1 hat Volkswagen vergangene Woche einen Ausblick auf das künftige Einstiegsmodell mit Elektroantrieb gegeben, das mit einem Basispreis um die 20.000 Euro ab 2027 dem Absatz einen kräftigen Schub verpassen soll. Um die Position des Marktführers in Europa zu festigen und die Wettbewerbsfähigkeit der Marke im wachsenden Markt für Elektromobile zu stärken. Aber vor allem, um den CO2-Fußabdruck der VW-Modellpalette deutlich zu verringern und die geplanten Grenzwerte der EU zu erreichen. Am Rande der Fahrzeugpräsentation hatten wir Gelegenheit, mit Vertriebs- und Marketingvorstand Martin Sander über die strategische Bedeutung des neuen Modells zu sprechen – und die Herausforderungen, die damit verbunden sind. Dabei verriet er auch, wo der ID. EVERY1 gebaut wird.

Herr Sander, der ID.1…

…ID. EVERY1…

… der sicher doch als ID.1 auf den Markt kommt.

Das wissen wir noch nicht. Erst einmal heißt er ID. EVERY1.

Wie auch immer. Wie viele Exemplare von dem Modell werden Sie absetzen können? Der VW e-Up kam 2023 allein in Deutschland auf eine Stückzahl von 60.000 Fahrzeugen.

Unsere geplanten Absatzziele kommunizieren wir grundsätzlich nicht. Aber Sie können sicher sein: Das wird natürlich kein Nischenauto.

Martin Sander 
Der 58-jährige Diplom-Ingenieur ist seit dem 1. Juli 2024 Vorstand für Vertrieb, Marketing und After Sales bei Volkswagen Pkw. Er blickt auf eine lange Karriere in der Autoindustrie zurück. Vor dem Wechsel nach Wolfsburg war er Vorsitzender der Geschäftsführung der Ford-Werke GmbH sowie General Manager Ford Model e für Ford of Europe. Foto: Volkswagen
Martin Sander
Der 58-jährige Diplom-Ingenieur ist seit dem 1. Juli 2024 Vorstand für Vertrieb, Marketing und After Sales bei Volkswagen Pkw. Er blickt auf eine lange Karriere in der Autoindustrie zurück. Vor dem Wechsel nach Wolfsburg war er Vorsitzender der Geschäftsführung der Ford-Werke GmbH sowie General Manager Ford Model e für Ford of Europe. Foto: Volkswagen

Der Einstiegspreis soll bei 20.000 Euro liegen. Das ist schon eine Herausforderung, oder?

Sicher, aber wir sind inzwischen bei den Batteriepreisen auf einem Niveau, dass es möglich ist, einen vollelektrischen Kleinwagen zu einem solchen Preis anzubieten. Darüber hinaus betreiben wir in allen Bereich unseres Unternehmens aktuell konsequente Kostenarbeit. Alles wird aktuell auf den Prüfstand gestellt, weil wir wissen, dass die kommenden Jahre in unserer Branche sehr wettbewerbsintensiv sein werden. Wir werden den ID. EVERY1 deshalb auch in einer so kurzen Zeitspanne wie noch nie entwickeln und werden neue Produktionsmethoden einsetzen. Alles wird getan, um das Modell profitabel zu machen. Das Auto wird ein Katalysator sein, um die Wettbewerbsfähigkeit von Volkswagen drastisch zu verbessern.

Gutes Stichwort. Steht denn schon fest, wo der ID. EVERY1 produziert wird? In Deutschland sicherlich nicht.

Der ID. EVERY1 ist ein Auto aus Europa für Europa: Deswegen werden wir das Modell in unserem portugiesischen Werk in Palmela bauen.

Dort wo heute der VW T-Roc gebaut wird und einst der Seat Alhambra vom Band lief. Wird es Varianten des ID.1 auch von anderen Konzernmarken geben, also einen kleinen Skoda oder Cupra?

Nein, das ist aktuell nicht geplant. Wir sehen, dass der Markt für Fahrzeuge unter vier Metern Außenlänge, also des Segments A00, relativ klein ist. Das Interesse an Autos von 4,20 bis 4,30 Metern Länge ist um ein Vielfaches größer. Zu unserer Marke passt ein solch kleines Fahrzeug auf jeden Fall – schließlich sind wir Volkswagen.

Der Kunde ist sehr preissensibel, wie die jüngste Leasingaktion für den ID.3 belegte. Wird es in der Richtung von VW weitere Maßnahmen geben, um die Nachfrage nach Elektroautos zu beleben?

Es freut uns zu sehen, dass wir mit einer solchen Leasingrate für ein Elektroauto, die ähnlich wie die Rate für ein Verbrennermodell ist, eine solche Kundennachfrage erzielen. Solche temporären Verkaufsförderaktionen hat es schon immer gegeben und wird es auch in Zukunft geben.

Wie viele Verträge hat VW über das Sonder-Leasingprogramm für den ID.3 abgeschlossen?

Eine hohe fünfstellige Zahl. Und die Fahrzeuge können wir auch schon bald in Kundenhand übergeben. Lange Lieferzeiten sind nicht zu erwarten.

Elektroautos spielen eine wichtige Rolle für die Dekarbonisierung des Straßenverkehrs. Die EU hatte da den Autoherstellern sehr ambitionierte CO2-Flottenziele gesetzt – und hat sie jetzt mit einem Aktionsplan wieder ein wenig gelockert. Wie wirkt sich das auf die E-Auto-Strategie von Volkswagen aus?

Wir müssen uns jetzt erst einmal genau die Details des Aktionsplans ansehen. Aber grundsätzlich ist das Thema Elektromobilität ja ein viel Größeres. Wir sind – Volkswagen – die zweitgrößte Automarke auf der Welt. Wir sind mit Abstand der Marktführer in Europa. Und die Zukunft der individuellen Mobilität weltweit wird batterieelektrisch sein. In Norwegen sind wir heute schon fast bei 100 Prozent, in Italien dauert es bis dahin noch deutlich länger. Aber das ändert nichts daran: Das Auto fährt in Zukunft mit Batterie. Wenn wir also Marktführer in Europa bleiben wollen, müssen wir Marktführer in der Welt der batterieelektrischen Fahrzeuge sein. Das ist unser Anspruch, darauf arbeiten wir weiter hin: Mit unseren Produkten, unseren Preisen, unserer Vertriebsorganisation. Die Regulatorik ist vor dem Hintergrund zweitrangig.

„Alles wird getan, um das Modell profitabel zu machen“
Martin Sander am ID EVERY1 in Düsseldorf

Der EU-Aktionsplan ist also für Sie kein Grund, sich zurückzulehnen und ein wenig zu verschnaufen?

Überhaupt nicht. 2035 endet nach aktuellen Stand der Verkauf von Verbrennerautos in Europa. Und das ist die Basis unserer Unternehmensplanung. Aber meine persönliche Meinung ist, dass das genaue Jahr eigentlich irrelevant ist.

Inwiefern?

Weil ich fest davon überzeugt bin, dass das batterieelektrische Auto das bessere Produkt ist. Was die Beschleunigung anbetrifft, durch die praktisch geräuschfreie Fortbewegung, das gesamte Fahrzeugpackage: Der Kunde hat viel mehr Sitz- und Staufläche in einem kleinen Auto. Und deshalb wird sich das Batterieauto durchsetzen. Erst recht, wenn wir mit dem ID. 2all im kommenden Jahr ein Auto für rund 25.000 Euro auf den Markt bringen, gefolgt vom ID. EVERY1 für 20.000 Euro. Auf Grund dieses Preisniveaus wird auch die Nachfrage in Südeuropa deutlich steigen: Elektroautos sind einfach das bessere Konzept. Deshalb wird es 2035 keine große Nachfrage mehr nach Verbrennern geben.

Schon gar nicht, weil der Liter Benzin da aufgrund der CO2-Abgabe vermutlich 2,50 bis drei Euro kosten wird.

Das kommt noch dazu.

Der ID.1 – ich nenne ihn jetzt mal so – wird in der Serienversion2027 auf der IAA stehen, aber erst zum Jahreswechsel 2028 beim Händler. Das ist noch lang hin.

Es ist ja nicht so, dass wir in der Zwischenzeit nichts anzubieten hätten. Bereits nächstes Jahr kommen die Serienversionen des ID.2all und eines SUV-Schwestermodells. Und bereits heute haben wir vom kompaktenID.3, über den ID.4 und 5 bis hin zum langstreckentauglichen ID.7 und dem ID. Buzz. schon eines der umfassendsten vollelektrischen Produktportfolios. Und das bestätigt auch die aktuelle Kundennachfrage. Die Nachfrage nach unserem neusten Modell, dem ID.7, steigert sich von Monat zu Monat: Wir verkaufen von dem Modell inzwischen mehr Autos in Europa als vom VW Passat. Der macht uns richtig Freude.

Für den ID.Buzz gilt das, was die Verkaufszahlen anbetrifft, sicher nicht.

Im Unterschied zum ID.7 ist der ID.Buzz kein Volumen-, sondern eher ein Nischenmodell. Aber für die Marke spielt das Modell eine ungeheuer wichtige Rolle. In den USA gibt es einen riesigen Hype um das Fahrzeug. Die Wahrnehmung des ID.Buzz und damit auch der Marke Volkswagen ist sehr positiv.

Herr Sander, vielen Dank für das Gespräch.

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