Die jüngste Ausfahrt mit dem Protoypen des neuen Renault Mégane E-Tech Electric hat Luca de Meo offenbar schwer beeindruckt. Kraftvoll sei der Antrieb, die Straßenlage exzellent und die Software – kleiner Nadelstich in Richtung seines früheren Arbeitgebers Volkswagen – Android Automotive von Google arbeite schon ganz ausgezeichnet, schwärmte der Renault-Chef in einer Pressekonferenz. Er freue sich jedenfalls schon sehr auf den Verkaufsstart, der „im ersten Halbjahr 2022“ stattfinden werde. Die Konkurrenz könne sich schon einmal warm anziehen: „Das wird ein sehr wettbewerbsfähiges Elektroauto.“
Mit dem neuen Mégane E-Tech Electric will Renault im kommenden Jahr ein neues Kapitel aufschlagen. Es ist das erste Elektroauto, das die neue Plattform CMF-EV nutzt, die Renault zusammen mit den Allianz-Partnern Nissan und Mitsubishi entwickelt hat. Es ist das zudem erste Auto, das das neue zweidimensionale Markenlogo tragen und die neue Markenidentität (menschlich – warm – modern – exzellent – militant wie angriffslustig) verkörpern wird. Zudem soll der 4,21 Meter lange und 160 kW (217 PS) starke Stromer (Batteriekapazität: 60 kWh und mehr) die Präsenz der französischen Marke in der Mittelklasse (C-Segment) verstärken und damit die Profitabilität des Unternehmens spürbar verbessern.
De Meo, der im vergangenen Jahr nach Positionen im Marketing von Fiat, VW und Audi sowie als CEO von Seat an die Spitze von Renault gerückt war, hat die „Renaulution“ ausgerufen. Das französische Traditionsunternehmen soll erfolgreicher werden – und auch deutlich grüner, mit elf neuen Batterieautos einer wachsenden Anzahl Elektroautos und Plug-in Hybriden, mit dem höchsten Anteil an Recyclingmaterialien im Fahrzeugbau sowie einer Fabrik, in der die Akkus von Elektroautos für eine Zweit- und Drittverwertung industriell aufbereitet werden.
Absatzziel: Eine Million Elektroautos jährlich
Bei dieser Aufwärts- und Vorwärtsstrategie spielt der Mégane E-Tech Electric eine Schlüsselrolle – auch was die Stückzahlen anbetrifft: De Meo: „Wir werden der erste Autohersteller sein, der mehr als eine Million Elektroautos verkauft.“ Nummer 1 auf dem Gebiet ist derzeit Tesla mit einem Absatz von knapp einer halben Million E-Mobilen in 2020.
Tesla baut allerdings ausschließlich Elektroautos – aber Renault will dem Verbrennungsmotor bei allen grünen Ambitionen noch eine ganze Weile die Treue halten. Bis 2025 soll die komplette Modellpalette für die Kunden in Europa „elektrifiziert“ sein, also zur Senkung des Verbrauchs und damit der CO2-Emissionen wenigstens einen elektrischen Hilfsmotor an Bord haben.
Wasserstoffantrieb für Transporter
Für die Transporter-Sparte seien zudem Wasserstoff-Antriebe vorgesehen: Batterieelektrische Antriebe für Reichweiten von 600 bis 700 Kilometer seien hier zu kostspielig und zudem „unsinnig“, weil das hohe Gewicht des Akkus die mögliche Zuladung des Transporters limitiere, sekundierte Entwicklungschef Gilles Le Borgne seinem Chef. Zudem werde Wasserstoff immer billiger.
Je nachdem, wie die Grenzwerte der geplanten neuen Abgasnorm Euro 7 ausfallen, werde man den Anteil des elektrischen Fahrens noch „modulieren“, sprich: erhöhen. Aber Renault, so de Meo, sei ein global aktives Unternehmen und müsse nicht nur die Forderungen der Politik, sondern auch die Wünsche und Anforderungen seiner Kunden im Auge behalten – da seien Verbrennungsmotoren vorerst unverzichtbar. Auf ein Ausstiegsjahr jedenfalls mochte sich der Renault-Chef in der Pressekonferenz auf eine entsprechende Frage von EDISON hin noch nicht festlegen.
Renault-Autos halten sich ans Tempolimit
Verwundert zeigte sich de Meo in der Pressekonferenz über den medialen Wirbel, den er auf der Renault-Hauptversammlung mit der Ankündigung verursacht hatte, ab kommendem Jahr nach dem Vorbild von Volvo die Höchstgeschwindigkeit der Renault-Fahrzeuge auf 180 km/h zu limitieren. De Meo: „Wo kann denn überhaupt noch 180 km/h schnell gefahren werden?“ Na ja, auf den Autobahnen in Deutschland – zumindest noch bis zum Jahresende. Dann dürfte aus Gründen des Klimaschutzes auch hier ein generelles Tempolimit von 120 oder 130 km/h verhängt werden.
Als Begründung für das freiwillige Tempolimit von Renault führte der Vorstandschef vor allem Sicherheitsaspekte an: „Die Menschen müssen begreifen, dass 30 Prozent aller Unfälle aufgrund überhöhter Geschwindigkeit stattfinden.“ Zudem, so Le Borgne, müssten sich die Menschen daran gewöhnen, dass in Zukunft eine wachsende Zahl von Autos auf den Straßen zumindest teilautonom fahren.
So werden die Modelle Mégane E-Tech Electric und auch der SUV Kadjar die ersten Modelle sein, die ab kommendem Jahr nicht nur mit Kameras die Verkehrsschilder auslesen, sondern auch automatisch die Fahrgeschwindigkeit den Tempolimits anpassen. Radarkontrollen müssen die Fahrer dann nicht mehr fürchten.